Reaktion auf den Libor-Skandal EU will Zinsmanipulation beenden

Stand: 18.09.2013 14:17 Uhr

Vom Tagesgeld bis zum Baukredit - nahezu jedes Zinsgeschäft hängt mehr oder weniger von den sogenannten Referenzzinssätzen ab. Zwei der wichtigsten, nämlich Libor und Euribor, sind von Banken jahrelang manipuliert worden. Deshalb ändert Brüssel nun die Regeln.

Nach den jüngsten Skandalen will die EU-Kommission die sogenannten Referenzzinssätze strenger kontrollieren. Bislang legen die Banken den Libor und den Euribor selbst fest. Künftig sollen diese Zinssätze jedoch auf objektiv nachvollziehbaren Handelsdaten beruhen - und nicht mehr auf Schätzungen von Händlern.

Allein auf dem Libor beruhen Finanzgeschäfte im Volumen von mehreren Hundert Billionen Dollar. Die Banken melden jeden Tag, zu welchen Zinsen sie sich gegenseitig Geld leihen - aus diesen Angaben werden dann Indizes wie der Libor und der Euribor ermittelt. Letztlich orientieren sich fast alle Zinssätze an den Referenzzinsen - also auch die Zinsen, die Kleinsparer für ihr Tagesgeld kassieren oder Häuslebauer für ihren Hypothekenkredit bezahlen.

Verwässerter Entwurf

Der Gesetzentwurf, den EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Brüssel vorlegte, ist allerdings nicht ganz so strikt wie ursprünglich geplant. Entgegen früheren Überlegungen wird die neue europäische Börsenaufsicht Esma nun doch nicht zur zentralen Kontrollinstanz. Vielmehr ist geplant, dass sich die Esma mit den nationalen Aufsehern austauscht - in Deutschland wäre das die BaFin.

"Die Vorschläge Barniers sind enttäuschend", sagte daher der Grünen-Finanzexperte im Europaparlament, Sven Giegold. "Die nationalen Aufseher haben die früheren Manipulationen nicht bemerkt. Ich würde von einer europäischen Einrichtung mehr Unabhängigkeit erwarten. Aber die Kommission hat den britischen Forderungen nachgegeben, die Aufsicht über den in London ermittelten Libor zu behalten. Das ist ein Fehler."

Warum die Briten bremsen

Über den Handelsplatz London und die dortigen Großbanken laufen unzählige Devisen- und Rohstoffgeschäfte. Die britische Regierung bremst deshalb regelmäßig, wenn es darum geht, mehr Kompetenzen an die EU bei der Finanzmarktregulierung abzutreten. Die Vorschläge der Kommission müssen noch vom Europäischen Parlament und Rat genehmigt werden, bevor ein Gesetz in Kraft tritt

Barnier verteidigte die Pläne: Erstmals sei sichergestellt, dass die Banken bei der Meldung von Referenzzinsätzen kontrolliert würden. Das Vertrauen der Märkte sei durch die Manipulationen in den vergangenen Jahren tief erschüttert worden. "Das kann so nicht weitergehen."

Ermittlung gegen Banken

Nach Erkenntnissen der Behörden haben Händler weltweit illegal Absprachen getroffen, um etwa den Libor zu ihren Gunsten zu manipulieren und Handelsgewinne einzustreichen. Es wird gegen mehr als ein Dutzend Banken ermittelt, darunter die Deutsche Bank.

Martin Bohne, M. Bohne, MDR Brüssel, 18.09.2013 16:30 Uhr