Hintergrund

Methan und Lachgas – die vergessenen Klimagase Kühe als Klimasünder

Stand: 15.12.2009 17:07 Uhr

250 Kilometer mit dem Kleinwagen auf der Autobahn oder ein Kilo Rindfleisch im Supermarkt – beides belastet das Klima im gleichen Maß. Doch während allgemein bekannt ist, dass Industrie und Verkehr erheblich zur globalen Erwärmung beitragen, wird die Rolle der Landwirtschaft wenig beachtet.

Von Christine Kahle für tagesschau.de

Wenn die Rede vom Klimawandel ist, geht es meist um die schädlichen Abgase von Industrie und Verkehr. Die Rolle der Landwirtschaft bei der globalen Erwärmung wird dagegen viel weniger beachtet. Dabei stammen rund 14 Prozent aller weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft.

Rechnet man die Folgen hinzu, die aus so genannten Landnutzungsänderungen entstehen, wenn zum Beispiel tropische Wälder für Ackerland und Weiden gerodet werden, trägt der Agrarsektor sogar zu einem Drittel zur globalen Erwärmung bei. In Deutschland produziert die Landwirtschaft laut Umweltbundesamt sieben Prozent der Treibhausgase, mit den Folgen von Landnutzungsänderungen sind es 13 Prozent.  

Methan und Lachgas - die unterschätzten Treibhausgase

Zwei große Klimaprobleme gibt es in der Landwirtschaft: Lachgas (N2O) und Methan (CH4). Methan entsteht vor allem beim Anbau von Reis und in der Rinderhaltung. Lachgas entweicht vor allem aus intensiv genutzten Böden. Beide Gase haben ein hohes Treibhauspotenzial: Methan wirkt etwa 21-mal und Lachgas rund 310-mal schädlicher als CO2. 

Rülpsende Kühe produzieren Methan

Methan entsteht vor allem in der Massentierhaltung von Rindern und Schafen. Als Wiederkäuer produzieren Rinder, Schafe und Ziegen bei der Verdauung in ihren Mägen große Mengen Methan. Auch die Herstellung des Futters, die Stallhaltung und die Exkremente der Tiere, Gülle und Mist, belasten das Klima. 

Problematisch ist dies vor allem deshalb, weil der Fleischkonsum in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat – und damit auch die Zahl der Tiere. 2007 gab es weltweit 1,4 Milliarden Zuchtrinder. Im Durchschnitt isst jeder Erdenbürger heute fast doppelt so viel Fleisch wie 1970. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO wird sich der Fleischkonsum bis zum Ende des Jahrhunderts nochmals verdoppeln. 

Geflutete Reisfelder sind klimaschädlich

Den zweitgrößten Ausstoß von Methan weltweit verursacht der Anbau von Reis. Für mehr als 3,2 Milliarden Menschen ist die Pflanze die Basis ihrer Ernährung. Rund 598 Millionen Tonnen wurden  im  Jahr 2000 nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO produziert. Für das Klima problematisch ist der so genannte Nassanbau. Rund 2,3 Millionen Tonnen Methan entweichen allein jedes Jahr aus Indiens Reisfeldern in die Atmosphäre, in China sind es 3,1 Millionen Tonnen (Zahlen von 1994.) Beide Länder verursachen damit fast zehn Prozent des weltweit durch diese Anbauart ausgestoßenen Methans (insgesamt rund 60 Millionen Tonnen).

Intensives Düngen setzt Lachgas frei

Lachgas-Emissionen (N2O) entstehen vor allem auf intensiv genutzten Ackerflächen, auf die stickstoffhaltiger Kunstdünger ausgebracht wird. Wird zu viel oder zur falschen Zeit gedüngt, kann der Stickstoff von den Nutzpflanzen nicht vollständig aufgenommen werden und gerät in die Umwelt. Ein Teil des Stickstoff-Überschusses wird dabei als Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft ist die Verwendung von Kunstdünger massiv gestiegen: von elf Millionen Tonnen Stickstoff im Jahr 1960 auf 91 Millionen Tonnen in 2004. (Angaben des Düngemittelhersteller-Verbandes IFA.)  

Kohlendioxid aus dem Traktor

Auch Kohlendioxid-Emissionen spielen in der Landwirtschaft eine Rolle: Sie entstehen bei der energieintensiven Produktion von Kunstdünger und Spritzmitteln sowie beim Einsatz von Agrarmaschinen. Außerdem entweicht CO2 aus den Böden, wenn sie gepflügt werden, wenn sie nach der Ernte unbedeckt bleiben oder wenn Felder bewässert werden. 

Agrarwirtschaft kann viel für das Klima tun

Bei den Klimaverhandlungen spielt die Agrarwirtschaft bisher kaum eine Rolle, obwohl der Weltklimarat (IPCC) in seinem Bericht von 2007 die Staaten aufgefordert hat, ihre Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft zu senken. Die Möglichkeiten dafür sind vorhanden: Das World Watch Institute hat errechnet, dass die Agrarwirtschaft in der Lage sei, schnell und effektiv bis zu 25 Prozent der jetzt emittierten Treibhausgase einzusparen.  

Ansatzpunkte gibt es zum Beispiel in der Rinderhaltung: So stoßen Kühe weniger Methan aus, wenn sie auf der Weide grasen, als wenn sie Kraftfutter bekommen. Mist und Gülle könnten in Biogas-Anlagen als Energiequelle genutzt werden. Einsparpotenziale gibt es auch durch veränderte Anbaumethoden bei Nutzpflanzen und einen effizienteren Umgang mit Dünger. Die größten Auswirkungen hätte es jedoch, wenn nicht weiter Tropenwald für Agrarflächen abgeholzt würde. Anders herum bietet die gezielte Aufforstung von Wäldern ein beträchtliches Potenzial zur Minderung von CO2 in der Atmosphäre.