Zwei ukrainische Soldaten gehen eine Straße entlang, auf der zerstörte russische Panzer stehen. (Archivbild 31.03.2022)
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine + Reisebeschränkung für Wehrpflichtige aufgehoben +

Stand: 06.07.2022 23:22 Uhr

Laut dem Institut für Weltwirtschaft bleibt die Ukraine-Hilfe deutlich unter dem Bedarf. Die EU muss sich laut der Kommissionspräsidentin auf eine vollständige Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereiten. Alle Entwicklungen im Liveblog.

06.07.2022 • 23:22 Uhr

Selenskyj lobt westliche Artillerie

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat westliche Waffenlieferungen für die ukrainische Armee als enorme Unterstützung im Krieg gegen Russland gelobt. So besäße etwa die Artillerie, die die Ukraine von ihren Partnern erhalten habe, große Treffgenauigkeit, sagte er am Abend in einer Videobotschaft. Die ukrainische Armee zerstöre damit Depots und andere Ziele, die für die Logistik der Russen wichtig seien. "Und das reduziert das Offensivpotenzial der russischen Armee erheblich. Die Verluste der Besatzer werden mit jeder Woche zunehmen", sagte Selenskyj.

"Energiepolitik ist nicht nur eine Frage des Preises. Energiepolitik ist auch Sicherheitspolitik", sagte Scholz am Mittwoch beim Bundesverband der Erneuerbaren Energien. "Deshalb müssen wir jetzt den Turbogang beim Ausbau der Erneuerbaren Energie einlegen." Jedes Windrad, jede Photovoltaik- und Biomasse-Anlage trage dazu bei, die Abhängigkeit von Ländern wie Russland zu reduzieren und die Energieversorgung bezahlbar zu halten.

Russland setze Energie als politische Waffe ein. Niemand glaube daran, dass es wirklich technische Gründe für die Kürzung von Gaslieferungen gebe, sagte er. Scholz bekräftigte, dass man nicht von den klimapolitischen Zielen abrücken werde, die einen Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von 80 Prozent bis 2030 vorsehen. Der Kanzler mahnte die Branche allerdings auch, dass sie sich nicht auf anhaltende staatliche Subventionen verlassen dürfe.

Angesichts massiver russischer Angriffe auf die Stadt Slowjansk in der Ostukraine haben die örtlichen Behörden die Zivilbevölkerung zur Flucht aufgerufen. "Seit Beginn der Kämpfe sind 17 Einwohner gestorben, 67 wurden verletzt", sagte Bürgermeister Wadym Liach am Mittwoch. "Die Evakuierung ist im Gang." Seinen Angaben zufolge befinden sich noch rund 23.000 der ursprünglich 100.000 Einwohner in der Stadt.

Slowjansk steht bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Nach der Einnahme der nahegelegenen Stadt Lyssytschansk in der Region Luhansk rücken die russischen Truppen bei ihrem Vormarsch im Donbass nun auf Slowjansk und Kramatorsk in der Region Donezk vor. Es sind die beiden größten Städte in der Region, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen.

Nach nur einem Tag hat das ukrainische Militär eine Reisebeschränkung im Inland für Wehrpflichtige wieder aufgehoben. Das teilte der Oberkommandierende Walerij Saluschnyj im Nachrichtendienst Telegram nach massiver Kritik mit.

Am Vortag hatte die Anordnung für Wehrpflichtige, sich für das Verlassen des Meldeorts eine Erlaubnis beim Kreiswehrersatzamt einzuholen, eine landesweite Empörungswelle ausgelöst. Sogar Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich in der Frage vom Militär distanziert und eine Rücknahme der Anordnung gefordert.

Die Ukraine hatte nach dem Beginn des russischen Einmarsches Ende Februar das Kriegsrecht verhängt und eine Mobilmachung beschlossen. Wehrpflichtige Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht mehr verlassen. Dass für sie nun innerhalb des vom Krieg erschütterten Landes Reisen eingeschränkt werden sollten, war auf scharfe Kritik gestoßen.

