Schnelles Aus für die Steinkohle? EU-Plan entzweit Kanzlerin und Wirtschaftsminister

Stand: 21.07.2010 17:22 Uhr

Die Pläne der EU-Kommission, unrentable Steinkohlebergwerke spätestens 2014 zu schließen, entzweien auch die Bundesregierung. Kanzlerin Merkel reagierte mit Unverständnis, ihr Wirtschaftsminister dagegen lobte Brüssel. Hier könnten Subventionen gespart werden, sagte Brüderle.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will ein vorgezogenes Aus für den Kohlebergbau verhindern und geht damit auf Distanz zu Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Die CDU-Vorsitzende machte deutlich, dass sie das von der EU-Kommission schon ab 2014 geplante Verbot für Steinkohle-Subventionen ablehnt. "Also begeistert bin ich nicht, um es vorsichtig zu sagen", kommentierte sie die Ankündigung aus Brüssel.

Brüderle dagegen lobte das Vorgehen der EU: "Es ist eine Richtung, die ökologisch und ökonomisch aus meiner Sicht durchaus vernünftig ist", sagte er in der ARD. Hier könne gespart werden.

Vor drei Jahren hatten sich Bund und Länder nach langem Ringen auf deutsche Zechen-Hilfen bis 2018 verständigt. Der Beschluss der EU-Kommission hatte bereits gestern Proteste aus der Politik sowie von Arbeitgebern und Gewerkschaften der Branche ausgelöst.

Kritik am Vorgehen der Kommission

Die EU-Mitgliedsstaaten müssen dem Plan der Kommission allerdings noch zustimmen. Im Parlament muss er ebenfalls diskutiert werden. "Ich finde, es wäre kein Fehler gewesen, man hätte mit den Mitgliedsstaaten vielleicht noch einmal ein Wort gesprochen", sagte Merkel. Sie werde nun sowohl mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger als auch mit Brüderle reden.

Mit den Subventionen wird die Differenz zwischen der teuren deutschen Förderung und dem Weltmarktpreis für Steinkohle ausgeglichen. Ohne die Hilfen wäre - anders als etwa in Polen - keine deutsche Zeche überlebensfähig.

Gabriel macht Regierung Vorwürfe

Die EU-Pläne lösten auch bei der SPD Proteste aus. Parteichef Sigmar Gabriel sprach von einem Skandal. Die Regierung habe im Vorfeld nicht versucht, Einfluss auf die EU-Kommission auszuüben. Der deutsche Kommissar Oettinger habe sich für das Jahr 2014 ausgesprochen statt die Interessen der heimischen Steinkohle zu vertreten, sagte er den Zeitungen der "WAZ"-Mediengruppe.

Zwei Milliarden jährlich für die Steinkohle

Deutschland unterstützte die Steinkohle noch mit zuletzt jährlich rund zwei Milliarden Euro. Zwischen 1997 und 2006 brachte der Bund dafür allein fast 30 Milliarden und Nordrhein-Westfalen weitere fast fünf Milliarden Euro auf. Bis 2018 wird zusätzlich mit gut zehn Milliarden Euro gerechnet.