Merkel dämpft Erwartung an Sondergipfel "Es wird keinen spektakulären Schritt geben"

Stand: 20.07.2011 07:39 Uhr

Deutschland wollte den Sondergipfel zur Schuldenkrise nicht - doch nun wird das Treffen in Brüssel am Donnerstag doch stattfinden. Hoffnungen auf spektakuläre Ergebnisse dämpfte Bundeskanzlerin Merkel schon vorab. Heute trifft sie sich mit Frankreichs Präsident Sarkozy, um den Gipfel vorzubereiten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Erwartungen an den bevorstehenden Sondergipfel zur Schuldenkrise in der Eurozone gedämpft. "Es gibt gegenwärtig eine sehr große Sehnsucht nach einem abschließenden, einem einzigen großen Schritt", sagte sie. Wer die Sehnsucht nach dem einzigen Schritt jetzt nähre, habe "die Dimension und die Aufgabe, um die es geht, nicht verstanden, und der handelt fahrlässig oder er verliert die Geduld oder beides auf einmal". Wer wie die Bundesregierung die politische Verantwortung wahrnehmen wolle, der wisse, "dass es einen solchen spektakulären einen Schritt verantwortlich nicht geben wird".

Bei dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Donnerstag gehe es allein darum, "einen kontrollierten und beherrschten Prozess aufeinanderfolgender Schritte und Maßnahmen zu erzeugen". Ziel sei es, Schulden der Eurostaaten zurückzuführen und die Wettbewerbsfähigkeit zur steigern. "Man erweckt den Eindruck, dass danach alles gut wäre, dass das Thema Griechenland und Euro dann wieder zur Seite gelegt werden könnte", sagte sie mit Blick auf den Sondergipfel. Wer jetzt nach Eurobonds, einer Umschuldung oder einer Transferunion rufe, handele politisch nicht verantwortlich, sagte die Kanzlerin. "Es ist menschlich, dass man sich so etwas wünscht. Aber ich werde dem so nicht nachgeben."

Am Nachmittag trifft Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin ein, um gemeinsam mit Merkel das Treffen vorzubereiten. Wie das Büro Sarkozys weiter mitteilte, bricht der Präsident am Donnerstagmorgen von Berlin direkt zum Gipfel nach Brüssel auf.

Rösler lehnt Rückkauf griechischer Staatsanleihen ab

In der Debatte über die verschiedenen Ansätze zur Rettung Griechenlands steckte die Bundesregierung abermals ihre Positionen ab. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lehnte einen Kauf griechischer Staatsanleihen durch den Rettungsschirm EFSF ebenso ab wie Eurobonds. Der Vizekanzler sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der EFSF-Schirm dürfe "nicht zum Gläubiger griechischer Staatsanleihen werden, indem er solche Anleihen auf dem Sekundärmarkt selbst kauft".

An einer Krisenlösung beteiligt werden sollten vor allem private Gläubiger. Auch wenn auf dem Sondergipfel "eine Feuerwehraktion notwendig sein sollte: Zentrale Positionen müssen gewahrt bleiben, so, wie sie der Deutsche Bundestag festgelegt hat", sagte Rösler. "Eurobonds und damit eine Gesamthaftung Deutschlands für nationale Defizite anderer Staaten darf es nicht geben."

Zum Stand der laufenden Verhandlungen im Vorfeld des Gipfels machte die Bundesregierung keine genauen Angaben. "Die Gespräche laufen intensiv und konstruktiv", sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Unter Finanzexperten macht sich jedoch Skepsis breit. Zwar herrscht weitgehend Konsens, dass nur ein klares Signal des Gipfels die Märkte beruhigen kann. Doch ungeachtet der Warnungen vor den Folgen eines Scheiterns trauen die meisten Experten den Staats- und Regierungschefs keine weitreichenden Entscheidungen zur Lösung der Schuldenkrise zu. Merkels Sprecher Steffen Seibert versuchte, diesem Eindruck entgegenzutreten. Die Bundesregierung beteilige sich auf allen Ebenen mit aller Kraft daran, dass ein "starkes, deutliches Signal in die Märkte hinein" gesendet werde, sagte er. Die Bundesregierung sei zuversichtlich, dass der Gipfel "einen guten Schritt nach vorne" bringen werde.

Drei Modelle im Gespräch

Eine Arbeitsgruppe der Euro-Länder prüft zurzeit drei Varianten für eine Beteiligung privater Gläubiger an einem zweiten Hilfspaket für Griechenland. Die erste Möglichkeit sieht im Kern den Rückkauf griechischer Staatsanleihen durch die Regierung in Athen vor. Angesichts des derzeit relativ geringen Marktpreises der Papier könnte Griechenland seine Schuldenlast deutlich senken - und zwar auf Kosten von Verlusten seiner Gläubiger. Die zweite Option läuft darauf hinaus, dass Banken auslaufende griechische Anleihen gegen neue mit längerer Laufzeit eintauschen. Damit hätte die Griechenland viel Zeit für die Rückzahlung der Schulden und notwendige Reformen gewonnen. Die dritte Variante beinhaltet die Einführung einer neuen Steuer für Banken und Finanzkonzerne. Damit würden sich alle Kreditinstitute an den Kosten der Griechenland-Rettung beteiligen - egal, ob sie zu den Gläubigern des Landes gehören oder nicht.