Streit in der Großen Koalition Opel retten oder pleite gehen lassen?

Stand: 08.03.2009 16:38 Uhr

Im Streit über Staatshilfen für Opel stehen sich in der Großen Koalition drei Lager gegenüber: SPD-Politiker fordern eine rasche Entscheidung zur Rettung von Jobs. Die Union denkt über eine Opel-Insolvenz nach. Für Kanzlerin Merkel lautet die Devise: abwarten.

Die Bitte des Autoherstellers Opel um Milliardenhilfen spaltet die Große Koalition. Führende SPD-Politiker drängen auf eine rasche Entscheidung für Staatshilfen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatten dagegen ein Insolvenzverfahren für Opel ins Spiel gebracht.

Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel arbeitet die Bundesregierung mit Opel und dessen Mutterkonzern General Motors an einer Lösung. "Wir werden helfen, wenn der Nutzen für alle Menschen größer ist als der Schaden", sagte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. "An diesem Punkt sind wir leider noch nicht." Das Konzept müsse nachgebessert werden.

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg betonte, in der Bundesregierung bestehe "zwischen allen Beteiligten, die sich seit Wochen intensiv mit der Zukunft von Opel befassen, Einvernehmen darüber, dass zur Zeit noch keine Entscheidung über die Zukunft von Opel getroffen werden kann". Noch immer seien viele Fragen unbeantwortet. Sie sollen aber so rasch wie möglich geklärt werden.

Müntefering forderte schnelles Handeln

SPD-Chef Franz Müntefering forderte im Bericht aus Berlin hingegen Staatshilfen für den Autokonzern, "wenn die Bedingungen stimmen". Er machte sich zugleich für eine rasche Entscheidung der Regierung stark. "Es wäre schlechte Politik, wenn wir abwarten würden, ob uns Argumente zufallen, es abzulehnen zu helfen", sagte Münterfering. Er werte Opel im Gegensatz zur Bundeskanzlerin als systemrelevant. Man müsse versuchen, "die Pflöcke der Industriegesellschaft und der produzierenden Bereiche" zu halten.

Überlegungen, Opel über ein Insolvenzverfahren zu retten, lehnte er als "völlig falsche Botschaft" ab. Im Gegensatz zu Merkel halte er die Opel für "systemrelevant".

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier rief dazu auf, keine Zeit damit zu verlieren, auf Antworten des Konzerns zu den offenen Fragen des Rettungskonzepts zu warten. Eine Entscheidung erfordere gelegentlich Mut. "Aber man darf nicht aus Angst vor der Entscheidung gar nicht entscheiden", sagte er in der "Bild am Sonntag".

Steinmeier schlug zugleich eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Konzern vor. Es müsse "alles Mögliche und Verantwortbare" getan werden, um Zehntausende Arbeitsplätze zu retten. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag": "Wir können es uns nicht erlauben, so viele Menschen in die Arbeitslosigkeit zu schicken."

Guttenberg und Schäuble in der Kritik

SPD-Vize Andrea Nahles forderte im Bremer "Kurier am Sonntag", Kanzlerin Merkel dürfe bei der Diskussion um ein staatliches Rettungspaket nicht länger auf Zeit spielen. Es reiche nicht, immer "nur offene Fragen zu stellen". Zugleich appellierte Nahles an die Kanzlerin, Schäuble und zu Guttenberg wegen ihrer Insolvenz-Idee für Opel in die Schranken zu weisen.

Zu Guttenberg hatte der "Wirtschaftswoche" gesagt, bei einem zukunftsträchtigen Geschäftsmodell könne "eine Insolvenz auch arbeitsplatzerhaltend wirken". Innenminister Schäuble hatte gefordert, eine Insolvenz im Fall Opel zu prüfen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) lehnte den Vorschlag der beiden Minister strikt und rief in der "Bild am Sonntag" dazu auf, "das Gerede über eine mögliche Opel-Insolvenz schleunigst abzustellen". Wer ständig darüber schwadroniere, zerstöre das Vertrauen von Kunden und rede eine Insolvenz herbei. Wirtschafts-Staatssekretärin Dagmar Wöhrl (CSU) hatte dem "Focus" zuvor gesagt, Opel könne die Insolvenz nur noch vermeiden, wenn das Unternehmen schnell "eine Perspektive zum Besseren" aufzeige.

General Motors wies unterdessen Berichte zurück, wonach sich Opel auf eine Insolvenz vorbereite. "Dieses Szenario steht im Moment nicht auf der Tagesordnung", sagte ein Sprecher von GM Europe.