
70 Jahre Frankfurter Buchmesse Anfangs war nur das Buch - mehr nicht
Stand: 09.10.2018 12:04 Uhr
Gerade 200 Buchaussteller aus Deutschland waren zur allerersten Messe gemeldet - heute sind es mehr als 7300 aus mehr als 100 Ländern. Die Frankfurter Buchmesse öffnet zum 70. Mal ihre Tore.
Von Alex Jakubowski, HR
Ein Buch - mehr nicht. So wenige Werke hatten manche Verlage bei der ersten Frankfurter Buchmesse im Gepäck. Übersichtlich war das, aber die neue Veranstaltung war ja noch jung, so kurz nach dem Krieg.
Vielleicht war das auch gut so, denn ganz anders als heute fand die erste Frankfurter Buchmesse 1949 noch nicht in den weitläufigen Messehallen statt, sondern im Wandelgang der Frankfurter Paulskirche mitten in der Stadt. Platz war knapp und auch der Zuspruch zur Messe hielt sich in den Anfangstagen noch im überschaubaren Rahmen. An diesen Tagen im September hatten sich gerade einmal 205 Aussteller zur Messe angemeldet und alle kamen aus Deutschland.
Verpflegung? Mitgebrachtes!
Bei der Verpflegung war man noch auf Mitgebrachtes angewiesen, irgendwo gab es wohl eine Kaffeemaschine, erinnerte sich eine Ausstellerin in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor einigen Jahren. Und auch beim gezeigten Programm musste man sich zurückhalten. Die Verleger sollten sich verpflichten, nichts Anstößiges auszustellen.
Verkaufstechnisch wurde dennoch ein Erfolg vermeldet, die Buchhändler riefen das Ende der offenbar schon damals währenden Buchkrise aus. Verkaufsschlager waren Churchills Memoiren und die Werke von Ernst Jünger, Thomas Mann oder Hermann Hesse. Klassiker aus heutiger Sicht.
Auch Politisches war immer dabei
Schon wenige Jahre später - 1953 nämlich - waren erstmals mehr ausländische Verlage als deutsche auf der Buchmesse vertreten und bald wurde auch die Zahl von 1000 Ausstellern überschritten. "Inzwischen ist das Verhältnis 70 Prozent internationale Aussteller zu 30 Prozent aus Deutschland", weiß Kathrin Grün von der Buchmesse. Heute kommen mittlerweile mehr als 7300 Aussteller nach Frankfurt.
70. Frankfurter Buchmesse wird eröffnet
tagesschau 20:00 Uhr, 09.10.2018, Uli Meerkamm, HR
Politisch war die Messe immer - mal mehr, mal weniger. Bereits ab 1959 wurde am Ende der Messe der Friedenspreis des Buchhandels verliehen. So wie dieses Jahr, in dem er an das Forscherehepaar Aleida und Jan Assmann vergeben wird. Ein Preisträgerpaar, das unumstritten ist.
1968 allerdings sorgte die Auswahl des Geehrten für einen Skandal. Die Entscheidung, den Preis dem afrikanischen Dichter und Politiker Léopold Senghor zu überreichen, löste wütende Proteste aus. Dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund war der Dichter nicht fortschrittlich genug. Er beschimpfte Senghor als Vertreter des Neokolonialismus. Frankfurter Studenten versuchten, die Preisverleihung zu stören. Ihr Anführer Daniel Cohn-Bendit durchbrach dabei eine Polizeiabsperrung, musste sich später vor Gericht verantworten. Was im Gedächtnis blieb war ein Foto von ihm, während dieser Aktion.
Immer größer, immer mehr Preise
Über die Jahre wurde die Buchmesse immer größer. Neue Preise wurden eingeführt, wie der Jungendliteraturpreis oder der Deutsche Cartoon-Preis. Elektronische Medien wurden mit aufgenommen, einige Jahre lang setzte die Branche auf den Self-Publishing-Trend, dann auf den Boom des E-Books, um dann ernüchtert festzustellen, dass der Umsatzanteil bei rund fünf Prozent stagnierte.
Während manche Kritiker bemängelten, dass die Buchmesse hin und wieder zu unpolitisch geworden sei, zeigte sie in der jüngeren Vergangenheit durchaus Gespür für wichtige, auch brisante Themen. Sie legte sich aber auch gerne mal ein Ei ins Nest. Etwa als man 2009 chinesische Dissidenten erst ein- und dann wieder auslud. Immerhin: Die Messe war nicht nur im Feuilleton in aller Munde.
Vor einem Jahr erst kam es erneut zu Tumulten, als rechte Verlage Besuch von Vertretern der sogenannten "neuen Rechten" bekamen und dabei auf Gegendemonstranten trafen. Eine Diskussion entbrannte, die der Frage nachging, ob und in welcher Form solche Verlage auf der Messe vertreten sein sollten.
"Buchmesse steht für für Meinungs- und Publikationsfreiheit"
"Seit ihrer Wiedereröffnung 1949 steht die Buchmesse für Meinungs- und Publikationsfreiheit, für internationale Vernetzung und Dialog" betont Kathrin Grün von der Buchmesse. Gesellschaftlich relevante Themen spiegeln sich auch in den Messehallen. So diskutieren Frauen dieses Mal in der neuen Talkreihe "Streiterinnen" über das Thema Frauenrechte und Gleichberechtigung. Mit der Kampagne #onthesamepage hebt man das Thema Menschenrechte hervor und hat Autoren wie den Journalisten Deniz Yücel oder die US-amerikanische Roman-Autorin Meg Wolitzer eingeladen, die in ihren Büchern gerne das Thema Emanzipation und Feminismus behandelt.
Von der Paulskirche in die Messehallen
70 Jahre nach der ersten Messe in der Paulskirche ist man längst in den großräumigen Messehallen am Frankfurter Stadtrand gelandet. Dort, wo in den Anfangstagen der Messe noch eine Notlösung gefunden wurde. Denn in letzter Minute hatten sich 1949 noch Ost-Berliner und Leipziger Verlage zur Messe angemeldet. Doch weil in der engen Paulskirche kein Platz mehr war, mussten sie sich einen anderen Ort für ihre Präsentation suchen. Und fanden ihn schließlich am Platz der Republik, ganz in der Nähe des heutigen Messegeländes.
Eröffnung der Buchmesse in Frankfurt
tagesschau 12:00 Uhr, 09.10.2018, Christiane Rau, HR
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