EU-Finanzminister beraten über Bankenabwicklung Wer zahlt künftig für Bankenpleiten?

Stand: 15.11.2013 02:46 Uhr

Seit Langem ringt die EU um eine Bankenunion. In Brüssel beraten die Finanzminister dafür erneut über ein gemeinsames System zur Schließung oder Sanierung maroder Banken. Doch von einer Einigung sind sie noch weit entfernt.

Noch sind viele Details der Bankenunion umstritten. Aktuell geht es bei den EU-Finanzministern vor allem um den geplanten Abwicklungsmechanismus für Banken. Konkret: Wer entscheidet, wenn eine Bank abgewickelt werden muss? Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Die Bundesregierung hält das für rechtlich nicht machbar, weil es die EU-Verträge nicht zulassen. Stattdessen müssten am Ende die Mitgliedsstaaten entscheiden, wie eine Bank aufgelöst wird und wer dafür zahlen muss.

W. Landmesser, WDR Brüssel, 14.11.2013 22:36 Uhr

Über die grundsätzlichen Haftungsregeln bei einer Bankenabwicklung verhandeln die Mitgliedsstaaten derzeit mit dem Europäischen Parlament. Im Prinzip geht es darum, wie stark die Gläubiger einer Bank zur Kasse gebeten werden, bevor am Ende der Europäische Rettungsfonds einspringt - und damit wieder die Steuerzahler.

Umstritten bleibt die so genannte direkte Bankenrekapitalisierung - also Kapitalspritzen aus dem Rettungsfonds an eine Bank, ohne Umweg über den jeweiligen Staat. Deutschland spielt dabei auf Zeit: "Für eine direkte Rekapitalisierung muss der Bundestag erst ein Gesetz beschließen", sagt Wolfgang Schäuble. Und darauf müsse sich die Koalition erst noch einigen, so der Bundesfinanzminister.

Die Banken in der EU sollen endlich stabil werden. Dazu will die EU die Verbindung zu den Staaten kappen, damit Bankenpleiten keine Staatspleiten auslösen können.

EZB soll über die Banken der Eurozone wachen

Ab kommendem Herbst wird die Europäische Zentralbank (EZB) über die 130 größten Banken in der Eurozone wachen. Und soll rechtzeitig eingreifen, wenn in den Bilanzen was schief läuft. Im Oktober gaben die Finanzminister den Startschuss - zur Freude von EZB-Direktor Jörg Asmussen: "Jetzt können wir richtig loslegen. Wir sind gut vorbereitet. Jetzt können wir mit den praktischen Dingen anfangen - wie zum Beispiel Aufseher einzustellen, Gebäude anzumieten, den kommenden Stresstest anzugehen."

Bevor die Aufseher in Frankfurt mit ihrem Job anfangen, will die Europäische Zentralbank die Bankbilanzen auf Risiken durchleuchten. Mit einer genauen Prüfung der Zahlen und dem Bankenstresstest.

Die Bankaufseher wollen durchspielen, ob eine Bank weitere Finanzschocks überleben würde. "Die EZB will für einen reinen Tisch sorgen", sagt Bundesbankpräsident Jens Weidmann: "Das Ziel ist, dass am Ende dieser Übung durch die höhere Transparenz Vertrauen in die Qualität der europäischen Bankbilanzen gestärkt wird."

Aber je nachdem, wie streng der Stresstest ist, brauchen die Banken viel frisches Geld. Oder könnten ganz vor dem Aus stehen. Die Finanzminister wollen jetzt festlegen, wer dann zur Kasse gebeten wird. Zuerst sollen die Banken versuchen, das fehlende Kapital an den Märkten aufzunehmen. Wenn das nicht klappt, müssen die jeweiligen Länder gerade stehen. Und am Ende vielleicht auch der Europäische Rettungsfonds - also wieder alle Steuerzahler. Daneben sollen "Wackelbanken" Kapitalspritzen direkt aus dem Rettungsfonds erhalten. Den südlichen Euroländern schmeckt die Idee.

Wer entscheidet über Bankenabwicklungen?

Wer entscheidet in der EU, ob und wie eine Bank den Bach runter geht? Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den Job der Bankenabwicklung zu übernehmen. Frankreich und andere Länder sind damit einverstanden. Deutschland hat grundsätzliche rechtliche Bedenken. Denn schließlich würde die Behörde im Zweifel über die Steuergelder der betroffenen Mitgliedsländer entscheiden.

Stattdessen sollen am Ende die EU-Staaten ja oder nein zu einer Bankenschließung sagen. Bis Ende des Jahres soll die Einigung über den Abwicklungsmechanismus stehen. Dann geht es noch in die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament.

Die Europaabgeordneten haben auch mitzureden, wenn es darum geht, wie stark die Gläubiger im Pleitefall zur Kasse gebeten werden. Das wird entscheidend dafür sein, welches Restrisiko die Steuerzahler tragen, wenn die Bankenunion komplett angerichtet ist.