Europäisches Navigationssystem kommt voran Bremer Firma OHB baut erste Galileo-Satelliten

Stand: 07.01.2010 16:31 Uhr

Die ersten Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo werden in Bremen bei der Firma OHB gebaut. Der Auftrag habe einen Umfang von 566 Millionen Euro, teilte die EU-Kommission mit. Eine gute Nachricht nicht nur für OHB, sondern auch für das Prestigeprojekt Galileo, das damit endlich weiter vorankommt.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Es ist lange her, dass es gute Nachrichten über Galileo zu vermelden gab. Und so ließ sich EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani die Mitteilung fast auf der Zunge zergehen: "Der Auftrag für den Bau der ersten 14 Satelliten wird an die OHB Systems AG vergeben."

OHB ist ein deutscher Technologiekonzern mit Sitz in Bremen. Der Auftrag hat einen Wert von über einer halben Milliarde Euro und war dementsprechend hart umkämpft. Die Bremer setzten sich unter anderem gegen die EADS-Tochter Astrium durch.

Die ersten Satelliten sollen 2012 fertig sein und dann mit russischen Sojus-Trägerrakten ins All befördert werden. Insgesamt wird das europäische Navigationssystem 30 Satelliten umfassen. Ob OHB auch die restlichen Satelliten bauen darf, wird erst später entschieden.

Heiße Phase für Galileo

Mit der Auftragsvergabe geht Galileo in die heiße Phase. EU-Kommissar Tajani gab auch bekannt, dass das System Anfang 2014 in Betrieb gehen und dann seinen Siegeszug gegen das amerikanische GPS antreten soll. Tajani preist die Vorzüge des europäischen Systems: "Galileo wird dank der großen Anzahl der Satelliten eine größere Präzision bieten, bis auf einige Zentimeter genau. Und Galileo wird auch eine zuverlässigere Positionsbestimmung ermöglichen, selbst in den großen Städten, wo die Signale heute oft durch die Häuser blockiert werden."

Normalen Nutzern von Navigationsgeräten soll Galileo kostenlos zur Verfügung stehen. Wer eine noch höhere Präzision braucht – etwa in der Luftfahrt - , der soll für die Dienste bezahlen, so dass die Europäer auf ein großes Geschäft und die Schaffung Zehntausender Arbeitsplätze spekulieren.

Weniger Staus und Luftverschmutzung

Tajani zählte noch mehr Vorteile auf: "Galileo wird auch Staus reduzieren, die Luftverschmutzung verringern, die Verkehrsmittel sicherer machen und Rettungsaktionen erfolgversprechender." Was Tajani nicht sagte: Das alles war den Europäern ursprünglich schon für 2008 versprochen worden. Aber das großmundig als technologische Unabhängigkeitserklärung von den USA angekündigte Projekt hat sich im Gestrüpp der europäischen Bürokratie verheddert.

Erhebliche Verspätung

Bislang kreisen erst zwei Testsatelliten im All. Die anfangs auf dreieinhalb Milliarden Euro festgelegten Kosten sind aus dem Ruder geraten. Die Industrie hat sich wegen der hohen Risiken aus der Finanzierung zurück gezogen und die EU-Mitgliedsstaaten mussten ihre Beteiligung in einer Rettungsaktion schon einmal aufstocken. EU-Kommissar Tajani weigerte sich auch heute, eine Zahl für die zu erwartenden Gesamtkosten zu nennen. So könnte es gut sein, dass am Ende nur ein Rumpf-Galileo zustande kommt, das hinter einer neuen GPS-Generation zurück bleibt.