Das russische Parlament macht den Weg frei für den Umbau einer auf den Krieg ausgerichteten Wirtschaft. Es billigte am Mittwoch zwei entsprechende Gesetzentwürfe für "besondere wirtschaftliche Maßnahmen", unter denen jetzt noch die Unterschrift von Präsident Wladimir Putin fehlt. Danach könnte die Regierung die heimischen Unternehmen dazu verpflichten, das Militär mit dringend benötigten Gütern zu beliefern. Die Mitarbeiter könnten zudem zu Überstunden und Urlaubsverzicht gezwungen oder dazu verpflichtet werden, nachts, an Wochenenden oder an Feiertagen zu arbeiten.

"Im Rahmen von Operationen, die von den Streitkräften der Russischen Föderation außerhalb Russlands, einschließlich auf dem Territorium der Ukraine, durchgeführt werden, besteht die Notwendigkeit, Waffen und militärische Ausrüstung zu reparieren und die Streitkräfte mit materiellen und technischen Mitteln auszustatten", heißt es in einer Erläuterung zu einem der Gesetzentwürfe. Vize-Ministerpräsident Juri Borissow hatte erst am Dienstag in der Duma um Zustimmung für die beiden Gesetzentwürfe geworben. Die Maßnahmen seien nötig, um dem Militär in einer Zeit zu helfen, in der Russlands Wirtschaft unter "kolossalem Sanktionsdruck" des Westens stehe.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag der AfD vorgeworfen, sich zur Handlangerin russischer Interessen zu machen. "Die AfD ist nicht nur eine rechtspopulistische Partei, sondern auch die Partei Russlands", sagte Scholz in der Fragestunde des Bundestags. "Das sollten alle zur Kenntnis nehmen."

Scholz reagierte damit auf einen Redebeitrag des AfD-Abgeordneten Stephan Köthe, der die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs als "nutzlos" kritisiert hatte. Die Sanktionspolitik sei "gescheitert", und in Deutschland drohe nun eine Energiekrise, sagte Köthe. "Wie können wir den Menschen in der Ukraine helfen, wenn wir hier frieren?"

Der Kanzler warf der AfD vor, "realitätsfern" zu sein. "Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass da wirklich ein Krieg ist in der Ukraine, dass Russland das Land angegriffen hat, dass gerade unglaublich viele Menschen sterben", sagte Scholz.

Theaterbühnen in Deutschland, die aus der Ukraine geflohene Künstler beschäftigen, können beim Deutschen Bühnenverein in Köln Anträge auf Fördergelder stellen. Das neue Bundesprogramm "U-act" solle über die Beschäftigung und Einbindung in Produktionen des Schauspiels, des Tanzes oder in Performances das Ankommen und den Aufenthalt in Deutschland erleichtern und unterstützen, erklärte der Bühnenverein. Für viele Flüchtlinge sei ungewiss, ob und wann sie in der Ukraine wieder künstlerisch tätig sein könnten. Das Förderprogramm solle helfen, diese Zeit zu überbrücken und Perspektiven zu schaffen.

Das Programm wendet sich den Angaben nach an öffentlich getragene Staatstheater, Stadttheater und Landesbühnen in Deutschland sowie an künstlerisch selbst produzierende und Kunst vermittelnde Privattheater. Den Förderrichtlinien zufolge kann eine Förderung je antragstellendem Theater maximal 25.000 Euro betragen.

Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew hat die USA gewarnt, es sei töricht, sich mit einer Nuklearmacht anzulegen. "Die Idee, ein Land mit einem der größten Nuklearpotentiale zu bestrafen, ist absurd", schrieb der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates bei Telegram. Er fügte hinzu: "Das stellt potenziell eine Gefahr für die Existenz der Menschheit dar."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Russland auch auf dem bevorstehenden Treffen der G20-Ressortchefs in Indonesien eine entschlossene Haltung angekündigt. Der Angriffskrieg in der Ukraine habe weitreichende Folgen für die ganze Welt, erklärte Baerbock vor ihrem Abflug nach Bali. Die Abstimmung und Beratung mit den internationalen Partnern sei wichtiger denn je, dafür biete das zweitägige Treffen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer eine sehr gute Gelegenheit. "Wir alle haben ein Interesse daran, dass internationales Recht geachtet und respektiert wird", erklärte die Ministerin. "Das ist der gemeinsame Nenner, und es ist auch der Grund, warum wir Russland nicht einfach die Bühne des Treffens überlassen werden."

