Viele Hersteller mit Absatzproblemen Ein Riss geht durch Europas Autoindustrie

Stand: 07.03.2013 11:12 Uhr

Europas Autobranche driftet auseinander: Konzerne, die nur den heimischen Markt im Blick haben, spüren massiv die Folgen der Rezession. Dagegen feiern Unternehmen wie VW, BMW oder Daimler Rekordgewinne, weil sie vor allem auf China setzen. Zugleich drängen die Chinesen nach Europa.

Von Hans-Jürgen Maurus, Zürich

Von Hans-Jürgen Maurus, ARD-Hörfunkstudio Zürich, zurzeit in Genf

Glanz und Gloria, atemberaubende Flitzer, Luxusschlitten oder Hochleistungskombis: Auf dem 83. Genfer Autosalon feiert sich die Industrie einmal mehr, doch hinter den Kulissen sieht es anders aus. Die Euro-Staatsschuldenkrise lässt die europäischen Hersteller auseinanderdriften.

Einerseits feiern Konzerne wie VW, Audi, BMW oder Daimler Rekordgewinne, andererseits kämpfen Opel, Ford, Peugeot oder Fiat mit dramatischen Verlusten.

Hans-Jürgen Maurus, H. Maurus, ARD Zürich zzt. Genf, 07.03.2013 02:09 Uhr

Zwischen Milliardeninvestitionen und Werksschließungen

Während die deutschen Spitzenunternehmen Milliardeninvestitionen ankündigen, reden Franzosen, GM oder Ford über Werksschließungen - oder sie haben sie bereits eingeleitet. Die Autobranche werde eine Zweiklassengesellschaft, meint Autoexperte Ferdinand Dudenhöfer von der Universität Duisburg-Essen: "Die Industrie in Europa driftet stark auseinander."

Die Unternehmen, die ihre Autos überwiegend in Europa verkaufen, hätte wegen der Rezession in Südeuropa große Probleme. "und deshalb sind alle, die außerhalb Europas aktiv sind - etwa die deutschen Premiumhersteller, aber auch VW - besser aufgestellt. In Europa sitzt man in der Klemme."

Eine ganz ähnliche Einschätzung nimmt Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche vor: "Hersteller, die im wesentlichen auf den europäischen Markt mit ihrem Absatz beschränkt sind, haben dafür keine Ausgleichsmöglichkeiten. Wir sind jedoch in allen wichtigen Märkten der Welt erfolgreich."

BMW: "Risiken zahlen sich aus"

Der Vorstandschef des BMW-Konzern, Norbert Reithofer sieht sich vor allem darin bestätigt, dass man rechtzeitig die richtige Strategie gewählt hat: "Wir sind in der Vergangenheit unternehmerische Risiken eingegangen. Zum Beispiel haben wir im vergangenen Jahr unser zweites Werk in China eingeweiht." Zudem habe BMW bereits 2007 entschieden, seine Kapazitäten im Werk Spartanburg in den USA zu verdoppeln. "Das waren Managemententscheidungen, die uns in der jetzigen Situation, in der sich Europa befindet, helfen."

Doch was bedeutet es, wenn die Hersteller immer stärker vom chinesischen Markt abhängen? Auch die chinesischen Automobilproduzenten drängen immer stärker in die globalen Märkte. Qoros zeigt in Genf seine ersten Fahrzeuge, die in Europa den Markt aufmischen sollen. Doch die Lage auf dem alten Kontinent sei dramatisch, so Experte Dudenhöfer: "Normal werden 15 Millionen Fahrzeuge in Europa verkauft, derzeit kommen wir auf 11,5 Millionen. Es fehlen dreieinhalb Millionen Fahrzeuge - das sind zehn Autowerke, die derzeit stillstehen, weil sie nicht gebraucht werden."

Pessimistische Franzosen

Gerade die französischen Autobosse waren in Genf besonders pessimistisch. Peugeot-Chef Philippe Varin erklärte, man solle sich nicht auf die Erholung und Wachstum in Europa verlassen. Und Renault-Chef Carlos Ghosn rechnet mit keiner Besserung auf dem europäischen Automarkt. Es gehe letztlich nur um die Frage, ob sich der Markt schlecht oder sehr schlecht entwickle, so der Topmanager.