Generalstreik in Griechenland "Teufelskreis aus Sparen und Abschwung"

Stand: 10.02.2012 14:56 Uhr

In Griechenland wächst der Unmut gegen die harten Sparmaßnahmen, die dem Land im Kampf gegen die Schuldenkrise abverlangt werden. Schon jetzt ist die Arbeitslosigkeit auf einen neuen Höchststand geklettert, und die Wirtschaft schrumpft weiter. Die Griechen wehren sich mit einem neuen Generalstreik.

Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul

Es ist ein trauriger Rekord: 20,9 Prozent Arbeitslosigkeit in Griechenland - Tendenz weiter steigend. Denn mit der griechischen Wirtschaft geht es weiter bergab. Und die von den internationalen Geldgebern für die neue Milliardenhilfe verlangten Auflagen drohen den Abschwung noch zu beschleunigen, vermutet der Wirtschaftswissenschaftler Dimitris Katzikas von der Universität Athen. Das erste Hilfsabkommen mit Sparauflagen habe die wirtschaftlichen Probleme Griechenlands verstärkt. "Wir sind jetzt im fünften Jahr der Rezession. Wir sind in einem Teufelskreis aus immer neuen Sparprogrammen gefangen, die zu mehr Rezession führen und dann neue Sparprogramme bringen, um die Ziele zu erreichen. Wachstumsanreize sind ein wichtiges Element, aber die fehlen hier", sagt Katzikas.

48 Stunden Streik

Massenentlassungen, Lohnkürzungen, Rentensenkungen in noch nicht gekanntem Ausmaß kommen auf die elf Millionen Griechen zu. Die Kaufkraft sinkt, die Armut wächst. Und auch der Widerstand gegen die harten Maßnahmen. Die Gewerkschaften haben zu einem neuen Generalstreik aufgerufen: 48 Stunden lang werden Behörden, Busse, Züge und Fähren bestreikt.

Liste der Grausamkeiten

Die neuen Sparmaßnahmen sehen viele Griechen als eine Liste der Grausamkeiten, die dem Land schaden und die Wirtschaft abwürgen. Die Gewerkschaften rufen zum Arbeitskampf, zum Beispiel Grigoris Kalomiris. Er gibt sich kämpferisch: "Wir leisten Widerstand. Wir bekämpfen diese Politik. Die Maßnahmen, denen die zugestimmt haben, vernichten Rechte, die in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurden. Wir erlauben denen nicht, uns unser Leben zu nehmen, unsere Kinder zur Arbeitslosigkeit zu verdammen."

Jeder Fünfte ohne Job

Offiziell ist jetzt jeder fünfte arbeitsfähige Grieche arbeitslos. Inoffiziell sind es womöglich noch mehr. Das glaubt der 35-jährige Giorgos, der selbst keinen Job hat. "Ich habe eine Medizinerausbildung, ich bin qualifiziert. Die Arbeitslosenzahlen sind viel höher. Die wissen schon, warum sie uns das nicht sagen."

Die 54-jährige Sofia Tsichlitzi hat noch einen Job. Wie sicher der ist, weiß sie nicht. "Jeder ist betroffen. Ein großer Teil der Bevölkerung ist von Arbeits­losigkeit betroffen. In meinem Umfeld gibt es genug Leute, die keine Arbeit finden können." Die Lage sei nun einmal schlecht, sagt sie.

Und sie droht noch schlechter zu werden.