In Russland droht künftig jedem eine lange Gefängnisstrafe, der öffentlich zu gegen die Sicherheit des Landes gerichteten Taten aufruft. Das russische Unterhaus, die Duma, stimmte für ein Gesetz, das für diesen Fall bis zu sieben Jahre Haft vorsieht. Jeder öffentliche Aufruf zu Handlungen, die sich gegen die Sicherheit Russlands richten, soll demnach künftig geahndet werden.

Zugleich verschärfte das russische Unterhaus die Strafen für Spionage und den Tatbestand der "vertraulichen Zusammenarbeit mit Ausländern". Die Maßnahmen entsprechen der Linie Moskaus, jede Stimme zu unterdrücken, die sich gegen den russischen Militäreinsatz in der Ukraine richtet.

Nach den Reifenherstellern Michelin und Nokian prüft auch der deutsche Autozulieferer Continental einen Rückzug aus Russland. "Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen sehr genau und evaluieren kontinuierlich alle uns zur Verfügung stehenden Optionen", erklärte der Dax-Konzern aus Hannover. Dies beinhaltete auch die Option eines kontrollierten Rückzugs. Bei den Erwägungen blieben die Mitarbeiter weiterhin ein wichtiger Gesichtspunkt.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und dem Inkrafttreten westlicher Sanktionen gegen Moskau haben bereits hunderte internationale Firmen ihr Russlandgeschäft aufgegeben. Dazu gehören etwa Ikea, McDonald's und Nike.

Das Entwicklungsministerium sieht in einem Ausbau von Städtepartnerschaften mit der Ukraine einen Weg zu verstärkter Hilfe für das Land. "In diesen dunklen Zeiten machen solche Verbindungen Mut. Deutsche Kommunen helfen auch ganz konkret, mit Zelten, Verbandszeug, Generatoren oder Feuerwehrautos", erklärte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Ihr Ressort werde in diesem Jahr fünf Millionen Euro zusätzlich bereitstellen. Inzwischen gebe es 80 Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden, teilte das Ministerium weiter mit.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat weitere Waffenlieferungen an die Ukraine über den Umweg von Partnerländern angekündigt. "Wir haben mehrere Ringtausche vorbereitet", sagte Scholz in der Regierungsbefragung im Bundestag. Diese stünden "unmittelbar" vor der Auslieferung. Über einen Ringtausch stellen Partnerländer in Osteuropa und zuletzt auch Griechenland der Ukraine schwere Waffen aus Sowjetbeständen zur Verfügung. Deutschland füllt die Depots der Partner dann mit modernen Waffen wieder auf.

06.07.2022 • 14:03 Uhr

Mykolajiw unter schwerem Beschuss

Der Bürgermeister von Mykolajiw berichtet von schwerem Beschuss der im Süden der Ukraine gelegenen Stadt. "Es gibt keine sicheren Zonen in Mykolajiw", sagt Olexander Senkewytsch. "Ich sage den Menschen in der Stadt, dass sie sie verlassen müssen." Die russischen Truppen setzten Mehrfachraketenwerfer ein, um die Hafenstadt zu beschießen. Vor dem Krieg hätten etwa 500.000 Menschen in Mykolajiw gelebt, jetzt seien es nur noch halb so viele.

Die der Ukraine auch von der Bundesregierung auf dem G7-Gipfel in Elmau zugesagten Sicherheitsgarantien können nach den Worten von Kanzler Olaf Scholz derzeit noch nicht konkretisiert werden. Die Ausgestaltung müsse zunächst mit den Partnern und auch mit der Ukraine selbst besprochen werden, sagt Scholz in der Regierungsbefragung im Bundestag.

Die Forscher des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) sehen eine große Lücke zwischen zugesagter und tatsächlich geleisteter Unterstützung an die Ukraine. Die finanzielle und militärische Unterstützung bleibe deutlich hinter den Notwendigkeiten zurück, um die Situation in dem angegriffenen Land zu stabilisieren.

