Niedrige Inflation in der Eurozone Staatsanleihen für Preisstabilität?

Stand: 02.01.2015 10:51 Uhr

Um auf die anhaltend niedrige Inflationsrate zu reagieren, bereitet die Europäische Zentralbank nach den Worten ihres Präsidenten Draghi verschiedene Maßnahmen vor. Der Kauf von Staatsanleihen könnte ein Werkzeug sein, so Draghi.

Die Europäische Zentralbank ist nach Darstellung ihres Chefs Mario Draghi bei der Wahrung der Preisstabilität stärker gefordert als noch vor einem halben Jahr. "Das Risiko, dass wir unser Mandat der Preisstabilität nicht erfüllen, ist jedenfalls höher als vor sechs Monaten", sagte der EZB-Präsident in einem Interview mit dem "Handelsblatt".

Die Inflationsrate habe seit Juli im Durchschnitt bei 0,3 Prozent gelegen. Das Risiko einer Deflation, also eines Verfalls von Preisen und Löhnen, sei "nicht ganz ausgeschlossen, aber es ist begrenzt", sagte Draghi. Wenn die Inflation aber lange zu niedrig bleibe, könnten "die Leute auf weiter sinkende Preise setzen und ihre Ausgaben einfach verschieben". So weit sei es noch nicht. "Aber wir müssen gegen dieses Risiko angehen." Die EZB sieht Preisstabilität gewährleistet, wenn sich die Teuerung knapp unter zwei Prozent bewegt.

Draghi erläuterte, der Kauf von Staatsanleihen sei eines der Werkzeuge, das die EZB zur Erfüllung ihres Mandats nutzen könne. Allerdings dürfe es nicht zur Staatsfinanzierung kommen. Der EZB-Chef forderte erneut Strukturreformen in Europa, insbesondere flexiblere Arbeitsmärkte, weniger Bürokratie und niedrigere Steuern. Hier komme man "deutlich zu langsam" voran. Alle Länder der Euro-Zone müssten mehr tun, auch Deutschland. Die Geldpolitik der EZB wäre viel wirksamer, würden die Regierungen Strukturreformen umsetzen.

CDU-Wirtschaftspolitiker: Kein Geld in Problemländer pumpen

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs warnte Draghi davor, mit Staatsanleihenkäufen der Notenbank weiteres Geld nach Griechenland und in andere Euro-Problemländer zu pumpen. Entscheide sich die Europäische Zentralbank (EZB) zu solchen Käufen, "dann geht der Druck wieder weg von diesen Ländern, Reformen zu machen", sagte des Vize-Fraktionschef der Union im Deutschlandfunk. "Und da wäre ich dankbar, wenn Herr Draghi in diese Richtung einige Äußerungen machen würde."

Fuchs äußerte die Einschätzung, dass es in den nächsten EZB-Sitzungen noch zu heftigen Debatten über mögliche Staatsanleihenkäufen kommen werde, vor denen Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt.

ZEW-Präsident: "Großes Unbehagen"

Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, warnte in diesem Zusammenhang vor einem Wiederaufflammen der Euro-Krise. Die Geldpolitik der EZB hält er für das falsche Mittel, um die finanzpolitische Krise in Mitgliedsländern zu lösen. "Mir bereitet großes Unbehagen, was von der EZB alles erwartet wird", sagte Fuest dem Nachrichtenmagazin "Focus".

"Kein Plan B zur Euro-Zone"

In einer Krise sieht Draghi die Eurozone aber nicht. Europa befinde sich eher in einer langwierigen Periode der Schwäche. Die Eurozone werde nicht auseinanderbrechen. "Es gibt deshalb auch keinen Plan B." Draghi äußerte Verständnis für Sorgen der Sparer, die sähen, dass die Erträge ihrer Einlagen schrumpften. Die Zinsen seien seit langem "sehr, sehr niedrig" - und das werde "wahrscheinlich noch eine Zeit so bleiben".

Politiker wolle er nicht sein, sagte Draghi zudem. Auf den Hinweis, dass sein Landsmann Giorgio Napolitano in Kürze als Präsident Italiens zurücktreten wolle sagte Draghi, sein Mandat als EZB-Chef dauere bis 2019.