Schwierige Regierungsbildung in Griechenland Eurogruppe will Athen mehr Zeit geben

Stand: 12.05.2012 13:06 Uhr

In Griechenland ist eine rasche Regierungsbildung gescheitert. Jetzt kann nur der Präsident noch Neuwahlen abwenden. Erstmals zeigte sich Eurogruppen-Chef Juncker beim Zeitplan für das Sparprogramm kompromissbereit. Anders Bundesbankpräsident Weidmann: Er warnte davor, Verträge mit IWF und EU nicht einzuhalten.

Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierung in Griechenland soll nun Präsident Karolos Papoulias einen Weg aus der Krise weisen. Er will heute versuchen, führende Politiker des pleitebedrohten Landes doch noch zur Bildung einer tragfähigen Regierung zu bewegen. Sollte auch Papoulias scheitern, finden Neuwahlen statt. Als mögliche Termine werden der 10. oder der 17. Juni genannt.

"Zeitplan auf den Prüfstand"

Derweil zeichnet sich in Europa eine gewisse Bereitschaft zu Zugeständnissen ab. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sagte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die europäischen Partner müssten ihren Zeitplan auf den Prüfstand stellen und die Verträge mit Griechenland im Zweifel nachbessern. Sollte sich die Regierungsbildung weiter verzögern oder sollte es Neuwahlen geben, brauche Griechenland mehr Zeit. Diese müsse eingeräumt werden.

Am vereinbarten harten Sparkurs führe jedoch kein Weg vorbei. Er habe aber kein Problem damit, dass Griechenland zum Beispiel ein Jahr mehr zur Umsetzung des vertraglich vereinbarten Konsolidierungsprogramms bekomme, sagte der luxemburgische Regierungschef. Dies müsse aber auf europäischer Ebene erst ausverhandelt werden. "Wir werden über den Zeitplan der griechischen Staatssanierung erst mit einer fest zusammengefügten griechischen Regierung reden können", meinte Juncker. "Wir können jetzt nicht in Verhandlungen mit den einzelnen griechischen Parteien treten. Das wird nicht möglich sein."

"Mehr Sensibilität"

Aus Sicht von Bundesaußenminister Guido Westerwelle muss Deutschland "ein höheres Maß an Sensibilität" zeigen. Dies sei im Fall Griechenlands hier und da nicht geschehen. "Der Aufruf an die Griechen, ihre Inseln zu verkaufen, war verheerend", sagte er der Zeitung "Die Welt". "Wir müssen mit Athen ruhig, sachlich und dennoch bestimmt verhandeln."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss weitere europäische Hilfen für Griechenland ausdrücklich nicht aus. "Wenn die Griechen eine Idee haben, was wir zusätzlich tun können, um das Wachstum zu fördern, kann man immer darüber sprechen und nachdenken", sagte Schäuble der "Welt am Sonntag". Zugleich bestätigte er, dass sich die Bundesregierung auf einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone vorbereitet. "Wir können kein Land zwingen, im Euro zu bleiben. Natürlich wollen wir nicht, dass Griechenland aussteigt - ganz klar und ganz eindeutig", sagte der CDU-Politiker. Aber die Bundesregierung wäre "eine komische Regierung", wenn sie sich nicht auf alle denkbaren Fallkonstellationen vorbereiten würde.

Reinhard Baumgarten, R. Baumgarten, ARD Istanbul, 12.05.2012 22:48 Uhr

Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte Griechenland davor, Verträge mit dem Internationalen Währungsfonds IWF und der EU nicht einzuhalten. "Wenn Athen nicht zu seinem Wort steht, dann ist das eine demokratische Entscheidung. Daraus folgt aber auch, dass die Grundlage für weitere Finanzhilfen entfällt. Auch die Geberländer müssen sich gegenüber ihrer Bevölkerung rechtfertigen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone hätte "für Griechenland gravierendere Folgen als für den Rest der Euro-Zone".

Venizelos gibt auf

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Pasok, Evangelos Venizelos, gab unterdessen das Mandat zur Regierungsbildung zurück. Ihm war es am Freitag nicht gelungen, zusammen mit den Konservativen, der kleinen Partei Demokratische Linke (Dimar) und den Radikallinken ein tragfähiges Bündnis zu schmieden.

Die gemäßigten Parteien wollen Griechenland in der Euro-Zone halten, aber das rigide Sparprogramm aufweichen. Für eine starke Parlamentsmehrheit wollten sie die Radikale Linke ins Boot holen. Deren Chef Alexis Tsipras blieb jedoch hart und forderte, Athen müsse das Sparprogramm auf Eis legen. Tsipras, dessen Bündnis am vergangenen Sonntag zweitstärkste Kraft geworden war, interpretierte das Wahlergebnis als Auftrag des Volkes an seine Partei, das Sparprogramm zu beenden. Nach aktuellen Umfragen würden die Radikalen Linken bei Neuwahlen mit 23,8 Prozent sogar stärkste Partei werden.