"Aufgrund der schweren Artillerieangriffe ist die Ukraine vor allem auf Raketenwerfer und Haubitzen angewiesen, um sich wehren zu können", sagte IfW-Forschungsdirektor Christoph Trebesch. Nicht nur die gelieferten, sondern auch die zugesagten Waffen würden hier deutlich unter dem Bedarf liegen, den die Ukraine formuliert habe. Vom 8. Juni bis 1. Juli seien nur wenige neue Zusagen hinzugekommen, und sie fielen weniger umfangreich aus.

Einem Sprecher des russischen Außenministerium zufolge sind die Berichte über die Festsetzung des russischen Getreidefrachters "Zhibek Zholy" durch die Türkei falsch. Das Schiff habe lediglich die Standardprozedur durchlaufen.

Die Türkei hatte am Sonntag am Schwarzmeerhafen Karasu nach Angaben der Betreiberfirma ein unter russischer Flagge fahrendes Schiff mit Getreide angehalten. Der Zoll habe dem Frachter "Zhibek Zholy" vor der türkischen Schwarzmeerstadt die Weiterfahrt vorerst verweigert, sagte ein Verantwortlicher der Hafenfirma IC Ictas auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.

Der ukrainische Botschafter in der Türkei, Wassyl Bondar, hatte am Sonntag im ukrainischen Fernsehen gesagt, dass über das weitere Schicksal des Schiffes entschieden werde. Die Ukraine hoffe, dass das Schiff beschlagnahmt und das Frachtgut konfisziert werde.

Dem ukrainischen Agrarministerium zufolge könnten von der erwarteten Ernte von 50 Millionen Tonnen Getreide etwa 30 Millionen Tonnen exportiert werden. Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreideproduzenten weltweit. Derzeit blockiert Russland vor allem die Seewege, über die Getreide sonst aus der Ukraine exportiert wird.

Mit dem Vatikan hat es nach russischer Darstellung keinen substanziellen Kontakt wegen eines möglichen Besuches des Papstes gegeben. Das erklärt der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow, vor der Presse. Papst Franziskus hat unlängst in einem Reuters-Interview gesagt, es habe Kontakt zwischen dem Außen-Staatssekretär des Vatikans, Kardinal Pietro Parolin, und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow gegeben. Dabei sei es um eine mögliche Reise nach Moskau gegangen, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

Bei russischem Beschuss der ostukrainischen Region Donezk sind fünf Zivilisten getötet worden. Gouverneur Pawlo Kyrylenko teilte beim Messenger-Dienst Telegram mit, die Todesopfer seien aus Awdijiwka, Slowjansk, Krasnohorska und Kurachowe gemeldet worden. 21 weitere Menschen seien verletzt worden. "Jedes Verbrechen wird bestraft", kündigte der Gouverneur an. Kyrylenko forderte gestern die mehr als 350.000 Einwohner der Provinz auf zu fliehen. Die Menschen müssten Donezk verlassen, um ihr Leben zu retten und die ukrainische Armee in die Lage zu versetzen, die Städte besser gegen den russischen Vormarsch zu verteidigen, sagte er.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Donezk ist Teil des Donbass, den die russischen Streitkräfte vollständig einnehmen wollen. Das russische Militär griff in der Nacht auch Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine weiter nördlich, mit Raketen an, wie Gouverneur Oleh Syniehubow auf Telegram mitteilte. Ziel der Angriffe seien drei Bezirke der Stadt gewesen. Ein Gebäude der Universität und ein Verwaltungsgebäude seien zerstört worden. Drei Menschen, darunter ein Kleinkind, erlitten Verletzungen.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der SPD-Politiker Michael Roth, hat eine militärische Unterstützung der Ukraine für die Rückeroberung russisch-besetzter Gebiete gefordert. Die Chancen stünden dafür gut, Russland habe bereits hohe Verluste erlitten, sagte Roth dem TV-Sender "Welt". Allerdings sei auch die Ukraine derzeit "in einer ganz schwierigen Situation".

