Schnelle oder gründliche Lösung? EU uneins über Tempo bei Bankenaufsicht

Stand: 18.10.2012 17:19 Uhr

Kanzlerin Merkel hat vor dem EU-Gipfel klargestellt, dass sie sich beim Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht nicht unter Druck setzen lassen will. "Das wird kein Rat sein, auf dem wir schon Entscheidungen treffen", sagte sie. Doch andere EU-Länder mahnen zur Eile.

Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel

Es war das wichtigste Ergebnis des letzten Krisen-Gipfels der europäischen Staats- und Regierungschefs im Juni: Bevor strauchelnde Banken direkt Geld aus dem neuen Rettungstopf ESM bekommen, sollte möglichst zügig eine europäische Bankenaufsicht eingerichtet werden.

So würde endlich eine wichtige Lücke im Euro-System geschlossen, meint EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: "Die Krise hat gezeigt, dass während sich die Banken grenzüberschreitend organisiert haben, die Aufsicht nationale Angelegenheit geblieben ist. Wenn die Dinge schief liefen, mussten die Steuerzahler die Rechnung begleichen."

Eine Aufsicht für alle Banken

Vor einem Monat, Mitte September, legte die EU-Kommission die Gesetzesvorschläge zur Bankenaufsicht vor. Es soll der erste wichtige Schritt zu einer Bankenunion werden. Nicht nur die großen systemrelevanten Geldinstitute sollen unter Kontrolle gestellt werden, sondern auch alle Sparkassen und Volksbanken, in Spanien wie in Deutschland. "Es wird eine Aufsicht über alle Banken in der Eurozone sein", so Barroso.

Cai Rienäcker, C. Rienäcker, SWR Brüssel, 18.10.2012 17:29 Uhr

Das Kontrollzentrum sitzt in Frankfurt unter dem Dach der Europäischen Zentralbank. Neben der Geldmarktstabilität soll sich die EZB schon ab dem kommenden Jahreswechsel um die europäische Bankenaufsicht kümmern. Bis dahin soll das entsprechende Gesetzesverfahren abgeschlossen sein, wie es in einem Entwurf zur Abschlusserklärung des jetzigen EU-Gipfels heißt.

Zeitlich kaum zu schaffen

Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier relativiert: "Ab 1. Januar wird man nicht von Frankfurt aus im Detail alle europäischen Banken überwachen können. Was wir wollen ist, dass die europäische Bankenaufsicht ab dem 1. Januar Details einsehen kann bei einer Bank, die besondere Probleme machen könnte."

Doch auch dafür bleiben jetzt nur noch gut zwei Monate. Und es gibt noch einen Haufen praktischer und rechtlicher Probleme. Realistischerweise geht es deshalb nur noch darum, die Grundsatzentscheidung über die Einrichtung der Bankenaufsicht beim Dezember-Gipfel der Staats- und Regierungschefs zu treffen.

Krisenstaaten hoffen auf schnelle Lösung

Mit einer Art Willenserklärung könnte die Bankenaufsicht dann zum 1. Januar an den Start gehen. Vor allem Spanien und Italien erhoffen sich dadurch grünes Licht für ihr eigentliches Anliegen: Kriselnde Banken direkt mit Kapital aus dem ESM zu versorgen. Dann wären diese Rettungsmilliarden raus aus den nationalen Schuldenstatistiken.

Deutschland will mehr Zeit

Neben Finnland und den Niederlanden drückt vor aber allem die Bundesregierung auf die Bremse, so auch der Außenamts-Staatsminister Michael Link diese Woche bei einem Vorbereitungstreffen zum EU-Gipfel: "Gewünschte Daten, wie wir sie von einigen EU-Partnern hören, wie 1. Januar, halten wir nicht für machbar. Nicht weil wir es nicht wollen, sondern weil es einfach technisch, wir sind Mitte Oktober, auch längere Zeit braucht, das zu schaffen. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit."

In deutschen Delegationskreisen wird auf eine klare Beschlusslage vom Juni-Gipfel verwiesen: Erst müsse eine Bankenaufsicht wirksam aufgebaut sein. Dann erst könne man über direkte Hilfen an bedrohte Banken aus dem Rettungsfonds sprechen. Das Startdatum für die Bankenaufsicht könnte damit zu einem richtigen Zankapfel des EU-Gipfels werden.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 18.Oktober 2012 um 17:19 Uhr bei Deutschlandradio Kultur