Griechisch-russische Handelsbeziehungen Pfirsiche von der Ägäis, Gas aus Sibirien

Stand: 08.04.2015 17:49 Uhr

Griechenland und Russland sind wirtschaftlich eng verflochten. Warum ist Moskau für Athen ein wichtiger Handelspartner? Welche Rolle spielen die russischen Agrarsanktionen für die griechische Landwirtschaft? Fragen und Antworten von tagesschau.de.

Von Zusammengestellt von Jörn Unsöld, tagesschau.de.

Welche Rolle spielt der russische Markt für griechische Exporte allgemein?

Griechenlands Exporte nach Russland betrugen im Jahr 2013 laut griechischem Statistikamt Elstat 406 Millionen Euro, was einem Anteil von lediglich 1,5 Prozent der gesamten griechischen Ausfuhren entspricht. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum verkauften griechische Händler Waren im Wert von 3208 Millionen Euro in die Türkei (11,7 Prozent), gefolgt von Italien (8,9 Prozent), Deutschland (6,5 Prozent) und Bulgarien (5,1 Prozent).

Mit anderen Worten: Russland spielt als Absatzmarkt für die griechische Wirtschaft zunächst nicht jene Bedeutung, die die aktuelle Debatte um den Besuch von Ministerpräsident Alexis Tsipras in Moskau annehmen lässt.

An erster Stelle der griechischen Exportwaren - insgesamt, nicht nur in Richtung Moskau - stehen Mineralölerzeugnisse (39,9 Prozent), gefolgt von Industrieprodukten (36,4 Prozent) und Agrarprodukten (17,4 Prozent).

Welche Rolle spielt der russische Markt für Griechenlands Landwirtschaft?

Die griechischen Bauern sind dagegen in hohem Maße auf Russland angewiesen - und leiden derzeit unter den Sanktionen, die die Regierung in Moskau im August 2014 als Reaktion auf die EU-Strafmaßnahmen verhängte. Im Jahr 2013 verkauften sie Waren im Wert von 153,3 Millionen Euro nach Russland. Etwa 33 Prozent davon waren Obst und Gemüse. Dies zeigen Eurostat-Zahlen, die Germany Trade & Invest zusammengefasst hat, eine bundeseigene Gesellschaft zur Standortförderung.

Vor allem Produzenten von Erdbeeren, Pfirsichen, Kiwis und Kirschen sind von den russischen Sanktionen betroffen. Für diese Früchte ist Russland das wichtigste Abnehmerland. Griechische Landwirte setzten 2013 die Hälfte ihrer Pfirsich- und Erdbeerverkäufe in Russland ab.

Sie lieferten Pfirsiche im Wert von 24,5 Millionen Euro und Erdbeeren für 23,5 Millionen Euro. Rund 32 Prozent der Kiwi-Exporte im Wert von 25,7 Millionen Euro gingen von Griechenland nach Russland.

Wie abhängig ist Griechenland von russischen Einfuhren?

Anders als die griechischen Exporte spielen die Importe aus Russland eine entscheidende Rolle in den Handelsbeziehungen der beiden Staaten. Russland ist diesbezüglich der wichtigste Geschäftspartner Athens. 13,8 Prozent aller griechischen Einfuhren kamen 2013 aus Russland, gefolgt von Deutschland (9,5 Prozent) und Italien (7,9 Prozent). Das liegt vor allem am russischen Gas. Griechenland deckt seinen Gasbedarf zu 82 Prozent mit Einfuhren aus dem Riesenreich.

Mögliche Rabatte auf russische Gaslieferungen, die immer wieder Gegenstand der derzeitigen Debatte sind, brächten wegen dieser Abhängigkeit im Energiesektor - zumindest kurzfristig - dem hochverschuldeten Griechenland Vorteile.

Russland seinerseits ist auch auf Griechenland angewiesen - und zwar nicht nur, wenn es darum geht, die EU beim Thema Sanktionen zu spalten. Denn Moskau braucht Athen auch für das neue Pipelineprojekt Turkish Stream durch das Schwarze Meer in der Türkei. Die Leitung soll an der griechischen Grenze enden, von wo Russland das Gas in die EU verkaufen will.

     

Welches Interesse haben russische Firmen an Privatisierungen in Griechenland?

Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis hatte zuletzt russische Firmen aufgefordert, sich an der Ausschreibung für die Öl- und Gasförderung zu beteiligen. Die russische Staatsbahn RZD bekundete bereits ihr Interesse an den griechischen Häfen, der staatlichen Bahngesellschaft TrainOSE und dem Eisenbahndienstleister ROSCO.  

Auch im Finanzsektor gibt es enge Verbindungen. So halten russische Aktionäre große Anteile an der auch für Griechenland wichtigen "Bank of Cyprus". Hinzu kommen persönliche Verflechtungen. Beispielsweise ist der Chef des größten russischen Tabakkonzerns, Ivan Savvidis, zugleich Mehrheitseigner des Fußballclubs Paok Thessaloniki.

Welche Rolle spielen russische Touristen für Griechenland?

Griechenland ist bei russischen Touristen in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Im Jahr 2013 reisten laut griechischem Statistikamt Elstat 1,4 Millionen russische Urlauber nach Griechenland, im Jahr zuvor waren es noch 875.000. Und die russischen Touristen gaben auch viel Geld aus. Nach Angaben der griechischen Zentralbank waren es im Jahr 2013 1,337 Milliarden Euro - 42 Prozent mehr als im Vorjahr.

Hinter Deutschen und Briten sind Russen die drittgrößte Urlaubergruppe - und damit für den griechischen Tourismus von zentraler Bedeutung. Allerdings ist unklar, wie sich die russische Wirtschaftskrise und der Rubel-Verfall langfristig in den griechischen Übernachtungszahlen niederschlagen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 08. April 2015 um 14:30 Uhr.