"Russland hat über Tausend Panzer verloren, das sind mehr Panzer als Deutschland, Italien, Frankreich und andere Länder zusammen haben", sagte der SPD-Politiker weiter. Die Verluste für Russland seien immens "und deshalb dürfen wir jetzt nicht nachlassen". Es müsse der Ukraine "perspektivisch auch gelingen, russische Kräfte wieder zurückzudrängen". Die bisher gelieferten schweren Waffen aus Deutschland hätten der Ukraine bei der Verteidigung geholfen, es sei jedoch nun weitere Unterstützung erforderlich, forderte Roth.

"Die Ukraine kämpft weiterhin tapfer für Freiheit, für ihre territoriale Integrität und sie kämpft damit auch für unsere eigenen Werte", hob er hervor. "Und wir stehen in der Pflicht, sie weiterhin mit aller Entschlossenheit zu unterstützen." Roth zeigte sich beeindruckt vom Verteidigungswillen der Ukraine: "Wir erleben ja an der dramatischen Situation in Donezk, dass die Ukraine für die Verteidigung zwar einen hohen Preis zu entrichten hat", sagte er unter Hinweis auf die hohe Zahl getöteter ukrainischer Soldatinnen und Soldaten. Bislang vermöge sich das Land aber gegen die russischen Angriffe zu verteidigen, auch wenn dies schwierig sei.

Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala hat kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Europaparlament für ein klares Ja zu den EU-Plänen geworben, Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einzustufen. Er rief die Abgeordneten dazu auf, den "schwierig ausgehandelten und fragilen Kompromiss" zu unterstützen. Eine Reihe von EU-Staaten könnten ihre Verpflichtungen aus den gemeinsamen Klimazielen nur auf diese Weise erfüllen, argumentierte der liberalkonservative Politiker. Tschechien hat seit dem 1. Juli die rotierende sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft inne.

Konkret geht es bei der Abstimmung in Straßburg um die sogenannte Taxonomie der EU. Sie ist ein Klassifikationssystem, das private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken und so dem Kampf gegen den Klimawandel helfen soll. Der Vorstoß der Europäischen Kommission, auch Gas und Atomkraft zeitweise als umweltfreundlich einzuordnen, hatte zu Protesten bei Umweltschützern geführt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor den Gefahren einer vollständigen Unterbrechung der russischen Gaslieferungen gewarnt. Von der Leyen sagte, die Europäische Union müsse Notfallpläne aufstellen, um sich auf eine solche Entwicklung infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine einzustellen. "Wir müssen uns jetzt auch auf weitere Unterbrechungen der Gasversorgung und sogar auf eine vollständige Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereiten", sagte von der Leyen vor dem EU-Parlament in Straßburg.

Die EU hat bereits Sanktionen gegen Russland verhängt, die auch Energielieferungen betreffen, und bereitet derzeit einen Ausstieg aus der Abhängigkeit von Russland vor. Von der Leyen sagte jedoch, die Union müsse auch auf schockartige Unterbrechungen durch die russische Regierung vorbereitet sein.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat Vietnam besucht. Lawrow, der auf dem Weg zum Treffen der Außenminister der G20 in Indonesien ist, wollte mit seinem Stopp in Vietnam die Beziehungen zu einem Land stärken, das den russischen Angriff auf die Ukraine nicht offen verurteilt hat. Der russische Außenminister befindet sich derzeit auf einer Asienreise und wirbt angesichts der diplomatischen Isolation seines Landes durch den Westen und der Sanktionen wegen der Invasion in der Ukraine um Unterstützung.

Einen Tag vor seiner Ankunft in Hanoi hatte er die Mongolei besucht. Das Land unterhält ebenfalls Beziehungen zu Moskau, hat aber auch Kontakte in die USA aufgenommen. Lawrow wollte am Nachmittag aus Vietnam abreisen und nach Indonesien fliegen, um an einem Treffen der Außenminister der Gruppe der 20 führenden Industriestaaten und Entwicklungsländer auf der Insel Bali teilzunehmen.

