Rettungsübernahmegesetz im Bundestag Steinbrück verteidigt Möglichkeit zur Verstaatlichung

Stand: 06.03.2009 15:35 Uhr

Bundesfinanzminister Steinbrück hat im Bundestag das Rettungsübernahmegesetz verteidigt, mit der er befristet die Möglichkeit zur Verstaatlichung von Banken schaffen will. Kritik kam von der Opposition und den Ländern.

Mit einem sogenannten Rettungsübernahmegesetz will sich die Bundesregierung befristet die Möglichkeit zur Verstaatlichung systemrelevanter Kreditinstitute schaffen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage, die ab April greifen und nur bis zum 30. Juni laufen soll, wurde erstmals von Bundestag und Bundesrat beraten. Betroffenen Anteilsinhabern soll über eine Entschädigung hinaus bei einer späteren Reprivatisierung das Recht auf den bevorzugten Aktienerwerb eingeräumt werden.

Gesetz auf den Fall HRE zugeschnitten

Das Gesetz ist weitgehend auf dem Fall der ums Überleben kämpfenden Hypo Real Estate (HRE) zugeschnitten. Der Münchner Immobilienfinanzierer wird derzeit mit 102 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt, davon kommen allein 87 Milliarden Euro vom Bund. Begründet wird dieses Engagement offiziell mit den starken Verflechtungen im weltweiten Finanzsystem, wodurch eine Insolvenz unabsehbare Folgen ähnlich wie beim Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September vergangenen Jahres nach sich ziehen würde.

"Instrumentenkasten gegen Schockwelle"

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnte im Bundestag davor, die Probleme kleinzureden. Die "Schockwellen" der internationalen Finanzkrise seien noch nicht vorbei. Daher stehe der Staat in der Pflicht, die Sicherheit der Finanzmärkte zu garantieren. Mit einer Kontrolle der HRE über eine gut 75prozentige Beteiligung sei die Restrukturierung des Bankhauses nicht schaffbar. Steinbrück rief den Gesetzgeber auf, ihm den notwendigen "Instrumentenkasten" zur Verfügung zu stellen.

Sozialismus - oder nicht?

Die Opposition im Bundestag lehnte das Rettungsübernahmegesetz ab. "Enteignung ist ein Instrument der sozialistischen Planwirtschaft und nicht der sozialen Marktwirtschaft", beklagte FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms. Das Vertrauen in die Eigentumsgarantie werde erschüttert. "Sie zerstören ein Grundrecht", sagte Solms.

Linksparteichef Oskar Lafontaine wies den Sozialismus-Vorwurf zurück: "Sozialismus ist nicht die Sozialisierung von Verlusten, das ist brutalster Kapitalismus." Er bemängelte, dass die Regierung die Öffentlichkeit nur unzureichend über die Risiken bei der Hypo Real Estate aufkläre. Schon deshalb halte seine Partei einen Untersuchungsausschuss zu dem Komplex für dringend geboten.

Verpasste Steinbrück Frist?

Der Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi wies darauf hin, dass die heute zum italienischen UniCredit-Konzern gehörende HypoVereinsbank bis zum 28. September 2008 für die HRE-Schulden hätte haften müssen. Doch habe der Finanzminister erst einen Tag nach Ablauf dieser Frist die erste Bürgschaft für die HRE abgezeichnet. Gysi sagte, wenn das Ministerium absichtlich den Fristablauf abgewartet habe, sei dies "strafrechtlich relevant" und habe dem Steuerzahler geschadet.

Trittin moniert Versäumnisse

Der Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin monierte mit Blick auf massive Probleme auch bei anderen Kreditinstituten, die jetzt vorgesehene Möglichkeit zu Enteignung und Verstaatlichung komme "viel zu spät". Schon im Dezember hätten alle Institute unter den Rettungsschirm gezwungen werden müssen. Trittin sagte, auf den Finanzmärkten brenne es, aber mit der Koalition stehe eine Feuerwehr bereit, die wasserscheu sei.

Länder sehen Entwurf kritisch

Kritik kam auch aus der Länderkammer. So äußerte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger Zweifel, ob das Instrument der Enteignung notwendig und richtig sei. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon forderte eine Klarstellung im Gesetzentwurf, wann eine Enteignung der Aktionäre notwendig werden solle und wer darüber entscheide. Steinbrück stellte indes erneut klar, hier gehe es um die letzte Möglichkeit, eine Enteignung bleibe die "Ultima Ratio".

Guttenberg bringt HRE-Insolvenz ins Spiel

Vor einer möglichen Enteignung der HRE-Aktionäre will Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auch eine Insolvenz der Immobilienbank prüfen. "Bevor es tatsächlich zum letzten Mittel einer Enteignung kommen sollte, halte ich es auch bei der HRE für geboten, alle Optionen geprüft zu haben", sagte er der "Wirtschaftswoche". Er fügte hinzu: "Hierzu könnten auch - falls möglich - besondere, auf den Finanzmarkt zugeschnittene Sonderregelungen in Anlehnung an die Insolvenz zu zählen sein."