Aufstockung der Euro-Brandmauer Merkel offen für befristete Rettungsschirm-Kombi

Stand: 26.03.2012 19:20 Uhr

Deutschland geht in den Verhandlungen über eine Aufstockung des Euro-Rettungsfonds auf die internationalen Partner zu. Merkel sprach sich dafür aus, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und seinen Vorgänger EFSF bis Mitte 2013 parallel laufen zu lassen. Dann stünden 700 statt 500 Milliarden Euro bereit.

In die Debatte über einen höheren Schutzwall für die Euro-Zone kommt Bewegung. Deutschland gab seinen Widerstand gegen eine Aufstockung des Euro-Rettungsfonds auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich erstmals offen hinter ein Modell, nach dem zu dem dauerhaften Rettungsschirm ESM die bereits vergebenen Hilfsprogramme aus dem EFSF hinzugerechnet werden. "Wir könnten uns vorstellen, dass diese 200 Milliarden parallel zu dem ESM von 500 Milliarden laufen, solange bis sie von den Programmländern zurückgezahlt sind", sagte sie.

500-Milliarden-Obergrenze bleibt

Diese Lösung wäre ein Kompromiss. Deutschland hatte sich immer geweigert, die ESM-Obergrenze von 500 Milliarden Euro nach oben zu verschieben. Dabei soll es auch bleiben. Im Gegenzug akzeptiert die Bundesregierung nun, dass die bereits laufenden Programme für Portugal, Irland und Griechenland zum ESM-Volumen addiert werden dürfen. Theoretisch ergibt sich daraus ein Schutzwall um die Euro-Zone von rund 700 Milliarden Euro - womit Deutschland den internationalen Partnern entgegenkommt. Die Haftung Deutschlands könnte damit - zumindest eine Zeitlang - über die bisherige Maximal-Bürgschaft von 211 Milliarden Euro klettern. Von bis zu 280 Milliarden Euro ist die Rede.

Allerdings steigt die verfügbare Summe für Kriseninterventionen in Wahrheit nicht über 500 Milliarden Euro, weil der ESM in seinem ersten Jahr nur 200 Milliarden Euro Kreditvolumen hat. Um die Euro-Zone im Notfall dennoch handlungsfähig zu halten, sollen für ein Jahr die nicht genutzten EFSF-Mittel von rund 240 Milliarden Euro als Reserve zur Verfügung stehen.

CSU-Spitze sieht "rote Linie" nicht überschritten

Auch der Koalitionspartner CSU zeigt sich nach anfänglichem Widerstand kompromissbereit. "Diese Rettungsschirme bedeuten noch nicht eine Erhöhung der Haftung", sagte Parteichef Horst Seehofer. Damit werde die bisherige "rote Linie" der Partei bei diesem Thema nicht überschritten. Seehofer hatte bisher zwei rote Linien genannt: Der ESM solle nicht auf über 500 Milliarden Euro aufgestockt werden; die deutsche Gesamthaftung dürfe nicht über 211 Milliarden steigen. Seehofers Argumente laufen darauf hinaus, dass der Gesamtrahmen der Bürgschaften nicht gleichbedeutend mit tatsächlichen Zahlungen sei.

Innerhalb der CSU ist der Schritt aber weiter umstritten. Für den Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler ist die Glaubwürdigkeit seiner Partei "in großer Gefahr". Denn die bisherige rote Linie werde ganz klar überschritten. Kritisch äußerte sich auch der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach.

Deutschland war im Streit über eine Rettungsschirm-Vergrößerung bisher auf die Bremse getreten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte in der vergangenen Woche erstmals signalisiert, dass man die Haltung aufgeben könnte. Stimmt nun auch die FDP diesem Modell zu, was erwartet wird, hat Schäuble eine entsprechende Verhandlungsposition für das informelle Euro-Finanzministertreffen am kommenden Wochenende in Kopenhagen. Seit Wochen drängen internationale Partner Deutschland, den Schutzwall erheblich zu erhöhen.

Kritik der Opposition

Von der Opposition kam scharfe Kritik an der Bundesregierung. Sie sprach von Wortbruch. "Das ist ein weiterer Anwendungsfall des Merkelschen Gesetzes: Je vehementer Angela Merkel etwas ausschließt, desto sicherer ist, dass es dann später doch eintritt", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann. Nun erhöhe sich die deutsche Haftungssumme, und die Kanzlerin überschreite so die selbstgesetzten "roten Linien" dieser Koalition.

Der SPD-Haushälter Carsten Schneider warf Merkel zudem vor, sie werde die Zusage nicht einhalten können, das Volumen der Rettungsschirme wieder zu reduzieren. "Wenn die Vorstellung der Kanzlerin ist, sie könnte mit dem Vorschlag, dass nicht belegte Volumen des EFSF ein Jahr - also bis Mitte 2013 - parallel zum ESM laufen zu lassen durchkommen, wird sie mal wieder an der Realität scheitern", sagte er.