Label "Made in Germany"

Rüge der EU-Kommission Wieder Ärger um Deutschlands Exporte

Stand: 22.02.2017 17:01 Uhr

Deutschland ist Exportmeister. Doch diese Stärke könnte für andere EU-Staaten eine Schwäche sein. Deshalb gab es nun erneut eine Rüge aus Brüssel - und Empfehlungen: Höhere Löhne, mehr Investitionen, Steuersenkungen.

Eigentlich könnte Deutschland stolz darauf sein: Alle Welt will Qualitätsprodukte "Made in Germany". Der Export in die EU brummt. Deutschland exportiert viel mehr Waren, als aus dem Ausland eingeführt werden. Aber was des einen Freude ist, ist des anderen Leid. Denn die Unwucht im Handel führt zu höheren Schulden bei jenen Staaten, die viel mehr importieren als exportieren.

Ein Problem für die EU. Dazu heute eine Mahnung aus Brüssel: "Der hohe Überschuss im Außenhandel ist auch für Deutschland nicht gesund", warnte der französische EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. "Die Bundesregierung muss mehr tun, um Ungleichgewichte zu bekämpfen. Deutschland muss mehr öffentlich investieren und die Binnennachfrage ankurbeln. Deutschland hat schon einiges getan, aber noch nicht genug." Wenn Deutschland gegensteuere, hätten auch andere Eurostaaten etwas davon - sie könnten sich leichter erholen, so die EU-Kommission.

EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici

"Der hohe Überschuss im Außenhandel ist auch für Deutschland nicht gesund", warnte der französische EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

Bisher kaum Reaktion aus Deutschland

Tatsächlich geht es um stolze Zahlen. Deutschlands Exporte sind 2016 wieder einmal auf ein Rekordhoch geklettert. Der Wert der Ausfuhren stieg um 1,2 Prozent auf 1,2075 Billionen Euro. Auch der Exportüberschuss erreichte mit fast 253 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert. Einige Experten sprechen sogar von 270 Milliarden Euro - das sind 8,5 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung. Brüssel hatte hier aber eine ganz andere Obergrenze festgelegt: sechs Prozent. Seit vier Jahren wird sie überschritten.

Bisher hatte die Bundesregierung auf Brüsseler Mahnungen kaum reagiert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erinnerte immer an "günstige Rahmenbedingungen - niedrige Zinsen, Energiepreise, einen günstigen Wechselkurs". All das treibe auch den Export an. Doch jetzt geht es hart zur Sache: Aus Mahnungen werden handfeste Drohungen, schnell etwas zu tun gegen Deutschlands Exportstärke, die in diesem Fall die Schwäche der anderen sein könnte.

Löhne, Investitionen, Steuern

Einen Ausweg, ohne die Exporte zu bremsen, gäbe es: Die heimische Nachfrage müsste angekurbelt werden. Die EU-Kommission denkt an höhere Löhne. Wenn die Deutschen mehr ausgeben, steigen auch die Importe stärker an, so die Hoffnung. Problem dabei ist, dass die Politik auf Tarifverhandlungen wenig Einfluss hat.

Dafür hat sie aber viel Einfluss auf staatliche Ausgaben - auf Investitionen in die Infrastruktur etwa. Die Binnenkonjunktur gilt als entscheidender Faktor, um das Ungleichgewicht zu stoppen. Genau darauf zielen auch die Brüsseler Empfehlungen ab. Die Bundesregierung solle mehr Geld in die Hand nehmen, mehr ausgeben. Ein weiterer Vorschlag: Steuererleichterungen vor allem für niedrige Einkommen, damit auch die Geringverdiener mehr Geld zum Ausgeben haben.

Wie lange noch Weltmeister?

Nicht alle halten etwas davon. Der EU-Wirtschaftspolitiker Alexander Graf Lambsdorff von der FDP sieht auch diejenigen in der Pflicht, die über Deutschlands Exportstärke klagen. Sie müssten selbst mehr für Wachstum tun: "Gerade Frankreich und Italien werden aufgerufen, mehr zu tun, wenn es darum geht, ihre Wirtschaft auf Vordermann zu bringen."

Alexander Graf Lambsdorff

"Gerade Frankreich und Italien werden aufgerufen, mehr zu tun, wenn es darum geht, ihre Wirtschaft auf Vordermann zu bringen", so der EU-Wirtschaftspolitiker Alexander Graf Lambsdorff.

Aber vielleicht ist es ohnehin bald vorbei mit dem Exportglanz - wenn Donald Trump Importe verteuert - auch aus Deutschland. Andere Staaten könnten folgen. Nur: Dann wird das Ungleichgewicht innerhalb der Eurozone noch größer, weil sich dann alles auf Europa konzentriert.

Andreas Meyer-Feist, A. Meyer-Feist, HR Brüssel, 22.02.2017 15:16 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 22. Februar 2017 um 14:42 Uhr.