Abschluss von IWF- und Weltbanktagung Der kleinste gemeinsame Nenner

Stand: 13.10.2012 17:03 Uhr

Haushaltsprobleme in den USA, Schuldenkrise in Japan und keine Reform der Finanzmärkte: Auf seiner Jahrestagung in Tokio musste sich der IWF mit zahlreichen Problemen befassen. Doch das beherrschende Thema war wieder einmal die Euro-Krise. Die Alternativen heißen: Wachstum oder Schuldenabbau.

Vielleicht war Wolfgang Schäubles Vorhaben von vornherein aussichtslos, vielleicht hatte er auch ein bisschen Pech: Aber sein Ziel, auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Tokio endlich ein Ende der Dauerkritik an der Eurozone zu erreichen, hat der deutsche Finanzminister verfehlt.

Wieder einmal stand Europa am Pranger der Weltfinanzbühne: "Die verzögerte Reaktion auf die Krise speziell in der Eurozone hat zu einem Berg an hartnäckigen Problemen geführt", warf der brasilianische Finanzminister seinen europäischen Kollegen vor. Er war einer von vielen mit dieser Meinung.

Schuldenabbau oder Wachstumsimpulse?

Zwar gaben sich alle Teilnehmer am Ende der IWF-Tagung betont geschlossen, doch über eine Strategie zur Lösung der drängendsten wirtschaftlichen Probleme besteht weiterhin Uneinigkeit. Die Europäer, allen voran die Deutschen, setzen auf Sparmaßnahmen und Schuldenabbau. Die IWF-Chefin Christine Lagarde und mit ihr ein großer Teil der IWF-Mitglieder betonen dagegen die Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum.

Einen Dissens mit Lagarde wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dennoch nicht ausmachen: "Die Architektur unserer europäischen Politik zur Stabilisierung des Euro hat viel mehr Verständnis gefunden als bei früheren Tagungen", sagte der CDU-Politiker. Man sei sich einig, dass mittelfristig "die Rückführung der zu hohen Verschuldung völlig unvermeidlich zwingend notwendig" sei.

"Wir stimmen möglicherweise nicht in allen Punkten überein, aber es gibt einen Konsens, dass gemeinsame Taten Resultate erzeugen", sagte IWF-Chefin Lagarde.

Probleme auch in den USA und Japan

Zur Schaffung von Wachstum sei rasches und effektives Handeln erforderlich, heißt es im Abschlussdokument der IWF-Tagung. Dazu zählten Strukturreformen in den führenden Industrieländern sowie glaubwürdige Haushaltspläne. Der wirtschaftliche Ausblick fällt eher düster aus: Das globale Wachstum habe sich abgeschwächt und Risiken blieben bestehen.

Neben der Schuldenkrise der Euro-Länder dämpft auch die angespannte US-Haushaltspolitik und die Explosion der Staatsschulden in Japan die Konjunktur. Wenn im Kongress nicht gehandelt wird treten im Januar automatisch Steuererhöhungen und massive Budgetkürzungen in Kraft, die eine Rezession nach sich ziehen könnten.

Doch das ist in der Abschlusserklärung keine zwei Zeilen wert. Japan mit seiner extremen Verschuldung wird ebenso kurz abgehandelt. Die Eurokrise dagegen bekommt einen langen Absatz. "Das ist billig, Euro-Bashing zu betreiben", beklagte sich Finanzminister Schäuble.

Lagarde fordert mehr Zeit für Griechenland

Vor der Tagung hatte sich Schäuble in einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" noch optimistisch gegeben: "In diesem Jahr werden meine europäischen Kollegen und ich endlich als Überbringer besserer Nachrichten zur IWF-Tagung kommen."

Stattdessen überraschte ihn Lagarde in Tokio mit der Forderung nach einem Zeitaufschub für den griechischen Schuldenabbau, den Schäuble prompt zurückwies. Der Chefökonom des Währungsfonds, Olivier Blanchard, forderte Deutschland müsse mehr für die Binnennachfrage tun.

Später wurde der deutsche Finanzminister mit dem Vorstoß von EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen konfrontiert, dass die griechische Regierung mit geliehenem Geld eigene Staatsanleihen zurückkaufen könnte, um die Schuldenquote zu drücken. Schäuble trat erneut auf die Bremse: Erst müsse der Troika-Bericht über Griechenland vorliegen, dann könne man weitersehen.

USA blockieren Reform der Finanzmärkte

Auch sonst einigte man sich in Tokio eher auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Eine Reform des Finanzmarktsektors steht weiterhin aus: "Das System ist noch nicht viel sicherer als zu Lehman-Zeiten", sagt Lagarde. Deshalb seien bessere Regeln und eine bessere Aufsicht nötig sowie ein sensiblerer Umgang mit den Boni-Zahlungen in den Finanzinstituten.

Die Reform der Finanzmärkte wird unter anderem durch die USA blockiert, die auch noch nicht die Verschiebung der Quoten und damit der Stimmrechte innerhalb des IWF zugunsten der Schwellenländer ratifiziert haben. Das soll nach Möglichkeit bis Januar 2013, also nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen, geschehen.

Jahrestagung der Weltbank in Tokio

Auch der neue Präsident der Weltbank, Jim Yong Kim, absolvierte in Tokio seine erste Jahrestagung. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit sieht er im weltweiten Kampf gegen Armut. Kim kündigte an die Weltbank zu einer Anlaufstelle für Ideen aus dem Norden und dem Süden auszubauen. "Es muss darum gehen, die besten Lösungen zu erarbeiten für die, die sie am meisten brauchen."