Hintergrund

Google im Porträt Vom Garagen-Team zum Weltmonopolisten

Stand: 27.05.2014 17:29 Uhr

Google ist unser Fenster zur Welt des Internets. Mehr als 90 Prozent der Suchanfragen in Europa laufen über die Suchmaschine. Durch die Gratis-Kultur wurde aus einem Garagen-Team das wertvollsten Unternehmen der Welt. Wie konnte Google diese Monopolstellung erreichen?

Als sich die beiden Studenten Larry Page und Sergej Brin 1996 an der Universität Stanford kennenlernten, hatten sie wohl kaum damit gerechnet, dass sie in 15 Jahren das wertvollste Unternehmen der Welt führen würden. Damals tüftelten die beiden in der Garage einer Freundin in Kalifornien an einer simplen Idee: Eine Internet-Suchmaschine, die die Bedeutung von Webseiten nach Verweisen von anderen Seiten beurteilt.

Marktanteil von 90 Prozent

Inzwischen ist aus dem Garagenteam ein weltweit agierender Konzern geworden: Das Unternehmen beschäftigt fast 50.000 Mitarbeiter und hatte 2013 einen Umsatz von 60 Milliarden Dollar bei einem Gewinn von zwölf Milliarden Dollar. In Europa hat Google mit seiner Suchmaschine einen Marktanteil von über 90, in den USA von etwa 70 Prozent. "Googeln" ist ein Synonym für die Internetsuche geworden. Konkurrenten wie der Microsoft-Dienst Bing oder Yahoo müssen sich den Rest teilen, den der Monopolist hinterlässt.

Der Medienwissenschaftler Boris Kühnle von der Hochschule für Medien in Stuttgart spricht von einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. "Google hat von Anfang an auf Umwegfinanzierung gesetzt und damit einen völlig neuen Weg eingeschlagen." Der Gewinn resultiert zu über 90 Prozent aus Werbeerlösen, während die eigentlichen Produkte kostenlos sind - anders als bei Softwareunternehmen wie Microsoft, das durch den Verkauf von Windows-Lizenzen verdient.

Es ist ein Modell, das für beide Seiten funktioniert. Die Informationsvielfalt nimmt durch viele Angebote im Internet zu. Bei Google bekommen die Nutzer gute Suchergebnisse, dem Konzern bescheren die vielen Anfragen satte Gewinne. Und das System verstärkt sich selbst: Je mehr Suchanfragen eingehen, desto besser werden die Treffer. Kühnle ist sicher: "Google erleichtert das Leben und macht es übersichtlicher."

Dauerproblem Datenschutz

Angesichts der marktbeherrschenden Stellung des Internet-Riesen warnen Kritiker aber auch immer wieder vor der Gefahr des Datenmissbrauchs. Denn niemand weiß genau, welche Informationen der Konzern über seine Nutzer speichert. In einer datenbasierten Gesellschaft bedeute dies eine große Gefahr, meint Kühnle: "Der zentrale Frage ist, ob ein Unternehmen meine persönlichen Daten für wirtschaftliche Zwecke verwenden darf." Er fordert daher ein Umdenken: Statt widersprechen zu müssen, sollten die Nutzer aktiv zustimmen müssen, wenn ihre Daten gespeichert werden.

Denn die Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen von Google sind bewusst schwammig formuliert. Oft ist von "möglicherweise" registrierten Geräten oder "unter Umständen" verknüpften Suchanfragen mit E-Mail-Konten die Rede. Das Landgericht Berlin erklärte deshalb im vergangenen November 25 Vertragsklauseln der AGB für rechtswidrig.

Es war aber nicht das einzige Mal, dass Google Grenzen von Gerichten aufgezeigt bekam. Erst vor wenigen Wochen fällte der EuGH das Urteil zum "Vergessen im Internet". Demnach müssen veraltete und irrelevante Informationen aus dem Suchergebnis entfernt werden, wenn ein Betroffener sich beschwert. Ob dies jedoch dauerhaft helfen wird, sich im Netz etwas anonymer bewegen zu können, ist fraglich. Zudem ist die Rolle des Unternehmens in der NSA-Abhöraffäre nicht vollständig geklärt.

Googles Firmenimperium

Google ist mittlerweile weit mehr als die bekannte Suchmaschine: Der Konzern bietet Produkte wie den Browser Google Chrome oder Kommunikationsdienste wie Gmail oder Google+ an, Smartphone-Apps werden im Google-Playstore gekauft. Und mit Android produziert das Unternehmen das am weitesten verbreitete Betriebssystem für Smartphones. Wonach wir suchen, wem wir (was) schreiben, wo wir uns aufhalten - alles wird von Google registriert.

Und damit nicht genug: Der Konzern geht zunehmend Kooperationen mit Unternehmen aus fremden Branchen ein - oder kauft sie gleich auf. Erst kürzlich übernahm Google das Haustechnikunternehmen Nest für 3,2 Milliarden Dollar sowie den Solardrohnenhersteller Titan Aerospace zu einem unbekannten Preis. Zudem wurde bekannt, dass Google bis zu 30 Milliarden Dollar für Zukäufe im Ausland bereithält.

Strukturelle Zukunftssicherung - so nennt Medienwissenschatler Kühnle diese Strategie. Wenn etwa Partner aus der Automobilbranche ihre Software auf Android umstellen, sichert das Google eine größere Reichweite für sein Betriebssystem. Auch das Engagement des Konzerns in Schulen - etwa durch das Bereitstellen von Lernsoftware - sei eine logische Folge der Ausbreitung des Internets auf immer mehr Lebensbereiche.

Gratis-Kultur als Erfolgsmodell

Eines der Erfolgsgeheimnisse von Google ist es stets gewesen, dass die Angebote für den Nutzer gratis sind. Deshalb wird sich an der Vormachtstellung des Konzerns auch so bald nichts ändern, meint Medienwissenschaftler Kühnle. "Es handelt sich um ein natürliches Monopol", so der Professor. Jeder könne einen anderen Anbieter wählen, doch eine überwältigende Mehrheit entscheide sich weiter für Google. Und da die meisten Angebote gratis sind, müsse niemand Angst haben vor einem drohenden Preisdiktat. Dennoch mahnt er zur Vorsicht. Die Angebote von Google seien nur auf den ersten Blick umsonst. Mit unseren Daten lässt sich eine Menge Geld machen - wie der Aufstieg von Google eindrucksvoll zeigt.