Proteste an deutschen Opel-Standorten "Wir wollen kein Anhängsel sein"

Stand: 06.11.2009 05:19 Uhr

Die IG Metall hat angekündigt, die Proteste gegen den Verbleib von Opel bei GM europaweit auszuweiten. Gestern hatten Mitarbeiter an den vier deutschen Standorten gegen die Kehrtwende von GM protestiert. Bund und Länder forderten GM auf, "umgehend" ein Konzept für Opel vorzulegen.

Die Opel-Belegschaft läuft Sturm gegen den Verbleib beim Mutterkonzern General Motors. Tausende Mitarbeiter protestierten an den vier deutschen Standorten gegen die GM-Entscheidung, Opel nicht an den Zulieferer Magna und die russische Sberbank zu verkaufen und stattdessen in Eigenregie zu sanieren. Von heute an ist eine europaweite Protestwelle geplant.

Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz rief bei einer Kundgebung mit 10.000 Beschäftigten in Rüsselsheim zum Widerstand gegen Stellenabbau und Werksschließungen auf. Das vom Mai stammende Konzept von GM sei nicht zukunftsweisend. "Dafür gibt es keinen einzigen Cent Arbeitnehmerbeiträge", sagte Franz. Er warf dem GM-Management "Drohung, Erpressung, Einschüchterung" vor. General Motors hatte die Mitarbeiter gewarnt, dass ohne ihren finanziellen Sanierungsbeitrag eine Insolvenz von Opel drohe. Franz forderte zugleich mehr Unabhängigkeit von der Konzernzentrale. "Die Adam Opel GmbH muss in eine deutsche Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Wir wollen kein Anhängsel sein, das von Detroit aus durchregiert wird", sagte er

Opel-Betriebsratschef Klaus Franz

"Wir geben uns nicht geschlagen" - Opel-Betriebsratschef Klaus Franz.

Koch und Beck versprechen Unterstützung

Hessens Ministerpräsident Roland Koch sagte den Mitarbeitern seine Unterstützung zu. "Wir wollen, dass Opel in Deutschland und Europa eine Zukunft hat", erklärte er und sagte zugleich schwierige Wochen mit intensiven Verhandlungen voraus. Koch kündigte dabei ein gemeinsames Vorgehen mit der Bundesregierung bei den Gesprächen mit GM an. "Wir werden neu ringen müssen mit dem Ziel, die Arbeitsplätze zu erhalten." Mit Blick auf mögliche Insolvenz-Szenarien warnte Koch GM davor, "die deutschen Arbeitnehmer als Geiseln zu nehmen".

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck erklärte bei der Protestkundgebung mit 3000 Opel-Beschäftigten in Kaiserslautern, er sei "selten so wütend und enttäuscht" in seinem Leben gewesen wie nach der GM-Entscheidung. Nur bei einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündungen und Werksschließungen sei man bereit, mit GM zu verhandeln.

Protestierende Opel-Mitarbeiter in Rüsselsheim

Die Opel-Belegschaft ist wütend auf die Konzernmutter GM.

GM soll "umgehend" Konzept vorlegen

Bund und Länder forderten von GM umgehend ein Konzept zur Rettung der deutschen Opel-Standorte. "Für die Bundesländer ist klar, dass die vier Standorte nicht zur Disposition stehen", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) der Tagesschau nach einem Treffen von Bund- und Ländervertretern am Abend. Der US-Konzern müsse jetzt schnell ein klares und prüffähiges Konzept vorlegen. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagte: "Wir sind uns einig, dass GM jetzt liefern muss." Die Länder erwarten nach Angaben von Hessens Regierungschef Koch, dass GM das frühere Angebot bekräftigt, nach dem es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen soll.

Merkel sucht Abstimmung mit Obama

Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbarte daneben mit US-Präsident Barack Obama eine enge Astimmung über das weitere Vorgehen bei Opel. Merkel habe nach der Absage des Verkaufs durch den GM-Konzern, der mehrheitlich in US-Staatsbesitz ist, mit Obama gesprochen, teilte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mit. Dabei habe Obama versichert, dass er in die Entscheidung des GM-Verwaltungsrats nicht eingebungen gewesen sei.

GM-Europachef Carl-Peter Forster kritisierte unterdessen die Konzernzentrale wegen ihrer Entscheidung gegen den Opel-Verkauf. "So ein plötzlicher Schwenk ist kaum nachzuvollziehen", sagte Forster der "Bild am Sonntag". Er hätte sich gewünscht, "dass es zu einem ganz anderen Ergebnis kommt", betonte Forster. Auch er habe keine Erklärung für das Vorgehen von General Motors in den USA und wisse auch nicht, wie es weitergehe.

10.000 Stellen sollen wegfallen

GM will den Restrukturierungsplan, der auf einem früheren Konzept basiert, möglichst bald ausarbeiten und dann den europäischen Regierungen vorlegen. Als Zeitpunkt nannte GM-Vizepräsident John Smith das Ende des ersten Quartals 2010. Dagegen erklärte GM-Chef Fritz Henderson, schon in Kürze einen Sanierungsplan vorlegen zu wollen. Zum vorgesehenen Personalabbau machte er keine Angaben. Smith hatte zuvor erklärt, GM wolle rund 10.000 der insgesamt gut 50.000 Arbeitsplätze bei Opel in Europa streichen. Das wären in etwa genauso viele, wie der nun ausgeschiedene Kaufinteressent Magna abbauen wollte.