Spekulationen über Aufstockung Zwei Billionen Euro für den Rettungsschirm?

Stand: 19.10.2011 16:36 Uhr

Vor dem EU-Schuldengipfel halten sich Gerüchte, wonach die Schlagkraft des Rettungsschirms durch einen Kredithebel massiv aufgestockt werden soll. Der britische "Guardian" berichtete, Deutschland und Frankreich hätten sich auf das Ziel von zwei Billionen Euro geeinigt. Doch auch andere Zahlen kursieren.

Wenige Tage vor dem EU-Gipfel laufen hinter den Kulissen die Verhandlungen über zusätzliche Möglichkeiten zur Lösung der Schuldenkrise auf Hochtouren. Als ein wichtiges Element rückt eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF durch einen sogenannten Kredithebel in den Mittelpunkt. Der EFSF verfügt durch die jüngste Reform faktisch über 440 Milliarden Euro. Die Bundesregierung schloss aus, dass diese Obergrenze weiter steigt. "Über die 440 Millionen Euro hinaus gibt es keine Diskussion, basta", stellte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums klar.

Stattdessen werde über Möglichkeiten diskutiert, den Rettungsschirm unter der klar definierten Obergrenze so effizient wie möglich zu nutzen. "Es geht um nichts anderes als um die Frage: Wie weit kommen wir mit dem Sprit, den wir haben", sagte der Ministeriumssprecher. Durch einen Kredithebel könnten die vorhandenen Finanzmittel dafür sorgen, dass weitaus mehr Geld in die Stützung hoch verschuldeter Euro-Staaten fließt.

Genaue Summe völlig offen

Zuvor hatte die britische Zeitung "The Guardian" unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtet, dass sich die Regierungen Deutschlands und Frankreichs auf das Ziel geeinigt hätten, den EFSF durch einen Kredithebel faktisch auf zwei Billionen Euro aufzustocken. Weder die angebliche Einigung noch die genannte Summe wurden offiziell bestätigt.

Die "Financial Times Deutschland" hatte gemeldet, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble habe gegenüber der Unionsfraktion die Summe von maximal einer Billion Euro für den Rettungsschirm genannt. Der Hebel, durch den die Summe erreicht werden soll, soll demnach in Form einer Versicherung für Staatsanleihen hoch verschuldeter Eurostaaten in die EFSF-Richtlinien eingebaut werden.

Schäuble soll keine Zahl genannt haben

Diese Darstellung wiesen aber sowohl die Unionsfraktion im Bundestag als auch der Sprecher des Bundesfinanzministeriums zurück. Schäuble habe bei der Fraktionssitzung keine Zahl genannt, sondern nur darauf verwiesen, dass in der EU-Kommission Modelle durchgerechnet würden, sagte Fraktionssprecher Ulrich Scharlack. Schäubles Sprecher erklärte: "Ich bin mir sicher, dass keinerlei konkrete Zahlen oder ein konkretes Modell genannt worden sind." Schäuble habe nur beispielhaft Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Effizienz des EFSF gesteigert werden könnte, ohne die Risiken für die Steuerzahler zu erhöhen.

EU-Währungskommissar Olli Rehn wollte sich zu Einzelheiten der künftigen Befugnisse des EFSF nicht äußern. "Daran arbeiten wir noch", sagte er und fügte hinzu: "Wir wollen Flexibilität und Effizienz des EFSF stärken." Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verlangte eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms.

Die Bundesregierung will die Fraktionen nach Angaben des Finanzministeriums so früh wie möglich über den Entwurf informieren, über den die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am Sonntag beraten wollen. Die Unionsfraktion plant für morgen eine Sondersitzung, um über die Pläne zu beraten. Auch die FDP-Fraktion erwägt eine Sondersitzung.

Rechnungshöfe wollen mitreden

Unterdessen meldet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ), dass die Rechnungshöfe der EU-Staaten die Finanzkontrolle über den geplanten Rettungsschirm ESM beanspruchen. In einem Papier für das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am kommenden Wochenende fordern die Rechnungshöfe demnach Parlamente und Regierungen auf, die Satzung des ESM um Vorschriften für eine "wirksame externe Finanzkontrolle" zu erweitern, wie das Blatt unter Berufung auf eine Stellungnahme der Rechnungskontrollbehörden berichtet.

Verbesserte Kontrollbestimmungen seien Grundvoraussetzung, um eine unabhängige und objektive Unterrichtung der Parlamente zu gewährleisten und "prüfungsfreie Räume" zu vermeiden. Initiator des Papiers sei der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels.