Mutterkonzern Arcandor stellt Kreditantrag Karstadt bittet erneut um Staatshilfe

Stand: 05.06.2009 16:46 Uhr

Nach seinem Antrag auf Hilfe aus dem Deutschlandsfonds ist Arcandor abermals beim Staat vorstellig geworden. Der Handelskonzern stellte beim Wirtschafts- und Finanzministerium einen Antrag auf Rettungsbeihilfe über 437 Millionen Euro. Ein Spitzentreffen in Berlin endete ergebnislos.

Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor hat einen weiteren Anlauf unternommen, staatliche Finanzhilfe zu bekommen. Das Unternehmen beantragte bei der Bundesregierung eine Rettungsbeihilfe in Höhe von 437 Millionen Euro. Der beim Bundesfinanzministerium und beim Bundeswirtschaftsministerium beantragte Kredit solle eine Laufzeit über sechs Monate haben, teilte das Unternehmen mit. Dies verschaffe Arcandor für diesen Zeitraum die für den Geschäftsbetrieb erforderliche Liquidität.

Eine Rettungsbeihilfe muss von der EU-Kommission genehmigt werden und ist an strenge Auflagen geknüpft. Arcandor hatte bereits einen Antrag auf eine Sonder-Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds gestellt. In der Bundesregierung gibt es aber große Zweifel, ob die Bedingungen dafür erfüllt sind. Auch die EU betonte, der Konzern sei bereits vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen - und nur Unternehmen, die nach diesem Stichtag Probleme bekamen, gelten als Opfer der Wirtschaftskrise. Und das ist Voraussetzung für Hilfen aus dem Deutschlandsfonds.

Krisentreffen im Wirtschaftsministerium ohne Ergebnis

Ein Krisentreffen im Wirtschaftsministerium ging ohne Entscheidung zu Ende. Es werde permanent auch über das Wochenende weiterberaten, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba nach dem rund zweistündigen Gespräch. "Es sind alle bereit, zu einem Konzept beizutragen", betonte er. Es seien verschiedene Lösungsansätze besprochen worden. Dazu gehöre ein mögliches Zusammengehen mit Metro oder auch ein Alleingang von Arcandor. Die Eigentümer seien bereit, einen Beitrag zu leisten, sagte Otremba, ohne Details zu nennen. Getroffen hatten sich Vertreter des Arcandor-Konzerns, ihre Gläubiger, Banken, Vertreter des Metro-Konzerns sowie Spitzenbeamte der Bundesregierung.

Die Bundesregierung favorisiert weiter eine privatwirtschaftliche Lösung. Sie erwartet ein stärkeres Engagement der Arcandor-Eigentümer wie der Familie Schickedanz und der Privatbank Sal. Oppenheim. Beide zusammen halten etwa 60 Prozent der Anteile.

Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick drängte auf eine schnelle Genehmigung des neuen Antrags. "Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg und Bundesaußenminister Steinmeier haben uns in persönlichen Gesprächen die Hand gereicht und uns diese Lösung empfohlen", betonte der Manager. Der Konzern vertraue nun darauf, dass die Bundesregierung die von ihr vorgeschlagenen Lösung schnell entscheide und umsetze.

Wie das "Handelsblatt" meldet, ist die Lage bei Arcandor deutlich kritischer als bislang angenommen. Ein Gutachten, das die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse-Coopers (PwC) im Auftrag der Bundesregierung angefertigt hätten, bescheinige dem ehemals unter KarstadtQuelle firmierenden Unternehmen nur noch geringe Überlebensfähigkeit.

Anders als am Mittwoch von Arcandor-Finanzvorstand Rüdiger Günther dargestellt, besitze Arcandor offenbar keineswegs mehr ein Eigenkapital von rund 1,2 Milliarden Euro. Denn seit dem vergangenen Konzernabschluss im September 2008 habe sich der Bestand laut PwC-Gutachten auf 177 Millionen Euro reduziert. Dem Konzern droht dem Bericht zufolge damit neben der Zahlungsunfähigkeit auch die Überschuldung, sollte der Konsortialkredit bis zum 12. Juni nicht wunschgemäß verlängert werden.

Anderes Gutachten, anderes Fazit

Dagegen berichtet die Tageszeitung "Die Welt", ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bezeichne Arcandor als "sanierungsfähig". Das vorgelegte Konzept sei "schlüssig und nachvollziehbar", zitiert die "Welt" aus dem Gutachten. Voraussetzung für eine dauerhafte Sanierung seien laut KPMG beispielsweise "Beiträge Dritter", also vor allem der Verzicht von Lieferanten oder Vermietern auf Teile von Zahlungen. Auch Projekte wie der Verkauf der drei Premium-Warenhäuser KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger innerhalb von drei Jahren seien notwendig.

Ungeachtet dessen rückt eine Fusion der beiden großen deutschen Warenhausketten Karstadt und Kaufhof näher. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick und Metro-Chef Eckard Cordes vereinbarten ein Spitzengespräch, dass bereits in der kommenden Woche stattfinden soll. Zuvor hatte Metro sein Angebot für Karstadt präzisiert und ist nun bereit, 60 von 90 Filialen zu übernehmen.