US-Präsident Joe Biden sieht in der Freilassung der US-Basketballerin Brittney Griner aus russischer Haft eine "Priorität" seiner Regierung. Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre reagierte mit dieser Aussage auf einen in Auszügen veröffentlichten handgeschriebenen Brief der Sportlerin an Biden, in dem sie den US-Präsidenten eindringlich um Hilfe bat. "Der Präsident hat den Brief gelesen", sagte Jean-Pierre beim täglichen Pressebriefing in Washington und fügte hinzu: "Diese Angelegenheit ist für den Präsidenten eine Priorität." Biden tue "alles, was er kann", damit Griner aus der russischen Haft freikomme. Details nannte die Regierungssprecherin allerdings nicht.

Griner war Mitte Februar am Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden. Nach Behördenangaben fanden Beamte in ihrem Gepäck Kartuschen für E-Zigaretten mit Cannabisöl. Die Menge entsprach weniger als einem Gramm Cannabis in fester Form, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Auf Drogenschmuggel stehen in Russland bis zu zehn Jahre Gefängnis. Die nächste Anhörung wurde für Donnerstag angesetzt.

Die Festnahme Griners erfolgte inmitten der diplomatischen Spannungen in den Tagen vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar. Das US-Außenministerium kritisiert Griners Inhaftierung als grundlos.

US-Außenminister Antony Blinken wird beim Treffen der Außenminister der G20 in dieser Woche seinen chinesischen Kollegen Wang Yi treffen. Das teilte das Außenministerium in Washington mit, ohne auf die Möglichkeit einer Begegnung mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow einzugehen, der ebenfalls zu dem Treffen auf der indonesischen Insel Bali erwartet wurde. Die US-Regierung hat angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine einen Umgang mit russischen Vertretern wie vor dem Krieg ausgeschlossen.

Aus US-Kreisen verlautete, es werde auf Bali keine formellen Gespräche zwischen Blinken und Lawrow geben. Eine zufällige Begegnung war jedoch nicht ausgeschlossen; es wäre die erste seit ihrem letzten Treffen in Genf im Januar. Die Lage in der Ukraine sollte im Mittelpunkt des Treffens der G20-Außenminister stehen. Die Teilnehmer wollten die Weichen für den Gipfel der Staats- und Regierungschefs stellen, der im November ebenfalls in Indonesien stattfinden wird.

US-Außenminister Antony Blinken

US-Außenminister Antony Blinken will beim G20-Treffen auf Bali keine formellen Gespräche mit seinem russischen Amtskollegen führen.

Angesichts der massiven russischen Angriffe auf die Stadt Slowjansk im Osten der Ukraine hat die Regionalregierung die Einwohner zur Flucht aufgerufen. "Mein wichtigster Ratschlag ist die Evakuierung", sagte der Gouverneur von Donezk, Pawlo Kyrylenko. "In dieser Woche gab es keinen Tag ohne Beschuss." Die Stadt befinde sich nun in Reichweite russischer Mehrfachraketenwerfer. "Der Feind beschießt die Stadt chaotisch, die Angriffe zielen darauf ab, die lokale Bevölkerung zu vernichten", fügte der Gouverneur hinzu.

Slowjansks Bürgermeister Wadym Liach hatte gestern einen "massiven" Beschuss der Stadt durch die russische Armee gemeldet. Zwei Menschen wurden dabei nach Angaben von Kyrylenko getötet und sieben weitere verletzt. Die Stadt steht bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Nach der Einnahme der nahegelegenen Stadt Lyssytschansk rücken die russischen Truppen bei ihrem Vormarsch im Donbass nun auf Slowjansk und Kramatorsk vor, die beiden größten Städte in der Region, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen.

"Laut Militärgouverneur von Luhansk sind Leichenhallen in Region voll", Shafagh Laghai, WDR, zzt. Kiew, zu Ukraine-Lage

tagesschau24 10:00 Uhr

Die ukrainischen Truppen haben nach eigenen Angaben einen Angriff des russischen Militärs im Osten des Landes zurückgeschlagen. "Die ukrainischen Kämpfer haben dem Feind bei einem versuchten Angriff im Umkreis der Ortschaften Werchnjokamkanka, Bilohoriwka und Hryhoriwka erhebliche Verluste zugefügt. Die Okkupanten haben sich zurückgezogen", teilte der Generalstab in Kiew mit.

