Streit um Eurogruppenvorsitz Juncker pokert um die luxemburgische Lösung

Stand: 29.06.2012 19:46 Uhr

Beim EU-Gipfel wurde Luxemburgs Premier Juncker gebeten, als Eurogruppen-Chef weiterzumachen. Juncker aber stellt eine Bedingung: Der Notenbankpräsident seines Landes soll ins EZB-Direktorium. Gleich zwei Luxemburger an zentralen Positionen? Das gefällt nicht allen.

Von Birgit Schmeitzner, ARD Berlin

Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel

Merkwürdig zögerlich war Bundeskanzlerin Angela Merkel schon, als sie zum Abschluss des EU-Gipfels nach Personalien gefragt wurde. Was ist mit den beiden neu zu besetzenden Spitzenjobs in der Eurozone: Macht Jean-Claude Juncker als Eurogruppenchef weiter und wer soll denn bitte schön den neuen, dauerhaften Rettungsschirm ESM übernehmen? Merkel blieb vage: "Diese Personalien sind noch nicht entschieden worden und - ähm - da gibt es noch Abstimmungbedarf, insgesamt."

Gemeint: ein dritter Posten, dessen Besetzung hier mit hineinspielt. Im Direktorium der Europäischen Zentralbank wird ein Sitz frei. Ein Spanier geht und eigentlich soll Yves Mersch, der Chef der luxemburgischen Notenbank, dort Platz nehmen. Nur: Können gleich zwei Staatsbürger des kleinen EU-Landes gleichzeitig einflussreiche Posten bekleiden?

Birgit Schmeitzner, B. Schmeitzner, BR Brüssel, 29.06.2012 19:36 Uhr

"Ich lasse mich nicht auf Eis führen"

Offenbar knirscht es da - und zwar so gewaltig, dass Juncker Klartext redete. Er wurde seinem Ruf, aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen, mal wieder sehr gerecht: "Ich lasse mich nicht aufs Eis führen." Dass man ihm jetzt "mit Kusshand" eine Weiterführung des Eurogruppen-Vorsitzes anbiete, um die er nicht gefragt habe. "Und dann verhilft man anderen zu Frankfurter Glückgefühlen? Ich bin nicht blöder als die anderen", sagt Juncker.

Will heißen: Andere lassen sich ihre Zustimmung doch ebenfalls abkaufen. Bestes Beispiel ist der gerade absolvierte Krisengipfel in Brüssel, bei dem Italien und Spanien bekniet werden mussten, dem Wachstumspaket zuzustimmen - und sie am Ende zufrieden vermelden konnten: Wir haben am Ende etwas bekommen.

Juncker nimmt sich daran also jetzt ein Beispiel. Er sagt: Bekommt Mersch den Job nicht, mache ich eben nicht weiter. Und Juncker kann aus der Position der Stärke heraus agieren: Er hat den einflussreichen Job fast acht Jahre gemacht und hat großes Gewicht in der EU. Das hat er ebenso wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, Wunschkandidat Merkels für die Nachfolge, der aber von Frankreich nicht akzeptiert wird.

Amtsmüde und "höchst egoistisch"

Und so läuft es schon auf Juncker hinaus - der als amtsmüde gilt, Gesundheitsprobleme hatte und immer wieder betont hat: er reiße sich nicht darum, diesen Job weiter zu machen, weil er einfach gerne mehr Zeit für sich selbst hätte: "Eurogruppe sind vier Stunden intensive Arbeit jeden Tag und die hätte ich gern für mich höchstpersönlich. Also eine höchst egoistische Herangehensweise!"

Juncker könnte damit einfach seine Amtszeit wie vorgesehen auslaufen lassen und ein Machtvakuum riskieren. Doch die Eurozone kann es sich eigentlich nicht leisten, in diesen Krisenzeiten - und sei es auch nur für kurze Zeit - kopflos dazustehen.