Der Burj Khalifa (links), das höchste Gebäude der Welt, wird während eines Regenschauers von der Sonne angestrahlt.

Rekordbauten und Finanzkrisen Wolkenkratzer als schlechtes Omen

Stand: 03.01.2020 10:49 Uhr

Der Wettlauf zum Himmel ist in vollem Gange. Zehn Jahre nach der Einweihung des Burj Khalifa entstehen in Saudi-Arabien und Dubai neue Rekord-Wolkenkratzer. Ökonomen sehen darin ein böses Omen.

Von Angela Göpfert, boerse.ARD.de

Vor zehn Jahren, am 4. Januar 2010, wurde der Burj Khalifa in Dubai eingeweiht – bis heute ist er mit 828 Metern das höchste Gebäude der Welt. Doch die nächsten Rekordjäger sind schon auf dem Weg in den Himmel: Der Dubai Creek Tower mit 928 Metern soll noch 2020 zur Expo in Dubai fertig werden, der Jeddah Tower mit 1.007 Metern im saudischen Dschidda dann 2021.

Was Architekten und Wolkenkratzer-Fans ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, lässt einige Ökonomen jedoch vor Schreck zusammenzucken. Denn sie wissen um den Zusammenhang von Wolkenkratzern und Finanzkrisen.

Der etwas andere Finanzkrisen-Indikator

Vor 20 Jahren entwickelte Andrew Lawrence, damals wissenschaftlicher Direktor der britischen Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, den so genannten Skyscraper-Index.

Lawrence fand heraus, dass Rekord-Wolkenkratzer immer auf dem Höhepunkt eines Konjunkturzyklus errichtet werden. Damit sind sie ein hervorragender Indikator für den folgenden wirtschaftlichen Niedergang.

Warum zu viel Optimismus nicht gut ist

Doch woher rührt dieser Zusammenhang? Für den Ökonomen Gunter Löffler von der Universität Ulm ist die Sache klar: Laut seinem Paper "Tower Building and Stock Market Returns" sind beide Phänomene – Finanzkrisen einerseits, Rekordbauten andererseits – Folge eines zu großen Optimismus und damit einer zu hohen Risikobereitschaft.

Wenn das Vertrauen in die Zukunft überbordend ist, fällt einerseits die Finanzierung von Giga-Projekten wegen der niedrigeren Risikoaversion der Anleger und Banker wesentlich leichter.

Andererseits ist ein zu hoher Optimismus an der Börse stets ein Warnsignal, ein Kontraindikator, der auf einen bevorstehenden Abschwung hindeutet. Nicht umsonst rät die Börsenlegende Warren Buffett: "Sei ängstlich, wenn andere gierig sind."

Wolkenkratzer und Weltwirtschaftskrise – das passt

Beispiele gefällig? Die Wirtschaftsgeschichte ist voll davon. Tatsächlich kam keine der großen Finanz- und Wirtschaftskrisen des 20. und 21. Jahrhunderts ohne neuen Rekord-Wolkenkratzer daher.

So fiel der Bau des Empire State Building 1930 bis 1931 – bis zur Fertigstellung des World Trade Center das höchste Gebäude der Welt – zeitlich mit der "Großen Depression" in den USA und der Weltwirtschaftkrise zusammen.

Als Bretton Woods zerbrach und die Dotcom-Blase platzte

1970/1971 wurden der Nord- und Südturm des World Trade Center in New York City vollendet. Die Zwillingstürme waren damals mit einer Höhe von 417 und 415 Metern die höchsten Gebäude der Welt.

Auch dieses Mal sollte sich der neue Wolkenkratzer-Rekord als schlechtes Omen für die Wirtschaft erweisen: In den 1970er Jahren kam es zur ersten Ölkrise, die Wirtschaft schlitterte in die Stagflation. Zudem zerbrach das System fester Wechselkurse von Bretton Woods.

1997 kündigten die Petronas Towers in Kuala Lumpur die Asienkrise an und im Jahr 2000 das Taipei 101 in Taiwan das Platzen der Dotcom-Blase. Der Bau für den Burj Khalifa in Dubai schließlich begann 2007 – und damit kurz vor Ausbruch der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression.

Wer hat Angst vorm Jeddah Tower?

So skurril der Wolkenkratzer-Index daher auf den ersten Blick auch anmuten mag: Führt man sich die vielen historischen Beispiele vor Augen, so kann man die neuen Rekord-Wolkenkratzer, die zurzeit in Dubai und Saudi-Arabien entstehen, nur mit Sorge betrachten.