Die Ortschaften liegen zehn bis 15 Kilometer westlich der einstigen Großstadt Lyssytschansk, die Russlands Truppen am Wochenende erobert haben.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Auch südlich davon im Raum Bachmut sei es gelungen, den russischen Vormarsch zu stoppen und bei den Angreifern für "Ausfälle" zu sorgen, hieß es in dem Bericht. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen.

Entlang der Linie der drei Kleinstädte Siwersk, Soledar und Bachmut hat die ukrainische Armee nach dem Fall des Ballungsraums Sjewjerodonezk-Lyssytschansk einen neuen Verteidigungswall aufgebaut. Dieser soll von Osten her die russische Offensive auf das Industriegebiet Slowjansk-Kramatorsk, dem Hauptquartier des ukrainischen Militärs im Donbass, stoppen. Derzeit laufen die Kämpfe um die vorderen Verteidigungslinien.

"Der Ukraine geht die Substanz aus", Ralph Thiele, Militärexperte

Morgenmagazin

Ein für den Export von kasachischem Öl bestimmtes Terminal im Schwarzen Meer muss auf Beschluss eines Gerichts in Südrussland für 30 Tage seinen Betrieb einstellen. Begründet wurde der Stopp mit möglichen Umweltschäden, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Zuletzt hatte es zwischen Russland und der benachbarten zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan wegen des Ukraine-Kriegs Unstimmigkeiten gegeben.

Die Betreibergesellschaft Caspian Pipeline Consortium (CPC) sei "gezwungen, das Gerichtsurteil umzusetzen", werde aber dagegen klagen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Nach offiziellen Angaben ist die Dokumentation beim Notfallplan für die Beseitigung eventueller Ölunfälle unvollständig. Ursprünglich hatten die Behörden CPC bis zum 30. November Zeit gegeben, die Verstöße zu beseitigen, doch in einer Gerichtsverhandlung gestern forderte die regionale Transportaufsicht überraschend die Schließung des Terminals - und erhielt Recht.

Über das Terminal in der südrussischen Hafenstadt Noworossijsk fließen 80 Prozent des aus Kasachstan exportierten Öls - Kasachstan hat keinen eigenen Zugang zu den Weltmeeren. Die Umschlagkapazität liegt bei 67 Millionen Tonnen Öl pro Jahr. Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte zuletzt der EU angeboten, mehr Öl und Gas nach Europa zu liefern, um die Energiesicherheit des Kontinents trotz des Ukraine-Kriegs und der damit zusammenhängenden Sanktionen gegen Russland zu gewährleisten. Kasachstan hat die Unabhängigkeit der von Moskau protegierten Separatistenrepubliken im Osten der Ukraine nicht anerkannt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Appell zur Lieferung moderner Raketenabwehrsysteme im Krieg gegen Russland bekräftigt. Die Führung in Kiew werde nicht einen Tag in ihren Bemühungen nachlassen, eine ausreichende Zahl dieser Waffen zu erhalten, sagte er in einer Videobotschaft. Aus ukrainischen Orte wurde unterdessen von erneuten Raketenangriffen berichtet. Heute ist für die Ukraine der 133. Kriegstag seit Beginn der russischen Invasion Ende Februar.

Selenskyj sagte, Russland habe erneut Ziele im Land attackiert. Dabei sei ein Teil der Raketen von ukrainischen Luftabwehrkräften abgeschossen worden. Schutz vor Raketenangriffen noch in diesem Jahr zu schaffen, sei eine extreme Herausforderung für den Staat. "Aber das Erfüllen dieser Aufgabe hängt nicht nur von uns ab, sondern auch vom Verständnis unserer Grundbedürfnisse durch unsere Partner."

"Die komplizierte Weltlage erfordert von allen Parteien Anstrengungen zum Schutz des Völkerrechts", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow über einen Übersetzer bei einem Treffen mit seinem vietnamesischen Amtskollegen Bui Thanh Son in Hanoi. Lawrow wird Ende dieser Woche an einem Treffen der G20-Außenminister in Indonesien teilnehmen.

