Untersuchungsausschuss zum HRE-Desaster "Der Ernst der Lage war uns nicht bewusst"

Stand: 18.08.2009 16:45 Uhr

War das Desaster des Immobilien-Finanzierers HRE absehbar? Im Untersuchungsausschuss wirft die Opposition der Regierung vor, Warnzeichen übersehen zu haben. Der frühere Verbandspräsident der Privatbanken, Müller, sagte dagegen vor dem Gremium: "Wir haben darüber keine Erkenntnisse gehabt".

Die deutschen Privatbanken sind nach Angaben ihres früheren Verbandspräsidenten Klaus-Peter Müller im vergangenen Herbst von der Fast-Pleite des Immobilienfinanzierers HRE überrascht worden. "Die Ernsthaftigkeit der Lage bei diesem Haus, die war uns nicht bewusst", sagte Müller vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Von existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen der HRE sei vor dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 im Bankenverband nichts bekannt gewesenen.

Der Bundesregierung bescheinigte Müller, den Banken mehr an Hilfen für die HRE abgerungen zu haben, als er es für verschmerzbar gehalten habe. Als eine Lehre aus dem Fast-Zusammenbruch der HRE plädierte Müller für eine bessere Bankenaufsicht. Diese müsse nicht nur international enger vernetzt werden.

Müller auf dem Weg zum HRE-Untersuchungsausschuss

Ex-Verbandspräsident Müller auf dem Weg zur Anhörung im Ausschuss.

Der Ex-Bankenpräsident hält im Lichte der jüngsten Erfahrungen auch wirksamere Instrumente der deutschen Bankenaufsicht für nötig. So sollte es möglich sein, gegen nicht tragfähige Geschäftsmodelle bei Banken vorzugehen. Die Opposition im Ausschuss nannte die Forderung, dass die Bankenaufsicht in Deutschland reformiert werden müsse, eine der zentralen Erkenntnisse des Ausschusses.

"An der Grenze des Erträglichen"

Die HRE-Rettung hätte nach Müllers Worten die Banken überfordert. Allerdings sei die Bundesregierung in Person des heutigen Finanzstaatssekretärs Jörg Asmussen mit der Position in die Rettungsverhandlungen am Wochenende des 27. bis 29. September gegangen, die Banken sollten das Problem selbst lösen. Die Regierung habe mit einer Härte in diesen Gesprächen agiert, die für die Banken "an der Grenze des Erträglichen" gewesen sei.

"Jenseits der Schmerzgrenze"

Dass die privaten und öffentlichen Banken sich letztlich an besagtem Wochenende mit 8,5 Milliarden Euro an Risikoübernahmen am ersten Rettungspaket von 35 Milliarden Euro Umfang für die HRE beteiligt hätten, habe nach seinem Dafürhalten "jenseits der Schmerzgrenze" der Banken gelegen, sagte Müller. Wäre den Banken noch mehr von der Regierung abverlangt worden, hätte er das nicht mitgetragen. Ohnehin habe das erzielte Ergebnis schon für erheblichen Ärger im Bankenverband gesorgt.

Laut Müller keine Alternative zur Rettung der HRE

Zur Rettung der HRE gab es auch aus Müllers Sicht keine Alternative. "Nach meinem Dafürhalten hätte ein Zusammenbruch der HRE wahrscheinlich zu einem Zusammenbruch der Europäischen Märkte mit entsprechenden Konsequenzen geführt." Verärgert äußerte sich Müller aber darüber, dass der von der HRE nachgsuchte Hilfsbedarf sich in schneller Folge immer weiter erhöht habe.

Verstaatlichung HRE

Gab es eine Alternative zur Verstaatlichung der HRE?

"Keine Alarmglocken"

Die SPD-Obfrau im Ausschuss Nina Hauer sagte, die Bundesregierung und damit das Finanzministerium hätten gut verhandelt. Für sie gebe es keinen Anlass, das Verhalten des Ministeriums unter dem SPD-Politiker Peer Steinbrück zu kritisieren. Zwar habe es schon vor dem Herbst 2008 Berichte über Schwierigkeiten der HRE gegeben, aber nicht solche, die die Alarm-Glocken hätten läuten lassen.

"Warnzeichen nicht zur Kenntnis genommen"

Dagegen warfen FDP-Obmann Volker Wissing und Gerhard Schick von den Grünen der Regierung vor, Warnzeichen nicht zur Kenntnis genommen zu haben und unvorbereitet gewesen zu sein. Schick griff namentlich Staatssekretär Asmussen an, dem er eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorwarf. "Finanzminister Steinbrück muss Herrn Asmussen entlassen", forderte er.

Asmussen wird, ebenso wie der Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Jens Weidmann, im Untersuchungsausschuss gehört. Am Donnerstag muss dann Minister Steinbrück als letzter vor dem Gremium aussagen.