Konzern ist zahlungsunfähig Was bedeutet die Arcandor-Insolvenz?

Stand: 09.06.2009 23:52 Uhr

Was bedeutet der Insolvenzantrag der Arcandor AG für die Konzerntöchter? Und was wird aus Garantieansprüchen, Umtausch, Anzahlungen und Gutscheinen? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Karstadt, Quelle, Thomas Cook und Co.

Arcandor hat einen Insolvenzantrag gestellt. Was bedeutet das für die Konzerntöchter? Und was wird aus Garantieansprüchen, Umtausch, Anzahlungen und Gutscheinen? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Karstadt, Quelle, Thomas Cook und Co.

Was bedeutet das für die Angestellten?

Der neue Generalbevollmächtigte des Konzerns, Horst Piepenburg, sieht die Beschäftigten zumindest in den kommenden Monaten nicht betroffen: Mit der nach dem Insolvenzantrag anstehenden Zahlung von Insolvenzgeld in Höhe von 250 Millionen Euro seien die Gehälter für die Beschäftigten bis August gesichert. Dieses Geld wird von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt. Konzernchef Karl-Gerhard Eick erklärte, auch danach sollten so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten bleiben. Dennoch wird es mit ziemlicher Sicherheit zu Jobstreichungen kommen. Laut Insolvenzrechtler Hans Haarmeyer sind von dem Insolvenzantrag 43.000 Beschäftigte betroffen. Er sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, "im Optimalfall könnten etwa 33.000 Arbeitsplätze gerettet werden".

Was bedeutet das für Karstadt...?

Arcandor-Chef Eick betont, dass trotz des Insolvenzantrags alle Filialen weiter geöffnet bleiben sollen. Es werde nicht passieren, dass Kunden vor verschlossenen Türen oder herunter gelassenen Rolläden stehen werden. Ob das auch längerfristig gilt, ist aber noch unklar. Der Konkurrent Metro, der die Kaufhof-Märkte betreibt, hatte bereits sein Interesse an 60 der etwa 90 Karstadt-Häuser angemeldet, die er mit seinen Galeria-Kaufhof-Filialen zur "Deutschen Warenhaus AG" verschmelzen will. Die Verhandlungen darüber waren aber bisher nicht erfolgreich. Sie könnten nach Einschätzungen vieler Experten nun einfacher werden. "Da dürfte nun relativ schnell eine Grundsatzentscheidung zu Papier gebracht werden", schätzt auch Haarmeyer.

...und seine Kunden?

Nach Arcandor-Auskunft soll sich für die Kunden zunächst nichts ändern. Die Garantie- und Gewährleistungsansprüche sollen auch weiterhin aufrecht erhalten werden, verspricht Arcandor. Was damit passiert, wenn die Unternehmen dicht gemacht werden sollten, ist allerdings ungewiss. Das gilt vor allem für die gesetzlich garantierte Gewährleistungspflicht: Diese gilt gegenüber dem Händler und erlischt, wenn es ihn nicht mehr gibt. Die Chance, Ansprüche beim Insolvenzverwalter geltend machen, ist so gut wie ausgeschlossen. Rein theoretisch könnte auch nach einer Übernahme der Rechtsnachfolger, also beispielsweise Kaufhof, der neue Ansprechpartner für alte Kundenansprüche sein. Nicht betroffen von einer Pleite ist die Garantie der Hersteller, die teils Jahre über die Gewährleistung hinaus gilt.

Auch der Umtausch soll weiterhin möglich sein. Wer noch Ware zurückbringen oder -schicken will, könne sich auf sein Rückgaberecht verlassen, verspricht Arcandor. Wer Ware angezahlt hat, kann sich laut Arcandor darauf verlassen, dass sein Geld bei der Schlusszahlung auch angerechnet wird. Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg empfiehlt allerdings, sich rechtzeitig zu kümmern. Je nach Entwicklung könnten Kunden schlimmstenfalls Pech haben und von den Ereignissen überrollt werden. Dann geht die Anzahlung für die Stereoanlage womöglich in die Insolvenzmasse über. Auch bezahlte Gutscheine sollten schnellstmöglich eingelöst werden.

Was bedeutet das für Quelle und seine Kunden?

Insolvenzexperte Haarmeyer sieht für das Versandhaus Quelle gute Chancen: "Quelle ist im Kern gesund, hier wird sicher ein guter Partner gefunden werden." Andere Experten sehen das weniger optimistisch. Für sie kämpft das Fürther Traditionsunternehmen noch immer mit der Umstellung vom Katalog- zum Internetanbieter und gilt eher als Sanierungsfall. Die Sparte Primondo, zu der auch Quelle gehört, erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr 76,5 Millionen Euro Verluste. Denkbar wäre, dass die Sparte eigenständig fortgeführt wird. Auch ein Verkauf wäre möglich. Interesse hat bereits Konkurrent Otto gezeigt. Einige Spezialversender wie Baby Walz oder hessnatur sowie der Homeshopping-Sender HSE 24 sind nicht von der Insolvenz betroffen.

Für die Quelle-Kunden macht Arcandor ähnliche Zusagen wie für Karstadt-Kunden (siehe oben): Bestehende Garantien für Waren würden weiter erfüllt, auch das Rückgaberecht für Produkte gelte unverändert. Auch sämtliche Bestellungen im Versandhandel wie bei Quelle würden weiter normal ausgeführt.

Was bedeutet das für Thomas Cook und seine Kunden?

Arcandor hat für seine Reisetochter Thomas Cook kein Insolvenzverfahren beantragt. Der Konzern hält an Thomas Cook zwar rund 52 Prozent der Anteile, der Geschäftsbetrieb läuft aber unabhängig davon - wie Arcandor und Thomas Cook mehrfach betonten. Die Anteile sind bei Banken als Sicherheiten für Kredite verpfändet; die Banken könnten diese Anteile also verkaufen. Das ist momentan aber eher unwahrscheinlich, da sie aufgrund der Marktlage vermutlich keinen guten Preis erzielen würden. Thomas Cook trägt fast 60 Prozent zum Arcandor-Konzernumsatz und annähernd 90 Prozent zum operativen Ergebnis bei. Zu dem Reiseveranstalter zählen Marken wie "Neckermann Reisen", "Bucher Last Minute", "Condor" oder "Sunset Holidays".

Die Arcandor-Pleite hat für Kunden des Reiseveranstalters also keine Folgen. Die Quelle-Tochter Reise-Quelle vermittelt lediglich Reisen anderer Anbieter, auch hier sind keine Auswirkungen für Verbraucher zu erwarten.

Was bedeutet das für KarstadtQuelle-Versicherung und -Bank?

Gar nichts. Auf Kunden der KarstadtQuelle-Versicherungen hat die Insolvenz von Arcandor keine Auswirkungen. Das Unternehmen ist seit Ende 2008 vollständig im Besitz der Ergo-Gruppe, eine Verbindung mit Arcandor besteht nur noch über den Namen. Auch die KarstadtQuelle Bank ist ein völlig eigenständiges Unternehmen und gehört nicht mehr zum Arcandor-Konzern.

Zusammengestellt von Ralph Sartor, tagesschau.de