IWF-Chefin warnt vor hohen Schulden und zu striktem Sparen Wachstum - trotz Schuldenstand "wie im Krieg"

Stand: 12.10.2012 11:30 Uhr

Von einem "schmalen Weg" spricht IWF-Chefin Lagarde, auf dem sich die Staaten zur Überwindung der Krise befänden: Einserseits warnte sie davor, durch striktes Sparen das Wachstum abzuwürgen. Gleichzeitig wies sie aber auch auf die Risiken durch Staatsverschuldung hin - der Schuldenstand sei mittlerweile "wie in Kriegszeiten".

Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat davor gewarnt, das Wachstum der Sparpolitik zu opfern. Christine Lagarde erklärte auf dem Jahrestreffen von IWF und Weltbank in Tokio, die Krisenbewältigung müsse Priorität haben.

Ohne Wachstum sei die Zukunft der Weltwirtschaft in Gefahr, warnte sie. Die weltweite wirtschaftliche Erholung sei noch zu schwach. Für Millionen Menschen seien die Aussichten auf einen Arbeitsplatz noch immer zu schlecht, die Kluft zwischen Armen und Reichen sei noch immer viel zu groß.

"Das ist das Paket, das benötigt wird"

Mittelfristig müssten aber die Schulden gesenkt werden - auch, um langfristiges Wachstum sicherzustellen. "Das ist das Paket, das benötigt wird", sagte Lagarde. Die öffentlichen Schulden in den reichen Ländern befinden sich nach ihren Worten auf einem so hohen Stand "wie in Kriegszeiten". Die Schulden beliefen sich im Schnitt auf 110 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Überwindung der Krise sei "unglaublich schwierig", sagte Lagarde in der japanischen Hauptstadt vor den Vertretern der 188 Mitgliedsstaaten des Internationalen Währungsfonds. Es sei wichtig, "den richtigen Rhythmus" für den Abbau der Schulden zu finden. "Das ist ein schmaler Weg, wahrscheinlich ein langer Weg, für den es keine Abkürzung gibt."

Sowohl Lagarde als auch Weltbankpräsident Jim Yong Kim betonten, ohne größere Gerechtigkeit und Gleichheit sei Wachstum nicht nachhaltig. Die Proteste des Arabischen Frühlings hätten gezeigt, dass Wachstum Arbeitsplätze für Junge und Frauen bringen müsse.

P. Kujath, NDR Tokio, 12.10.2012 07:38 Uhr

"Politik muss Krise lösen"

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte eindringlich davor, die Schulden- und Konjunkturkrise vor allem durch die Hilfe von Notenbanken lösen zu wollen. "Was mir etwas Sorgen bereitet ist, dass sich die Hoffnungen und Erwartungen der Politik mehr und mehr auf die Zentralbanken richten als Problemlöser", sagte Weidmann vor der Jahrestagung.

Dies betreffe nicht nur die Euro-Zone, sondern auch andere Währungsräume, sagte der Bundesbank-Chef, der die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB), unbegrenzt Staatsanleihen aus Problemländern anzukaufen, mehrfach kritisiert hatte. "Letztlich können die Ursachen der Krise auch nur durch die Regierungen beseitigt werden", mahnte Weidmann auf einer Pressekonferenz.

Finanzminister Wolfgang Schäuble stützt dagegen den EZB-Kurs. Schäuble hatte aber kritisiert, dass der Streit in der Notenbank auch öffentlich ausgetragen wird. Schäuble und Weidmann hatten zuvor an den Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs der führenden westlichen Industrieländer (G7) teilgenommen. Die IWF-Jahrestagung soll laut Schäuble auch dazu dienen, "das Unverständnis" an den Finanzmärkten weiter auszuräumen. "Wir werden sehr intensiv erklären, was wir machen, warum wir es machen und warum wir es nicht machen." Seinem Eindruck nach hätten die Teilnehmer des Treffens "sehr positiv zur Kenntnis genommen, dass wir in Europa erhebliche Fortschritte gemacht haben" bei der Überwindung der Krise.

Schäuble kritisierte die Herabstufung der spanischen Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Die Entscheidung basiere auf einem Missverständnis, das durch "die Schaffung unrealistischer oder unzutreffender Erwartungen" auf den Finanzmärkten geschürt worden sei, sagte er.