Schuldenstreit mit Griechenland Tsipras lehnt "absurde" Reformliste ab

Stand: 06.06.2015 01:27 Uhr

Griechenland hat sich im Schuldenstreit Zeit erkauft, doch einer Annäherung mit den Gläubigern ist das Land kein Stück näher. Im Parlament lehnte Regierungschef Tsipras die Reformvorgaben als "absurd" ab und verlangte einen Schuldenerlass.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat die neue Reformliste der internationalen Geldgeber zurückgewiesen. "Es ist klar, dass die griechische Regierung unter keinen Umständen absurden Vorschlägen zustimmen kann", sagte Tsipras im Parlament mit Blick auf weitere geforderte Einschnitte.

Zugleich pochte er darauf, dass eine Einigung einen Schuldenerlass einschließen müsse. Eine andere Vereinbarung, werde er nicht unterzeichnen, sagte Tsipras vor den Abgeordneten. "Wichtig ist, dass wir aus dem Teufelskreis der Krise herausfinden. Aber das geht nur, wenn wir das Rezept ändern. Das gescheiterte Rezept muss weg, das hatte mit seinen harten Maßnahmen die Rezession immer nur angefeuert", erklärte der Ministerpräsident. Die Gläubiger lehnen das bislang allerdings ab.

Thomas Bormann, T. Bormann, ARD Istanbul, 06.06.2015 08:16 Uhr

Dennoch äußerte er sich zuversichtlich, dass Griechenland und die internationalen Geldgeber näher an einer Einigung seien als jemals zuvor. "Wir sind auf der Zielgeraden." Seine Regierung habe einen umfassenden Vorschlag vorgelegt, er sei optimistisch, dass die Partner ihre Vorschläge zurücknähmen.

Gläubiger verlangen Rentenkürzungen

Tsipras war am Mittwoch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem eine Liste mit Maßnahmen vorgelegt worden, deren Umsetzung Voraussetzung für weitere Milliardenhilfe ist. Darin verlangen der IWF und die Euro-Partner unter anderem Rentenkürzungen im Umfang von einem Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch sollen 800 Millionen Euro durch Einschnitte bei Renten für Geringverdiener gespart werden.

Diese Forderungen seien inakzeptabel und könnten keine Grundlage für eine Einigung sein, hieß es aus Athen. Dies habe Tsipras in einem Telefonat auch Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande mitgeteilt. Nur die Reformangebote, die er in bei dem Treffen in Brüssel vorgelegt habe, könnten als Grundlage für eine Lösung des Schuldenstreits dienen. Nach dem, was über die griechische Liste bekannt ist, klammert sie eine umfassende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und eine tiefgreifende Reform des kostspieligen Rentensystems weiterhin aus.

Tsipras steht unter wachsendem Druck des linken Flügels seiner Partei Syriza, der eine Fortsetzung der harten Sparpolitik ablehnt. Auch an der Parteibasis gibt es Unmut, insbesondere über befürchtete Rentenkürzungen und Massenentlassungen im Staatsdienst. Tsipras versucht nun offenbar einen Drahtseilakt, um alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. In den vergangenen Wochen hatte er sich immer wieder optimistisch gezeigt, bald einen Kompromiss mit den Gläubigern von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission zu finden.

Doch Griechenland läuft die Zeit davon. Eigentlich hätte Griechenland bereits eine 300-Millionen-Euro Rate an den IWF zurückzahlen müssen. Doch das Land einigte sich mit dem IWF auf einen Zahlungsaufschub. Nun werden mehrere Raten gebündelt - Zahltag für insgesamt etwa 1,6 Milliarden Euro ist nun der 30. Juni. An diesem Tag endet auch das zweite Rettungspaket der internationalen Geldgeber. Doch die letzte Tranche aus dem Rettungspaket in Höhe von 7,2 Milliarden Euro gibt es nur, wenn sich die Links-Rechts-Regierung in Athen zu konkreten Reformzusagen verpflichtet.