Einigung auf dauerhaften Rettungsschirm ESM Geld statt Garantien im Kampf gegen die Krise

Stand: 24.01.2012 17:38 Uhr

Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM hat gegenüber dem bestehenden EFSF einen großen Vorteil: Er verfügt über eigenes Geld und nicht nur über Kreditgarantien der Euro-Staaten. Finanzminister Schäuble will die Einzahlung des Kapitalstocks von 80 Milliarden Euro beschleunigen.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Nicht immer hat man den Bundesfinanzminister nach einem Treffen mit seinen europäischen Ressortkollegen so entspannt gesehen. "Sie sehen mich in relativ guter Laune", sagt Wolfgang Schäuble zu den Journalisten. Der Grund für seine gute Laune: Er sieht die Eurozone bei der Bewältigung der Schuldenkrise Schritt für Schritt vorankommen.

Ein entscheidendes Element dabei ist die Einigung der Finanzminister auf die rasche Inkraftsetzung des neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Der ESM soll schon im Juli seinen Vorläufer EFSF bei der Rettung von Euro-Pleitekandidaten ablösen und dafür 500 Milliarden Euro in der Kriegskasse haben. Aber vor allem hat der ESM eine viel robustere Struktur. Mit 80 Milliarden Euro eingezahltem Kapital werde der ESM viel vertrauenswürdiger sein, glaubt Schäuble. "Denn es überzeugt Finanzinvestoren nichts so sehr, wie wenn die Mitgliedsstaaten der Eurozone Kapital eingezahlt haben."

EFSF verfügte über kein eigenes Kapital

Der Vorläufer EFSF hat keinerlei eigenes Kapital. Er konnte sich allein auf Kreditgarantien der Euro-Staaten stützen. Auch deshalb ist ihm kürzlich von der Ratingagentur Standard & Poor's die Top-Bonität aberkannt worden. Schäuble will daher dem ESM noch schneller zu voller Schlagkraft verhelfen. Nach dem gegenwärtigen Stand sollen die Teilnehmerstaaten den Kapitalstock von 80 Milliarden Euro in fünf Jahrestranchen einzahlen. Es wäre natürlich wirksamer, diesen recht langen Zeitraum zu verkürzen. "Wir sind dazu bereit und wir würden es auch begrüßen, wenn man die Einzahlung schneller vornehmen könnte", sagt Schäuble. Realistisch wären nach seiner Einschätzung zwei Jahre.

Dieses Zugeständnis tut dem deutschen Kassenwart, der immerhin mehr als ein Viertel zur ESM-Mittelaustattung beitragen muss, durchaus weh. Denn im Unterschied zu Kreditgarantien, die nur dann Kosten verursachen, falls ein Schuldnerstaat die Hilfskredite nicht zurückzahlen kann, ist die Bareinlage beim ESM sofort haushaltswirksam. Das heißt, Schäuble muss dafür neue Schulden machen.

Deutschland gegen ESM-Aufstockung

Auch das trägt dazu bei, dass die Deutschen alles andere als begeistert sind, wenn immer wieder Forderungen nach einer Aufstockung der ESM-Kriegskasse laut werden. Zuletzt von IWF-Chefin Christine Lagarde, die dringend dazu rät, die vom EFSF nicht verbrauchten rund 250 Milliarden Euro auf den ESM zu übertragen. Der Vorschlag findet offensichtlich viel Sympathie. "Ich glaube, dass das konsensfähig ist", fasste die österreichische Finanzministerin Maria Fekter die Diskussion unter den EU-Ressortchefs zusammen.

Ein richtig kategorisches Nein mag Schäuble dem auch nicht mehr entgegensetzen. Er verweist nur auf den Beschluss des letzten EU-Gipfels, die ESM-Höhe auf dem nächsten Gipfel im März noch einmal zu überprüfen. "Dann wird man im März sehen: reicht's oder reicht's nicht?", sagt er. Und Deutschland dürfte dann mit der Einschätzung, dass die 500 Milliarden ausreichen, ziemlich alleine dastehen.

Verknüpfung von Fiskalpakt und Milliardenhilfen

Der deutsche Finanzminister mag sich damit trösten, dass er bei den Verhandlungen um den ESM-Vertrag in letzter Minute noch eine im Sinne der deutschen Euro-Rettungsphilosophie wichtige Änderung durchsetzen konnte. Kredite aus dem ESM können nur die Länder abrufen, die zuvor den geplanten neuen Fiskalpakt ratifiziert haben. Dieser Pakt sieht die Einführung von verbindlichen Schuldenbremsen vor. " Da kommen Solidität und Solidarität, die zwei Seiten einer Medaille sind, zusammen", sagt Schäuble. Solidität will heißen, die Krisenstaaten müssen sparen und reformieren, dann können sie auch auf Hilfe rechnen.