Mehdorn wird Nachfolger Hunolds Führungswechsel bei Air Berlin

Stand: 18.08.2011 11:10 Uhr

Zuerst verkündete Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin ein drastisches Sparprogramm - dann kam der echte Knaller: Vorstandschef und Gründer Hunold legt sein Amt zum 1. September nieder. Sein Interimsnachfolger wird der frühere Bahnchef Mehdorn.

Air-Berlin-Chef Joachim Hunold legt sein Amt nieder. Sein Interimsnachfolger wird der frühere Bahn-Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn. Dieser war im Mai 2009 unter öffentlichem Druck wegen der Bahn-Datenaffäre zurückgetreten.

Der 69-jährige Mehdorn gehört bereits dem Verwaltungsrat von Air Berlin an, ohne bisher operative Aufgaben zu haben. Auf eine solche Rolle wird sich der 61-jährige Hunold nun zurückziehen. Beide Manager verbindet eine lange Freundschaft.

Hunold tritt zum 1. September zurück. Er hatte Air Berlin 1991 gegründet und in den Folgejahren zur zweitgrößten Fluggesellschaft aufgebaut. 2006 brachte er die Fluggesellschaft an die Börse und hält nun nur noch einen kleinen Anteil.

Hunold nennt unter anderem Luftverkehrssteuer als Grund

Hunold sagte, er habe für sich entschieden, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel an der Air-Berlin-Spitze gekommen sei.

Als Gründe für seinen Rücktritt nannte er höhere Belastungen durch die Luftverkehrssteuer, hohe Kerosinpreise sowie die Auswirkungen der Unruhen in Nordafrika auf das wichtige Ägypten-Geschäft. Ein Nachfolger könne den eingeleiteten Sparkurs jetzt unbelastet fortsetzen.

Hunold verteidigte den Kurs des Unternehmens jedoch gegen Kritik. Das Mischmodell, bei dem Kunden sowohl bei Urlaubern als auch bei Geschäftsreisenden gewonnen werden sollen, sei richtig. Wären nicht Mehrkosten bei Kerosin und durch die Luftverkehrssteuer hinzugekommen, hätte Air Berlin das Betriebsergebnis im zweiten Quartal verglichen mit der Vorjahresperiode um 111 Millionen Euro verbessert.

Mehdorn: "Es muss eine Menge passieren"

Mehdorn sieht das Unternehmen nach eigenen Worten vor einer schwierigen Aufgabe: "Da muss eine Menge passieren, um wieder profitabel zu werden", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Genaues zu seinen Plänen könne er aber erst in einigen Wochen sagen. Mehdorn zollte Hunold Respekt. Es sei "eine große Entscheidung", dass ein Firmengründer seine Arbeit in andere Hände gebe: "Das muss man hoch honorieren."

Wie lange er im Amt bleiben werde, sei noch unklar, sagte Mehdorn weiter. "Das wird nicht über Nacht gehen", prognostizierte er. Mehdorn betonte, er übernehme den Posten nicht, um sein Image aufzupolieren. Er sei mit seiner Bilanz sehr zufrieden: "Ich habe die Bahn verlassen mit dem besten Gewinn, dem besten Ergebnis aller Zeiten, den meisten Fahrgästen aller Zeiten, mit der größten Fracht, mit einem abgeschlossenen Sanierungsprozess."

Mehdorn sagte, man mache sich natürlich auch Feinde, wenn man lange Zeit ein so großes Unternehmen führe. Die Kritik an seiner Arbeit habe ihn aber noch nie angefochten: "Ich gehöre zu den kleinen Dicken, die was aushalten."

Kapazität soll um eine Million Sitze verringert werden

Zuvor hatte Air Berlin nach einem schwachen zweiten Quartal ein drastisches Sparprogramm angekündigt, um wieder Gewinn zu machen. Der Verlust war auf 32 Millionen von 28 Millionen Euro ein Jahr zuvor gestiegen. In diesem Jahr werde Air Berlin nicht um einen operativen Verlust herumkommen, sagte der Hunold.

Die Kapazität soll nun im zweiten Halbjahr 2011 um mehr als eine Million Sitze verringert werden. Damit verbunden sei die Reduzierung der Flotte um acht Flugzeuge. Weiter sehe das Programm die Streichung unrentabler Strecken wie Frankfurt-Hamburg und Stuttgart-Sankt Petersburg, den teilweisen Rückzug von Regionalflughäfen wie Münster/Osnabrück, Köln/Bonn oder Paderborn, den kompletten Rückzug vom Flughafen Erfurt vor. Stattdessen wolle man sich auf die Drehkreuze Berlin, Düsseldorf, Palma de Mallorca und Wien konzentrieren.

Lufthansa sieht Konkurrenzdruck im Europageschäft

Lufthansa-Chef Christoph Franz sieht die Streckenstreichungen bei Air Berlin als Ausdruck des harten Konkurrenzdrucks auf dem europäischen Markt. Auch die Lufthansa sei im Europageschäft weit von einem ausgeglichenen Ergebnis entfernt, sagte der Chef der größten Airline Europas bei einem Kongress der Wochenzeitung "Die Zeit" in Frankfurt.

Auf die Frage, ob er sich über die Probleme des Konkurrenten freue, sagte Franz: "Da lässt der kluge Unternehmer den Champagner im Keller." Er erinnerte an die Schließung der Tochter "Lufthansa Italia" in diesem Herbst, die viele Arbeitsplätze koste. Für die gesamte Branche sei es eine langfristige Aufgabe, in Europa tragfähige Geschäftsbedingungen zu schaffen.