Bund stellt 17,5 Milliarden Euro bereit Staatsmilliarden sollen Kreditklemme verhindern

Stand: 01.09.2009 11:49 Uhr

Die Bundesregierung will verhindern, dass Banken dem Mittelstand den Geldhahn zudrehen. Sie stellt deshalb 17,5 Milliarden Euro für den Kampf gegen die drohende Kreditklemme bereit. Das Geld soll die Kreditvergabe der Banken erleichtern und Lieferanten helfen, deren Kunden nicht mehr zahlen.

Die Bundesregierung setzt der drohenden Kreditklemme Milliardenhilfen für Banken und Firmen entgegen. Der Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds entschied, die Kreditversorgung der Unternehmen zu verbessern. Künftig könne die staatliche Förderbank KfW an die Banken Globaldarlehen über insgesamt bis zu zehn Milliarden Euro vergeben, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Die Banken sollen das Geld über Kredite vor allem an mittelständische Unternehmen weiterreichen.

Stichwort: Kreditklemme

Kreditklemme bedeutet, dass Banken nicht mehr genug oder gar kein Geld verleihen. Die Folgen spüren nicht nur Verbraucher, sondern vor allem Unternehmen und damit die gesamte Wirtschaft. Eine Kreditklemme kann das Ergebnis wachsender Risiken sein, die die Banken nicht mehr eingehen wollen.
Ein weiterer möglicher Grund sind Probleme der Kreditinstitute, die notwendigen Mittel überhaupt bereitzustellen oder sich bei anderen Banken zu beschaffen. Eine Vorstufe der Kreditklemme ist die Kreditverknappung. Die Banken verleihen das Geld dabei nur noch zögerlich und verlangen zum Beispiel deutlich höhere Sicherheiten oder Zinsen für die Kredite.

7,5 Milliarden Euro für Warenkreditversicherungen

Weitere 7,5 Milliarden Euro stehen laut Beschluss des Lenkungsausschusses zur Absicherung von Warenkrediten bereit. Grundlage ist dabei das sogenannte Aufstockungsmodell. Dabei übernimmt der Staat künftig einen Teil des Ausfallrisikos, den private Kreditversicherer infolge der Wirtschaftskrise nicht mehr absichern. Die staatliche Zusatzdeckung wird maximal so hoch sein wie der Versicherungsschutz des Kreditversicherers. Reduziert dieser zum Beispiel seinen Schutz von 100 auf 50 Prozent, kann der Staat 50 Prozent ergänzen, so dass wieder voller Schutz besteht.

Seit Beginn der Wirtschaftskrise waren die Versicherer nicht mehr in der Lage, für die Zahlungsunfähigkeit von Abnehmern in vollem Umfang einzustehen. Durch die staatlichen Hilfen können sich Lieferanten von Waren und Dienstleistungen wieder in größerem Umfang dagegen absichern, dass ihre Kunden die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Der Programm soll im Oktober oder November starten.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg

Wirtschaftsminister zu Guttenberg setzt auf Milliardenunterstützung für den Mittelstand.

Hilfe für kleine und mittlere Unternehmen

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wertete die Milliardenhilfe als "entscheidenden Beitrag für Arbeitsplätze und Beschäftigung in Deutschland". Mit den Maßnahmen wolle die Bundesregierung sicherstellen, "dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügend Finanzmittel zur Verfügung gestellt bekommen, um wichtige Projekte zu verwirklichen", erklärte er. Die nun bereit gestellten 17,5 Milliarden Euro stammen aus dem Deutschlandsfonds, der Firmen im Kampf gegen die Folgen der Wirtschaftskrise unterstützen soll.

Hintergrund: Deutschlandfonds

Der "Wirtschaftsfonds Deutschland", kurz Deutschlandfonds, soll Unternehmen helfen, die durch die Rezession und die Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten sind. Er umfasst ein Kreditprogramm über 25 Milliarden Euro für große Unternehmen. Die Kredite werden über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt, die in den meisten Fällen auch über die Vergabe entscheidet. Ein weiterer Bestandteil des Deutschlandsfonds sind Staatsbürgschaften in Höhe von bis zu 75 Milliarden Euro. In allen größeren Fällen liegt die Entscheidung über die Mittelvergabe bei einem Lenkungsausschuss. Zuvor spricht der Lenkungsrat eine Empfehlung aus. Zusätzlich zu dem 100-Milliarden-Euro-Fonds gibt es ein Kreditprogramm für kleine Firmen über 15 Milliarden Euro.

Kreditwürdigkeit der Unternehmen wird sinken

Die Pläne der Bundesregierung waren erst am Wochenende bekanntgeworden. Hintergrund sind Erwartungen des Bundeswirtschaftsministeriums, wonach im vierten Quartal mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit vieler Unternehmen zu rechnen ist, wenn sich die Folgen der monatelangen Rezession in deren Bilanzen deutlich niederschlagen. Falls es dazu kommt, müssten die Banken Kredite aufgrund des höheren Ausfallrisikos mit mehr Eigenkapital absichern. Das hätte die Konsequenz, dass die Banken weniger Spielraum für die Vergabe von Krediten hätten.

Wirtschaftsverbände hatten bereits die Bundesregierung gedrängt, mit staatlichen Hilfen gegen die drohende Kreditklemme vorzugehen. "Die Politik muss sich für eine Zuspitzung der Lage wappnen. Die ersten zarten Konjunkturpflänzchen könnten schnell vertrocknen, wenn die Unternehmen ohne Liquidität dastehen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Werner Schnappauf, dem "Handelsblatt". Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser sagte der "Frankfurter Rundschau", der Finanzierungsbedarf der Industrie werde in der nächsten Zeit wachsen.