Jahresrückblick 1957 Nutzung der Atomkraft

Stand: 02.12.2010 14:18 Uhr

In den Bundesländern schießen Atomreaktoren wie Pilze aus der Erde. Die Länder der Montanunion unterschreiben den Euratom-Vertrag. Im englischen Windscale kommt es zu einem schweren Atomunfall. Die Sorge um den kriegerischen Einsatz der Atomkraft nimmt zu.

Obwohl kein Bundesatomgesetz zustande kommt, treiben die Länder den Reaktorbau voran. Ein wesentlicher Schritt zur europäischen Einigung ist der Euratom-Vertrag, der in Rom unterzeichnet wird. Mitglieder sind die Länder der Montanunion: neben der Bundesrepublik Deutschland sind das Luxemburg, Frankreich und Holland. In den Bundesländern schießen Atomreaktoren wie Pilze aus der Erde. Forschungszentren werden in Geesthacht, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Frankfurt, Darmstadt und Karlsruhe gegründet.

Proteste der Bevölkerung

Bei Karlsruhe protestiert die Bevölkerung gegen die Atomanlage mit einem Wählerstreik anlässlich der Bundestagswahl. Die Menschen warnen vor ähnlichen Vorkommnisen, wie dem Atomunfall im englischen Windscale.

Das Augenmerk der Öffentlichkeit richtet sich auf die kriegerische Anwendung der Atomkraft. Großangelegte Atomalarmübungen gibt es in den USA. Präsident Eisenhower wird in ein Ausweichquartier gebracht.

Appell der Wissenschaftler

Die Sorge um den Einsatz der Atomkraft bei der Bundeswehr lässt 18 deutsche Atomwissenschaftler einen Appell an den Bundeskanzler richten. Ihre Sprecher sind Professor Hahn und Professor von Weizsäcker. Auch Dr. Albert Schweizer erhebt mahnend seine Stimme. International spricht sich Papst Pius XII. gegen die Atomkraft aus. In Japan gibt es einen Prozess gegen britische H-Bomben-Versuche auf den Weihnachtsinseln.

Konferenz in Wien

Hoffnungen setzt man international auf die Konferenz der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien. Der österreichische Bundeskanzler Scherf drückt diese Hoffnung aus. Ein Ausweg aus dem internationalen Konkurrenzkampf soll gefunden werden.

Die Sowjetunion hat eine starke Position: Der Satellit Sputnik regiert die Stunde.

NATO-Gipfel in Paris

Die NATO-Länder rings um die Sowjetunion erlangen durch die NATO-Strategie eine unbequeme Bedeutung. Es gilt als erwiesen, dass sowjetische Interkontinentalraketen bald Amerika erreichen können. Deshalb bietet sich der Gedanke an, Abschussbasen für Mittelstreckenraketen in den europäischen NATO-Ländern zu errichten. Das ist Hauptthema der NATO-Gipfel-Konferenz in Paris. Präsident Eisenhower und Bundeskanzler Adenauer sind die meist zitierten Männer der Konferenz.

Der sowjetische Ministerpräsident warnt die Regierenden der Mitgliedsstaaten vor übereilten Aktionen. Adenauer spricht sich für Kontaktaufnahme mit der Sowjetregierung aus und regt eine politische Zusammenarbeit der NATO-Staaten an. Die Konferenz endet mit einer grundsätzlichen Zustimmung zur Errichtung von Raketenbasen. Die Regierungen müssen jedoch vorher befragt werden. Raketen mit kürzerer Reichweite sind bereits in England und auf dem Kontinent stationiert.

Gedanken über Fortschritt und Weltfrieden

Mit philosophischen Betrachtungen zum technischen Fortschritt und zum Weltfrieden endet der Rückblick auf das Jahr 1957: Das kommende Jahr wird von den Regierungen schwere Entscheidungen verlangen. Entscheidungen, von denen die Sicherheit des Friedens und das Wohl ihrer Völker abhängen können. Der Schritt in den Weltraum wird für die Menschheit nur gut sein, wenn er in friedlichem Wettstreit unternommen wird.