Spitzenrunde berät im Kanzleramt Opel-Investoren auf der Wartebank

Stand: 27.05.2009 19:20 Uhr

Im Kanzleramt wird erneut über Opel beraten. Eine Entscheidung, welchen Opel-Interessenten die Regierung unterstützen will, fällt voraussichtlich aber nicht. Nur wenige Stunden zuvor war der Weg freigemacht worden, damit Opel sich vom angeschlagenen US-Mutterkonzern GM trennen kann.

Der deutsche Autobauer Opel ist abermals Thema im Kanzleramt. Nachdem in den vergangenen Tagen die Übernahmeinteressenten ihre Konzepte vorgestellt hatten, berät nun eine Spitzenrunde über das weitere Vorgehen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg schloss unmittelbar vor dem Treffen ein Scheitern der Gespräche nicht aus.

Die vorgelegten Konzepte der Opel-Interessenten seien nach wie vor unzureichend, sagte er. Auch müssten noch "Schlüsselfragen" mit der US-Regierung und dem Opel-Mutterkonzern General Motors zum geplanten Treuhandmodell für den deutschen Autobauer beantwortet werden. "Wir brauchen dringend diese Einigung mit der US-Seite." Sollte es diese nicht geben und besserten die vier Interessenten ihre Konzepte nicht nach, seien alle Optionen für Opel offen, "inklusive einer Planinsolvenz".

Spitzenrunde im Kanzleramt

An dem Treffen im Berliner Kanzleramt am Abend nehmen neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Guttenberg auch die Regierungschefs der vier Bundesländer mit Opel-Standorten, GM- Europachef Carl-Peter Forster und ein Vertreter des US- Finanzministeriums teilnehmen. Bei den Gesprächen sollten zudem Manager der Interessenten getrennt voneinander nochmals Rede und Antwort stehen.

Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte, die Bundesregierung wolle am Abend eine Überbrückungsfinanzierung für Opel beschließen und letzte Details des Treuhandmodells klären, mit dem Opel aus der nahenden GM-Insolvenz herausgehalten werden soll.

In der Treuhandlösung sollen die beteiligten Regierungen und GM gleichberechtigt das Unternehmen führen, bis die Verträge mit neuen Eigentümern unterschrieben sind. Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sagte dem "Hamburger Abendblatt", er rechne damit, dass die "Verhandlungen mit einem Investor über eine gemeinsame Autogruppe nicht weniger als vier bis sechs Monate dauern" dürften. Steg betonte, die Verkaufsentscheidungen lägen weiter im wesentlichen bei GM und der US-Regierung.

Vier Übernahmeangebote auf dem Tisch

Letztendlich will die Bundesregierung entscheiden, ob - und wenn Ja - welches der vier Übernahmeangebote von der deutschen Staatskasse gegebenenfalls unterstützt werden könnte. Die besten Aussichten für einen Einstieg bei Opel haben offenbar Fiat und Magna. Dem Finanzinvestor Ripplewood werden in Regierungskreisen eher geringe Chancen eingeräumt.

Die Offerte des chinesischen Autobauers Beijing Automotive Industry Corp. (BAIC) wird unter anderem von Franz mit Skepsis gesehen. Er habe bisher praktisch noch keine Informationen über die Pläne von BAIC, sagte Franz. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück signalisierte, die erst am Dienstag eingereichte Offerte aus China sei wohl zu spät gekommen.

Weg frei zur Eigenständigkeit von Opel

Nur wenige Stunden vor den Beratungen im Kanzleramt hatte der Opel-Aufsichtsrat den Weg zur Abtrennung vom Mutterkonzern GM freigemacht. "In der heutigen Aufsichtsratssitzung wurde beschlossen und zur Kenntnis genommen, dass alle europäischen Fabriken, Verkaufsorganisationen und Werke von General Motors auf die Opel GmbH übertragen wurden", sagte Franz. Das bedeutet, dass Opel die eigenen Werke und Patente kontrolliert.

Im Gegenzug gab Opel nach ARD-Informationen die Schuldscheine der Konzernmutter zurück. Nach den letzten verfügbaren offiziellen Zahlen summierten sich die GM-Schuldscheine in der Opel-Bilanz des Jahres 2007 auf über 300 Millionen Euro. Nach dem nun beschlossenen Tausch hat General Motors keine Schulden mehr bei Opel.

"Mit der Übertragung der Rechte wird Opel unabhängig von allen Entscheidungen in den USA", sagte ein Sprecher von GM-Europe. "Alle europäischen Einheiten von GM sind jetzt unter dem Dach von Opel", ergänzte er. Nicht übertragen worden seien die Werke des schwedischen Autoherstellers Saab. Dennoch bleibe Opel vorerst zu 100 Prozent eine GM-Tochter.

GM auf dem Weg in die Insolvenz

Die Mehrheit der GM-Gläubiger schlug unterdessen das Angebot aus, unbesicherte Schuldverschreibungen im Volumen von 27 Milliarden Dollar gegen 10 Prozent Anteile am Unternehmen einzutauschen, wie General Motors mitteilte. Damit geht GM einen vielleicht schon entscheidenden Schritt in Richtung Insolvenz. Die US-Regierung hat eine Frist bis nächsten Montag für die Vorlage eines tragfähigen Sanierungsplans gesetzt. Andernfalls muss das mit inzwischen 19,4 Milliarden Dollar Staatsgeldern gestützte Unternehmen Konkurs anmelden.

Angesichts der Krise um den Opel-Mutterkonzern General Motors hat die EU-Kommission für Freitag in Brüssel ein Treffen mit den Wirtschafts- und Industrieministern der betroffenen EU-Staaten einberufen.