Waffen und ein sichergestelltes Schild der Neonazi Gruppierung ''Combat 18''

Rechtsextreme Vereinigung "Combat 18" ist verboten

Stand: 23.01.2020 08:54 Uhr

Das Innenministerium hat die rechtsextreme Neonazi-Vereinigung "Combat 18" verboten. Bei Razzien in mehreren Bundesländern beschlagnahmten Ermittler Beweismaterial.

Das Verbot der Neonazi-Vereinigung "Combat 18" wirkt spektakulär, kommt allerdings alles andere als unerwartet. Spätestens seit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Frühjahr 2019 steht die Forderung nach einem Verbot im Raum. Als mutmaßlicher Mörder von Lübcke war Stephan E. verhaftet worden, der die Tat zunächst gestanden, das Geständnis dann aber widerrufen hatte. E. war zumindest bis 2009 als Neonazi auf dem Radar der Sicherheitsbehörden und soll zu dieser Zeit auch Kontakte zu "Combat 18" gehabt haben.

Ein Polizeihund wird in Castrop-Rauxel zu einem Wohnhaus geführt.

Razzia in Castrop-Rauxel: Bei Einsätzen in mehreren Bundesländern beschlagnahmten Ermittler am Morgen Beweismaterial.

Ende Juni vergangenen Jahres hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer öffentlich angekündigt, "C18", wie die Gruppe in der Szene auch genannt wird, und weitere rechtsextreme Organisationen verbieten zu wollen. Mitte September hatten dann die Innenminister der Länder Niedersachen, Thüringen und Hessen sich ebenfalls öffentlich für ein Verbot von "Combat 18" ausgesprochen.

Politische Ansagen dieser Art im Vorfeld eines Vereinsverbots sind ungewöhnlich und letztlich kontraproduktiv. Denn die Betroffenen werden dadurch vorgewarnt. Man darf deshalb gespannt sein, was bei den Durchsuchungen am heutigen Tage gefunden wird, denn es gab genug Zeit, belastendes Material zu beseitigen.

Initialen Adolf Hitlers

"Combat 18" ist aus dem internationalen rechtsextremistischen Netzwerk "Blood and Honor" (Blut und Ehre) hervorgegangen und gilt gemeinhin als dessen bewaffneter Arm. 1 und 8 stehen dabei für den ersten und den achten Buchstaben des Alphabets, also AH, die Initialen Adolf Hitlers. "Blood and Honor" war im Jahre 2000 in Deutschland verboten worden, "Combat 18" hingegen nicht.

Allerdings war auch "Combat 18" nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden als Organisation weitgehend in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Ende 2011 tauchte "C18" im Zusammenhang mit den Ermittlungen rund um die aufgeflogene Terrorzelle "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) wieder auf.

Gab es Kontakte des "NSU" zu "C18" oder sogar gemeinsame terroristische Taten? Bewiesen werden konnte dieser Zusammenhang nicht, im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München wurde diese Überlegung von den Angehörigen der Opfer immer wieder vorgetragen - insbesondere bezogen auf die Morde des NSU in Dortmund und Kassel.

Und mit Kassel wäre dann auch wieder die denkbare Verbindung zur Ermordung von Lübcke 2019 gegeben. Doch so plausibel sich solche Überlegungen anhören, so wenig sind sie bislang bewiesen.

Polizeiabsperrung vor dem Haus von Walter Lübcke

Gab es einen Zusammenhang zwischen "Combat 18" und dem Mord am Kassler Regoerungspräsidenten Lübcke?

Neues "Combat 18 Deutschland"

2013 wurde "C18" unter dem Namen "Combat 18 Deutschland" neu gegründet. In den vergangenen Jahren hat diese Struktur nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden regional wieder an Bedeutung gewonnen, vor allem in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Gruppe hat in der Neonazi-Szene Kultstatus. Bei Veranstaltungen werden Klamotten mit "Combat-18"-Schriftzug getragen, wobei oft nicht zweifelsfrei zu sagen ist, ob es sich um Mitglieder oder nur um Sympathisanten handelt.

Entscheidend für ein Verbotsverfahren ist nun unter anderem der Nachweis, dass es eine feste Organisationsstruktur der Gruppe gibt und diese "aggressiv-kämpferisch" ausgerichtet ist. Ein Verbot muss juristisch wasserdicht begründet sein, damit es einer möglichen gerichtlichen Überprüfung standhält - auch wenn es in den deutschen Sicherheitsbehörden kaum jemand gibt, der ernsthaft mit einer Klage rechnet. Welcher Neonazi würde sich soweit aus dem Fenster lehnen wollen und den verhassten Staat auch noch vor einem staatlichen Gericht verklagen wollen, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Im Falle von "Combat 18" war das Bundesamt für Verfassungsschutz dafür zuständig, das dafür vom Bundeskriminalamt sowie den Verfassungs- und Polizeischutzbehörden der Länder, in denen es Combat 18-Strukturen gibt, mit Material beliefert wurde.

Musik zum Hass

"Combat 18" ist zudem eng mit der rechtsextremen Band Oidoxie verbunden. Als Schlüsselfiguren der Organisation gelten der Dortmunder Neonazi Robin Sch. sowie Stanley R. aus Nordhessen. Robin Sch. wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, weil er sich während einer Haftstrafe mit der NSU-Terroristin Beate Zschäpe seitenlange Briefe schrieb, als diese in Untersuchungshaft saß. Ende Juni vergangenen Jahres verbreitete "Combat 18" dann ein Video, in dem mutmaßlich Robin Sch. einen Medienbericht zurückwies, wonach der mutmaßliche Lübcke-Mörder im März gemeinsam mit "Combat-18"-Mitgliedern an einer Veranstaltung teilgenommen habe. Bei "Combat 18" befürchtete man offenbar schon damals, für die Ermordung Lübckes verantwortlich gemacht zu werden.

Verschwörungstheorien zu C18?

Die Antifa-Rechercheplattform EXIF hatte im Sommer 2018 eine umfangreiche Studie zu "Combat 18" erstellt, mit zum Teil detaillierten Einblicken in die Organisationsstruktur. Fazit: "Combat 18" sei hochgefährlich, die Mitglieder sähen sich in Vorbereitung auf einen unausweichlichen, bevorstehenden Rassenkrieg. Dem Verfassungsschutz wird darin unterstellt, er habe in Wahrheit kein Interesse an einem Verbot. Die Organisation werde vielmehr bewusst am Leben gehalten, um als "Honeypot" extrem gewaltbereite Rechtsextremisten anzulocken, um diese mit Hilfe von Spitzeln in der Organisation kontrollieren zu können.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios und des SWR heißt es dazu im Verfassungsschutzverbund, dies sei "die übliche Verschwörungstheorie". Tatsächlich haben sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz als auch das Bundeskriminalamt in den vergangenen Monaten den Kampf gegen den Rechtsextremismus zur Priorität erklärt. Ziel ist, gewaltbereite rechtsextremistische Netzwerke besser zu erkennen und so rechtsterroristischen Attentätern zuvor zu kommen.