Debatte über Euro-Krise Söder stichelt und Monti mahnt

Stand: 05.08.2012 19:00 Uhr

Liegen die Nerven in der Euro-Debatte auch in Deutschland blank? Den Eindruck kann man bei den Politiker-Statements dieses Wochenende haben: Da geht es um "Exempel statuieren", "Krawallmacher" und "Äxte". Mahnendes kommt aus Italien: Ministerpräsident Monti warnte vor einem EU-Kollaps.

Der Ton in der deutschen Euro-Debatte wird anscheinend rauher. Vor allem der bayerische Finanzminister Markus Söder ist dieses Wochenende ganz vorne dabei. Er verlangte in der "Bild am Sonntag", Griechenland noch in diesem Jahr auszuschließen: "Nach meiner Prognose sollte Griechenland bis Jahresende ausscheiden." Jede neue Hilfsmaßnahme, jede Lockerung der Auflagen wäre der falsche Weg, sagte der CSU-Politiker.

"An Athen muss ein Exempel statuiert werden, dass diese Eurozone auch Zähne zeigen kann", sagte Söder weiter. Die Deutschen könnten nicht länger "der Zahlmeister für Griechenland" sein. Es sei auch wichtig, dass Spanien und Italien sehen, was passiere, wenn man seine Schulden nicht zahle. Weitere Hilfszahlungen lehnte Söder kategorisch ab: Schuld an den Problemen seien allein die Griechen selbst.

Söder kritisierte auch die Aussage von EZB-Chef Mario Draghi scharf, den Ankauf von Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten zu überlegen: "Die EZB geht einen gefährlichen Weg. Sie darf sich nicht vom Währungshüter zur Inflationsbank entwickeln."

SPD: Söder hat keine Ahnung

Söders Attacke aktivierte umgehend die SPD. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Söders Kritik an Draghi als Unverschämtheit, von der sich Bundeskanzlerin Angela Merkel distanzieren müsse. Draghi tue genau das, "was die europäischen Regierungschefs samt Merkel erwarten". Die Kanzlerin selbst habe den erneuten Weg zu Anleihekäufen der EZB eröffnet.

Auch der Konter von SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß kam schnell. Er nannte Söder "einen gewissenlosen Krawallmacher." Seine Äußerungen ignorierten die Gefahren für die Eurozone. Söder habe keine Ahnung von finanz- und wirtschaftspolitischen Zusammenhängen, löse kein Problem, sondern schade Deutschland "mit seinem Gerede".

Westerwelle: Vorsicht vor der "Axt des schnellen Wortes"

Bundesaußenminister Guido Westerwelle rief zur Mäßigung auf: "Alle sollten darauf achten, was man sagt und wie man es sagt", forderte der deutsche Chefdiplomat im "Focus" mit Blick auf Politiker in ganz Europa. Westerwelle wandte sich mit seiner Kritik auch an den Koalitionspartner CSU. "Wer politische Verantwortung trägt, sollte mit der Axt des schnellen Wortes nicht leichtfertig einreißen, was in Jahrzehnten in Europa mühsam aufgebaut wurde."

Linkspartei-Vize Sahra Wagenknecht warnte, wenn Griechenland aus dem Euro austrete, werde es seine Schulden nicht mehr bezahlen können: Das werde Deutschland 80 Milliarden Euro kosten. Sie kritisierte in der "Bild am Sonntag" die Sparauflagen für das Land: Diese hätten die Wirtschaftskrise verschlimmert.

Söder ist mit seiner Einschätzung in den Regierungsparteien allerdings alles andere als allein: Zuvor hatte sich bereits FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler im ARD-Sommerinterview skeptisch zu den Chancen auf einen Verbleib Athens im Euro geäußert. Auch Westerwelle betonte, der Schlüssel für einen Verbleib im Euroraum liege in Athen. Dem "Focus" sagte er: "Eines geht nicht: Hilfsprogramme vereinbaren, aber die zugesicherten Reformen infrage stellen."

Monti warnt vor Auflösung Europas

Der italienische Ministerpräsident Mario Monti begrüßte die von EZB-Chef Draghi angedeuteten neuen Aufkäufe von Staatsanleihen kriselnder Euroländer. Wie dieser spreche er schon lange davon, dass der Markt für Staatsanleihen in der Eurozone "schwer gestört" sei, sagte Monti. Er forderte die Euroländer daher zu raschem Handeln auf.

Monti warnte vor einem Auseinanderbrechen Europas. "Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Eurozone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas", sagte er dem "Spiegel". Wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, dann seien auch "die Grundlagen des Projekts Europa zerstört". Monti empfahl den Regierungschefs, sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten in der Krise zu bewahren: "Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration."

Dobrindt: "Montis Gier treibt undemokratische Blüten"

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte, Monti mangele es an Demokratieverständnis. "Die Gier nach deutschen Steuergeldern treibt bei Herrn Monti undemokratische Blüten", sagte Dobrindt der "Welt". Dass ein gewählter Regierungschef die demokratischen Regeln so abschätzig handhabe, sei ein Alarmzeichen für die politische Kultur in manchen Euroländern. Montis Ansichten dürften sich nicht durchsetzen, "sonst haben wir bald italienische Verhältnisse in ganz Europa".