Christoph Weil, Senior Economist Commerzbank "Das Jammern kommt zu spät"

Stand: 29.06.2012 17:44 Uhr

Die Grundidee ist richtig. Eine Schuldenbremse in verfassungsähnlichem Rang ist ein starkes Instrument, um den zahnlosen Eurostabilitätspakt zu verschärfen. Aber es werden wieder die gleichen Ausnahmen eingeführt, die schon das Einfallstor dafür waren, dass eben der Eurostabilitätspakt nicht eingehalten wurde. Konkret dürfen Länder mehr als ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent haben, wenn "außerordentliche Umstände außerhalb des Einflusses der Vertragspartner oder ernsthafte Rezessionen" über zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorliegen.

Die Ausnahmen müssten sich auf Naturkatastrophen beschränken. Derzeit sind sie zu weit gefasst. Auch der Europäische Gerichtshof wird wohl nicht wirklich angerufen, wenn die Euroländer das nicht wollen. Wenn der Fiskalpakt überhaupt funktioniert, wird er in eine Rezession führen. Doch es gibt keine Alternative, das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen. Das Jammern kommt zu spät.

Christoph Weil, Senior Economist Commerzbank (wirtschaftsblatt.at)