Autobauer will keine Staatshilfen mehr Opel zieht alle Bürgschaftsanträge zurück

Stand: 16.06.2010 15:32 Uhr

Opel will keine staatlichen Hilfen mehr. Der Mutterkonzern GM zieht europaweit alle Bürgschaftsanträge zurück. Die Verhandlungen seien viel langwieriger als erwartet, begründete der Autobauer seinen Schritt. Opel-Chef Reilly übte massive Kritik an der Bundesregierung - sie habe Opel getäuscht.

Der angeschlagene Autobauer Opel zieht alle Anträge auf Bürgschaften europäischer Staaten zurück. Das Unternehmen teilte in Rüsselsheim mit, es gebe zwar weiterhin Finanzbedarf für den Opel-Zukunftsplan. Die Verhandlungen um Staatsbürgschaften hätten sich jedoch als "weit komplexer und langwieriger" erwiesen als zunächst erwartet. Es lägen "noch immer keine Ergebnisse" vor. "Unter diesen Umständen haben GM und Opel entschieden, die Finanzierung intern zu regeln. Damit ist der Weg frei für eine schnelle Umsetzung des Zukunftsplans", teilte die europäische Tochter des US-Konzerns General Motors mit.

Opel fühlt sich von der Bundesregierung getäuscht

Opel-Chef Nick Reilly äußerte heftige Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, dem Unternehmen keine Staatsbürgschaft zu gewähren. "Die Entscheidung der deutschen Regierung letzte Woche war eine Enttäuschung für uns", sagte er. Er fügte hinzu: "Man hatte uns deutlich gemacht, dass die Bürgschaften, die andere europäische Unternehmen im Rahmen eines EU-Programms zur Abmilderung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise erhalten haben, genauso für Opel zur Verfügung stehen würden. Nach einem sehr langen, von den Regierungen vorgegebenen Prozess, stellt sich nun heraus, dass dies nicht der Fall ist." Neue zeitaufwändige, komplexe Verhandlungen und eine weiterhin ungesicherte Finanzierung könne sich Opel aber nicht erlauben, sagte Reilly.

Reilly wies darauf hin, dass die britische Regierung Bürgschaften für Bankkredite in Höhe von 330 Millionen Euro angekündigt habe; Spanien habe Bürgschaften "in ähnlicher Höhe angedeutet". Opel wisse diese Unterstützung "sehr zu schätzen". Auch in Österreich und Polen hatte Opel um Unterstützung gebeten. Zusammen habe Opel 1,8 Milliarden Euro beantragt, erklärte Reilly. Auf alle diese Anträge verzichtet der Autobauer nun.

Kein zusätzlicher Stellenabbau

Der Vorsitzende des Opel-Betriebsrates, Klaus Franz, sagte, mit dieser Entscheidung sei Klarheit geschaffen. Der Konzern beende die Unsicherheit und Spekulationen für die Beschäftigten sowie den Schwebezustand, der bei Kunden und Händlern zur Verunsicherung geführt habe. Sowohl Reilly als auch Franz betonten, dass die vor rund zwei Wochen mit den Arbeitnehmervertretungen in Europa geschlossenen Vereinbarungen über Standort-, Beschäftigungs- und Investitionszusagen nicht an die Bürgschaften gebunden seien und ihre Gültigkeit behielten. Zusätzliche Stellenstreichungen und Standortschließungen sind demnach nicht geplant.

Nach dem Sanierungsplan sollen europaweit rund 8300 der 48.000 Stellen abgebaut werden. Der Autobauer hat in Deutschland Werke in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern. Dort arbeiten etwa 25.000 Menschen.

Brüderle fühlt sich bestätigt

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle begrüßte den Verzicht auf Staatshilfen. "Ich fühle mich in meiner Entscheidung voll bestätigt", sagte der FDP-Politiker mit Blick auf seine Absage an eine Bundesbürgschaft. Dies zeige, dass sich marktwirtschaftliche Grundlagen auszahlten. Mit der Entscheidung würden die Steuerzahler geschont. Zugleich werde für faire Wettbewerbsbedingungen gesorgt. Staatshilfen müssten die Ausnahme bleiben. GM habe liquide Mittel, mache Gewinn und werde an die Börse gebracht. "Opel hat eine Zukunft", erklärte Brüderle und verwies auf "ermutigende Verkaufszahlen". Deutsche Steuergelder seien dafür offensichtlich nicht notwendig.

Opel-Länder wollten Anträge "zügig bearbeiten"

Gestern hatten die Bundesländer mit Opel-Werken zugesagt, die Bürgschaftsanträge des Autobauers rasch zu bearbeiten. "Dem Unternehmen wurde eine konstruktive Zusammenarbeit und eine zügige Bearbeitung zugesichert", sagte Hessens Finanz-Staatssekretär Thomas Schäfer nach einem Treffen von Staatssekretären der vier Opel-Länder Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen in Frankfurt am Main.