Zehn Jahre Euro Keine Euphorie zum Jahrestag

Stand: 31.12.2011 11:56 Uhr

Vor zehn Jahren wurde er eingeführt - seitdem hat sich der Euro als zweitwichtigste Währung der Welt etabliert. Er beflügelte die deutsche Wirtschaft und deren Exporte. Die Inflationsrate ist niedriger als zu D-Mark-Zeiten. Doch zum 10. Geburtstag des Euro ist von Euphorie nichts zu spüren.

Von Alex Jakubowski, HR

Für einen Neujahrsmorgen war ungewöhnlich viel los in Frankfurts Innenstadt. Anstatt den ersten Tag des Jahres beschaulich zu begehen, mussten am 1. Januar 2002 viele Mitarbeiter der "Frankfurter Sparkasse 1822" schon früh arbeiten. Sie bereiteten sich auf einen Bank-Run vor, der in der Geschichte des Geldinstitutes bis heute einzigartig bleiben sollte.

Die Menschen, die die Sparkassen-Filiale dann stürmten, waren aber nicht in Sorge um ihre Ersparnisse, sondern wollten den Euro als Bargeld-Zahlungsmittel begrüßen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass ungeduldige Kunden schon ab Mitternacht am Neujahrstag an den Geldautomaten die neuen Scheine ziehen konnten. Immerhin wurden allein am ersten Tag des Jahres fast sieben Millionen Euro an den Automaten der Frankfurter Sparkasse ausgezahlt.

Euphorie schnell verflogen

In großen Teilen der Bevölkerung herrschte damals eine Euro-Euphorie. Doch die ist in den vergangenen zehn Jahren verschwunden. An ihrer Stelle stehen der gefühlte "Teuro" und die Angst vor dem Auseinanderbrechen der Einheitswährung. Die Schuldenkrise vieler Staaten hat dem Euro mittlerweile ein Imageproblem beschert.

Wirtschaftlich gesehen ist der Euro dennoch eine Erfolgsgeschichte. Das betonen das Bundesfinanzministerium, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Deutsche Bundesbank immer wieder. So spricht etwa die Deutsche Bundesbank davon, dass sich der Euro als zweitwichtigste Währung der Welt fest etabliert habe. Auch Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance & Management ist ein klarer Freund des Euro. "25 Prozent der weltweiten Währungsreserven werden in Euro gehalten, und auch der Kurs im Verhältnis zum Dollar hat sich gut entwickelt", sagt der Ökonom.

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank in Frankfurt am Main, sieht im Euro eine internationale Reservewährung, die dem Dollar auf den internationalen Kapitalmärkten Marktanteile abgenommen hat. Aber: "Beim Euro muss die politische Integration der darunter liegenden Volkswirtschaften noch gesteigert werden, dann kann auch Europa von der Reservewährungsfunktion voll profitieren", sagt Kater.

Deutsche Unternehmen profitieren vom Euro

Als Gewinner des Euro sehen sich die deutschen Unternehmen. Laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) spart die hiesige Wirtschaft zwischen zwölf und 24 Milliarden Euro jährlich, da sich die währungsbedingten Transaktions- und Kurssicherungskosten merklich verringert haben.

Wie groß genau die Auswirkungen des Euros auf das Wachstum sind, ist durchaus umstritten. Die Bundesbank meint, die realwirtschaftlichen Wachstumsperspektiven seien gestärkt. Genau beziffern könne man die Wirkung des Euro auf den innereuropäischen Handel aber nicht, "da sich verschiedene Effekte überlagern, jedoch gehen selbst vorsichtige Schätzungen von drei bis fünf Prozent mehr Handel aus, andere von deutlich mehr", so die Bundesbank.

Die Unternehmensberatung McKinsey weist in einer noch nicht veröffentlichten Studie darauf hin, dass Deutschland rund ein Drittel seines Wirtschaftswachstums seit 1999 dem Euro verdankt - schon damals wurde der Euro als Buchgeld eingeführt, aber erst mit der Bargeld-Einführung 2002 löste der Euro die bis dahin gültigen Währungen als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel ab.

Statistisch gesehen jedenfalls gingen rund 40 Prozent der deutschen Exporte 2010 in die Eurozone, rund 60 Prozent in die EU-Länder insgesamt. Das Volumen der Exporte stieg in den vergangenen zehn Jahren von rund 600 Milliarden Euro auf 960 Milliarden Euro.

Inflation niedriger als in DM-Zeiten

Mit Blick auf die Inflation sei der Euro sogar stabiler und damit erfolgreicher als die D-Mark, bemerkt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. "Seit der Euro-Einführung lag die durchschnittliche jährliche Inflationsrate in Deutschland bei nur 1,5 Prozent - im Euroraum insgesamt bei zwei Prozent", sagt er. In den letzten zehn Jahren der D-Mark lag die durchschnittliche Teuerungsrate laut Statistischem Bundesamt bei 2,2 Prozent. Ulrich Kater von der Deka-Bank meint: "Bei der Inflation hat der Euro geliefert, was versprochen war: Preisstabilität." Die gemessene Inflation entspricht allerdings nicht immer der gefühlten.

Zum zehnjährigen Jubiläum des Euro-Bargeldes wird 2012 in allen Ländern des Euro-Raums eine Zwei-Euro-Gedenkmünze herausgegeben. 90 Millionen Stück sollen in den Umlauf kommen. Eine neue Euro-Euphorie dürfte sie wohl nicht auslösen.

Ganz anders als noch bei den Euro-Starter-Kits vor zehn Jahren. Damals konnten sich die Kunden schon vor der offiziellen Bargeld-Einführung mit dem neuen Euro vertraut machen. 53 Millionen Kits wurden damals verkauft, für einen Gegenwert von 20 D-Mark. Manch einer versprach sich vielleicht auch ein gutes Geschäft und hoffte auf einen Gewinn bei einem späteren Verkauf. Doch anders als erwartet wird heute für ein deutsches Starter-Kit kaum mehr geboten als sein Nennwert. Hier glänzen andere Länder. Für ein Starter-Kit aus Finnland etwa sollen Sammler mehr als 150 Euro bieten.