Julian Assange verlässt im Mai 2019 ein Londoner Gericht
Exklusiv

Im Falle einer Auslieferung Assange droht in USA Isolationshaft

Stand: 09.06.2023 11:11 Uhr

Im Falle seiner Auslieferung in die USA drohen WikiLeaks-Gründer Assange strenge Isolationsbedingungen in Haft. Das geht aus einem vertraulichen US-Dokument hervor, das NDR und WDR einsehen konnten.

Am Montag beginnt in London der Auslieferungsprozess gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange. Im Falle einer Überstellung an die USA drohen dem Australier in der dortigen Haft strenge Isolationsbedingungen. Das geht aus einem Dokument der US-Ermittlungsrichter hervor, das NDR und WDR einsehen konnten. In dem Schreiben legt die ermittelnde Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Virginia dar, wie sie im Falle einer Auslieferung mit Assange umgehen würde.

Dem 48-Jährigen, der sich derzeit in einem Hochsicherheitsgefängnis in London befindet, drohen in US-Haft neben der höchsten Sicherheitsstufe auch sogenannte "spezielle Verwaltungsmaßnahmen", auf Englisch: "Special Administrative Measures (SAMs)". Diese ermöglichen es der Justiz, einen Beschuldigten strikt von der Außenwelt abzuschirmen und auch die Kommunikation mit dessen Anwälten zu überwachen.

"Maßnahme zur Gefahrenabwehr"

In dem Schreiben erklärt die Staatsanwaltschaft, die Maßnahmen hätten keinen bestrafenden Charakter, sondern seien gegebenenfalls zur Gefahrenabwehr nötig. Voraussetzung sei jedoch, dass US-Nachrichtendienste befürchten, Assange könne aus der Haft Informationen veröffentlichen, die die nationale Sicherheit der USA gefährden könnten. Die Maßnahmen sind in den USA seit Jahren umstritten. Bürgerrechtler sehen darin die Unterwanderung des Rechtsanwaltsgeheimnisses und damit Eingriffe in ein faires Verfahren. Vertreter der Organisation "Don't extradite Assange" (DEA) hatten als erste darauf hingewiesen, dass diese Maßnahmen Assange drohen.

Snowden plädiert für Assange

Vor dem Prozessbeginn hat sich auch der US-Whistleblower Edward Snowden zu Wort gemeldet. In einem Exklusiv-Interview mit NDR und WDR in Moskau forderte Snowden die Richter in Großbritannien auf, das Auslieferungsersuchen der USA zurückzuweisen. "Das Verfahren gegen Julian Assange stellt einen Präzedenzfall dar, der nicht nur ihn, sondern auch unabhängigen und kritischen Journalismus im Allgemeinen kriminalisieren soll", sagte Snowden. 

Whistleblower Edward Snowden spricht in einem Video, das in Moskau aufgenommen wurde.

Der Whistleblower Snowden appelliert an die britische Justiz, das Auslieferungsgesuch zurückzuweisen.

Der frühere CIA-Mitarbeiter Snowden gilt als einer der bedeutendsten Whistleblower der Nachkriegsgeschichte und befindet sich selbst im Exil in Russland. Er hatte im Jahr 2013 das Ausmaß der globalen Telekommunikationsüberwachung durch US-Nachrichtendienste enthüllt.

"Gegen Assange hat die US Regierung viel weniger in der Hand als gegen mich", so der Whistleblower. "Ich habe tatsächlich Daten beschafft. Ich hatte einen Vertrag mit der Regierung. Assange dagegen hat kein einziges Dokument selbst beschafft. Er hat lediglich Dokumente entgegengenommen. Trotzdem bekommt er weniger Unterstützung als ich."

Auch wenn Assange vielen nicht sympathisch erscheine, "wir müssen die Freiheit des Journalismus gerade dann verteidigen, wenn er unbequem ist und uns nicht gefällt. Bequemer Journalismus braucht unseren Schutz in der Regel nicht", sagte Snowden. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 21. Februar 2020 um 12:00 Uhr.