Kolumne Euroschau Warum die EZB gegen die Inflation machtlos wirkt

Stand: 02.03.2011 08:44 Uhr

Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank sind derzeit nicht zu beneiden. Ihr Job ist es, für die Stabiltät des Euro zu sorgen. Aber die Geldpolitik scheint derzeit machtlos, der Inflation Herr zu werden.

Von Klaus-Rainer Jackisch, HR

Notenbanker haben es gut: Sie sitzen in einem schönen Büro und haben viele Mitarbeiter, die sich um alles kümmern. Sie jetten um den Globus, um an wichtigen Konferenzen teilzunehmen - und hin und wieder entscheiden sie über die Höhe der Leitzinsen. Könnte man meinen. Doch die Realität sieht anders aus. Derzeit sind die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht zu beneiden. Denn sie sind in einer Zwickmühle. Was immer sie auch tun, es wird nicht viel helfen, die Inflation in den Griff zu bekommen.

Seit Monaten ziehen die Preise mit Tempo an - vor allem für Lebensmittel und Energie. Im Februar betrug die Inflationsrate in Deutschland 2,0 Prozent, in der Eurozone 2,4 Prozent. Die EZB müsste die Zinsen deshalb langsam anheben. Denn die Inflationsrate liegt deutlich über dem selbst gesteckten Ziel von knapp unter zwei Prozent.

Die Preise für Öl und Lebensmittel sind kaum zu bändigen

Doch was bringt eine Zinserhöhung? Theoretisch kann man mit steigenden Zinsen Verbraucher dazu bewegen, mehr Geld auf die hohe Kante zu legen. Unternehmen investieren weniger, weil höhere Zinsen Kredite teurer machen. Die Folge: Es wird weniger konsumiert und weniger investiert. Damit steigen die Preise weniger stark.

In der Praxis dürfte eine Zinserhöhung zum jetzigen Zeitpunkt wenig bewirken: Der Ölpreis wird sich davon nicht bändigen lassen, denn Öl und Energie müssen ohnehin gekauft werden. Und die Nahrungsmittelpreise bekommt man auch nur schwer in den Griff: Essen und Trinken kann man nicht beliebig reduzieren. Die Nachfrage aus China, Indien und anderen Schwellenländern steigt. Zudem werden viele Lebensmittel zunehmend für die Energiegewinnung eingesetzt. Dadurch steigen die Preise ebenfalls.

Zinserhöhung nicht ohne Risiken

Somit wirkt die Geldpolitik derzeit machtlos, der Inflation Herr zu werden. Hinzu kommt, dass höhere Zinsen den Konjunkturaufschwung und die Konsumlaune dämpfen. So gesehen, würde eine Zinserhöhung nicht viel bringen, wäre teilweise sogar schädlich.

Doch einfach nur rumsitzen und Däumchen drehen können die Notenbanker auch nicht. Schließlich hat uns die EZB eine stabile Währung versprochen. Schon heute verlieren die Bürger jeden Tag viel Geld, weil ihre Zinsen auf dem Sparbuch deutlich niedriger sind als die Preissteigerung. Hinzu kommt, dass Notenbanker den Nährboden für Inflation selbst angelegt haben. Während der Finanzkrise wurden die Märkte mit billigem Geld geflutet. Spekulanten bekamen quasi kostenlos Mittel, um an den Rohstoffmärkten die Preise nach oben zu treiben.

Symbolisch und psychologisch sinnvoll

Dennoch ist die EZB gezwungen, jetzt zu handeln. Sie muss die Zinsen anheben, um ein Zeichen zu setzen. Auch wenn dieser Schritt weitgehend symbolisch ist, weil er faktisch nicht viel bringt. Aber es wäre ein Signal, dass die Währungshüter ihren Auftrag ernst nehmen. Dass sie die Leitzinsen bereits am Donnerstag auf ihrer Ratssitzung anheben, ist wenig wahrscheinlich. Doch es wird nicht mehr lange dauern. Einige Volkswirte gehen davon aus, dass die Zinsen in diesem Jahr noch drei Mal steigen. Psychologisch sinnvoll wäre das allemal.

Klaus-Rainer Jackisch schreibt bei tagesschau.de regelmäßig seine Kolumne Euroschau, in der er einen Blick auf die monatliche EZB-Ratssitzung wirft.