Porträt des griechischen Finanzministers Das große Spiel des Yanis Varoufakis

Stand: 30.01.2015 13:32 Uhr

Schlagfertig und scharfzüngig - so beschreiben Gegner und Freunde Griechenlands neuen Finanzminister Varoufakis. Die Verhandlungen mit der Troika sind für den Wirtschaftsprofessor ein großes Spiel. An dessen Ende soll die "Befreiung vom Spardiktat" stehen.

Yanis Varoufakis hat zwei wissenschaftliche Standardwerke geschrieben. "Der globale Minotaurus. Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft", heißt das eine. Es ist auch auf Deutsch erschienen. Das zweite heißt: "Theorie des Spielens".

"Handeln ist ein großes Spiel. Wir werden Verhandlungen mit unseren Partnern beginnen. Es geht aktuell um Befreiung", sagt der 53-Jährige. Befreiung vom Spardiktat, das seinem Land von der Troika aus IWF, EZB und EU aufgezwungen worden sei und so viel Leid verursache.

"Es ist inakzeptabel, dass Kinder ihre Hausaufgaben bei Kerzenlicht machen müssen, weil ihr Strom abgedreht wurde, weil der Staat in seiner unendlichen Weisheit entschieden hat, Eigentumssteuer über die Stromrechnung einzutreiben", sagt Varoufakis. Seit Dienstag ist der studierte Mathematiker und Statistiker Finanzminister Griechenlands. Was er davon halte, wurde er von einem Reporter in Athen gefragt. "Gruselig", findet er.

Ein Handschlag wie ein Schraubstock

Schlagfertig, unprätentiös, unkonventionell, streitlustig, provokant und scharfzüngig. So beschreiben Gegner und Freunde den Professor für Wirtschaftswissenschaften und Ökonomische Theorie. Varoufakis betreibt Ausdauersport, sein Handschlag wird gerne mit der Spannkraft eines Schraubstocks verglichen.

Seine Ziele: Griechenland reformieren, die Oligarchie angreifen und die Steuerimmunität abschaffen. "Das Problem ist nicht so sehr Steuerflucht, sondern Steuerimmunität. Und dann müssen wir über das Kreditabkommen mit unseren europäischen Partnern neu verhandeln, das für ganz Europa eine Plage ist", sagt Varoufakis.

Reinhard Baumgarten, R. Baumgarten, ARD Istanbul, 30.01.2015 12:44 Uhr

Die Krise aus der Ferne beobachtet

Vor fünf Jahren ist die Finanzkrise in Griechenland ausgebrochen. Varoufakis hat sich das Krisenmanagement als Hochschullehrer in Australien, Schottland und den USA angeschaut und den Kopf geschüttelt. Du kannst keine Währungsunion haben, die vorgibt, sie könne eine große Finanzkrise schlicht dadurch überstehen, dass sie den Defizitländern unter der Bedingung mehr Geld leiht, dass sie ihre Einkommen schrumpfen sollen, meint er.

"Weg mit dem Spardiktat", das ist die glasklare Botschaft von Yanis Varoufakis. Schulden könne nur bezahlen, wer wachse und Überschüsse erwirtschafte. Beides werde in Griechenland systematisch verhindert. Deutschland und Kanzlerin Angela Merkel spielten dabei eine Schlüsselrolle: "Meine Botschaft an den deutschen Durchschnittswähler lautet. Es ist nicht so, dass Deutschland diesem Land nicht genug Geld gezahlt hätte. Das Problem war, dass es eine riesige Summe war, die durch den Orkus gegangen ist."

Deutschland werde auch weiterhin zahlen müssen, stellte er wiederholt seit Wochenbeginn fest. Aber es werde deutlich weniger Geld gebraucht, wenn entschieden auf Wachstum anstatt auf Sparen gesetzt werde.