Energieexperten halten die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck für den raschen Import von Flüssiggas (LNG) als Ersatz für russisches Erdgas für kaum realisierbar. Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Reeder beklagt vor allem einen Mangel an Transportschiffen. Zu der "Bild"-Zeitung sagte Kröger: "In der deutschen Handelsflotte gibt es keine Gastanker, die LNG über Langstrecken transportieren können. Weltweit stehen insgesamt knapp 500 LNG-Tanker zur Verfügung, allerdings ist die Nachfrage aus anderen Regionen der Welt hoch." Der Energieökonom Andreas Fischer vom IW sagt: "Die Flüssiggasmengen müssen auf dem Weltmarkt verfügbar sein und es braucht entsprechende Tanker, die größtenteils bereits über Langfristverträge gebunden sind." Zudem sei "nur eines der drei geplanten Terminals bisher genehmigt".

Am Gebietsrand der Region Luhansk kommt es nach Angaben des Gouverneurs Serhij Hajdaj zu schweren Kämpfen. "Sowohl in der Region Luhansk als auch in der Region Donezk gibt es immer noch viel Granatenbeschuss. Sie beschießen alles, was sich ihnen in den Weg stellt", sagt Hajdaj in Bezug auf die russischen Streitkräfte. "Sie erleiden ziemlich schwere Verluste". Russische Armee- und Reservekräfte seien dorthin geschickt worden, um den Fluss Siwerskyj-Donez zu überqueren. "Einige Bataillone wurden dorthin verlegt, um die Anzahl von Verwundeten zu ersetzen. Sie nehmen nicht alle Verwundeten mit. Die Krankenhäuser sind überfüllt, ebenso die Leichenhallen." Die Aussagen konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen durch den Krieg in der Ukraine machen Deutschland nach Überzeugung einer Top-Bankerin als Führungsnation in Europa stärker. Diese Entwicklung sei zu begrüßen, sagte die Präsidentin der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), Odile Renaud-Basso, am Rande der Ukraine-Wiederaufbau-Konferenz in Lugano. "Der Krieg mischt auch die Machtverhältnisse in Europa auf", sagte Renaud-Basso der Deutschen Presse-Agentur.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt Lettland wieder die Wehrpflicht ein. "Das derzeitige militärische System Lettlands hat seine Grenze erreicht", sagte der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks. "Derweil haben wir keinen Grund anzunehmen, dass Russland sein Verhalten ändern wird." Der Wehrdienst soll nach Angaben des Ministers im kommenden Jahr eingeführt werden und für Männer gelten. Pabriks verkündete zudem Pläne für den Bau eines neuen Militärstützpunktes im Land. Der baltische Staat hatte die Wehrpflicht in den Jahren nach seinem NATO-Beitritt abgeschafft. Seit 2007 bestehen die lettischen Streitkräfte aus Berufssoldaten, außerdem gibt es eine aus Freiwilligen gebildete Nationalgarde.

Die Linke im Bundestag dringt zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland auf ein Ende der Sanktionen gegen Russland und die Aufnahme von Gesprächen über die Gas-Pipeline Nord Stream 2. "Die Regierung muss dafür sorgen, dass die Energiepreise durch ein steigendes Angebot, auch durch Russland, begrenzt bleiben", sagt der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Klaus Ernst, der Zeitung "Rheinische Post". Die energiepolitischen Sanktionen wirkten nicht. Sie würden Russland nicht aufhalten, auch verdiene das Land weiterhin gut an seinen Rohstoffen "und unsere Bürger und unsere Wirtschaft sind die Leidtragenden einer völlig verfehlten Sanktionspolitik. Vor diesem Hintergrund ist es unmoralisch, die Sanktionen in dieser Art und Weise aufrechtzuerhalten."

Eine Unterbrechung der Gasversorgung könne zudem "das industrielle Rückgrat" Deutschlands irreparabel schädigen. "Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, die Energieversorgung sicherzustellen." Dazu müsse man, trotz des völkerrechtswidrigen Krieges, mit Russland reden. "Gegebenenfalls auch darüber, Nord Stream 2 befristet in Betrieb zu nehmen, wenn die Gasversorgung nicht anders zu gewährleisten ist."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD-Morgenmagazin im Ersten am 06. Juli 2022 um 06:43 Uhr.