Durchsuchungen wegen Verdacht auf Untreue Razzia bei der KfW

Stand: 22.10.2008 20:11 Uhr

Staatsanwaltschaft und BKA haben die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) durchsucht. Sie ermitteln wegen des Verdachts der Untreue gegen Vorstände. Hintergrund ist die Überweisung an die insolvente US-Bank Lehman Brothers. Die Bundesregierung schloss sich dem Untreueverdacht nicht an.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Bundeskriminalamt (BKA) haben Geschäftsräume der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt am Main durchsucht. Dokumente sowie Daten von Computern wurden dabei beschlagnahmt.

Die Staatsanwaltschaft leitete nach eigenen Angaben ein Ermittlungsverfahren gegen KfW-Vorstände wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit einer Millionen-Überweisung an die insolvente US-Bank Lehman Brothers ein. "Die KfW wird für die Ermittlungen alle von der Staatsanwaltschaft erbetenen Informationen und Dokumente zur Verfügung stellen", sagte ein Sprecher der Förderbank.

319 Millionen Euro überwiesen

Die Ermittlungen richten sich nach Angaben einer Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen fünf Vorstandsmitglieder und den Bereichsleiter des Risiko-Managements und der Risiko-Controlling-Abteilung. Auch gegen den erst seit einigen Wochen amtierenden KfW-Chef Ulrich Schröder wird ermittelt. Mit dem Verfahren will die Staatsanwaltschaft feststellen, ob die Verantwortlichen der KfW ihre Vermögensbetreuungspflichten "in strafrechtlich relevanter Weise verletzt haben".

Dies wäre der Fall, wenn diese, trotz des Wissens um die sich abzeichnenden Liquiditätsprobleme bei Lehman Brothers und vor dem Hintergrund der beginnenden internationalen Bankenkrise, die Überweisung in dreistelliger Millionenhöhe nicht verhindert haben. Am 15. September 2008 hatte die KfW 319 Millionen Euro an die zu diesem Zeitpunkt bereits insolvente US-Bank Lehman Brothers überwiesen. Die vereinbarte Gegenzahlung von 500 Millionen Dollar hatte die KfW daher auch nicht erhalten.

Bundesregierung stützt Untreueverdacht nicht

Das Bundesfinanzministerium wirft den KfW-Vorständen zwar Fehler vor, schließt sich dem Untreueverdacht der Staatsanwaltschaft aber nicht an: "Es gab vermeidbare Fehler", sagte eine Sprecherin. Dies gehe aus einer Antwort des Ministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor.

Vor der millionenschweren Überweisung an Lehman sei öffentlich bekannt gewesen, dass Lehman einen Antrag auf Einleitung des Gläubigerschutzverfahrens gestellt hatte. Das Ministerium leitet daraus nach eigenen Worten aber keine strafrechtlichen Erkenntnisse ab. Die KfW gehört zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern.

KfW-Vorstände entlassen

Ende September hatte die KfW bereits die beiden zuvor durch den Verwaltungsrat beurlaubten Vorstandsmitglieder Detlef Leinberger und Peter Fleischer mit sofortiger Wirkung entlassen. Die Kündigungen seien Folge rechtlicher Überprüfungen der Überweisungspanne an Lehman Brothers, teilten das Bundesfinanz- und das Wirtschaftsministerium damals mit.

Anfang Oktober hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft angekündigt zu prüfen, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt und ob Ermittlungen gegen Vorstände eingeleitet werden müssen. Schon wenige Tage nach der Lehman-Pleite seien die ersten Anzeigen eingegangen, hieß es damals. Die Ermittler baten die KfW daraufhin, Revisions- und Wirtschaftsprüfberichte im Zusammenhang mit der Millionen-Überweisung zu übersenden.

KfW-Chef Schröder hatte nach der Überweisungspanne Fehler seiner Bank eingeräumt. Die verantwortlichen Abteilungen hätten das Risiko einer Insolvenz bei Lehman Brothers falsch eingeschätzt und das Geschehen über das Wochenende aus den Augen gelassen. "Die Ausführung der Zahlung hätte am Wochenende oder am frühen Montag gestoppt werden müssen", sagte Schröder Mitte September.