Mitarbeiterinnen im Corona-Testzentrum Bützow
Exklusiv

Coronavirus 40 Prozent mehr Tests in Deutschland

Stand: 06.05.2020 10:07 Uhr

Die Zahl der Corona-Tests in Deutschland ist deutlich gestiegen. Gleichzeitig wachsen auch die Test-Kapazitäten, die weiterhin nicht ansatzweise ausgeschöpft werden.*

Jüngste Angaben des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass die Zahl der Testungen in Deutschland in der vergangenen Woche deutlich zugenommen hat. Demnach wurden vom 20. bis 27. April 467.137 Tests durchgeführt, in der Woche vom 13. bis 19. April waren es 323.449 - und zwei Wochen zuvor 408.173. Insgesamt wurden bislang mehr als 2,5 Millionen Labortests in Deutschland erfasst.

Positive Ergebnisse lieferten in der vergangenen Woche 25.222 Tests, das entspricht einem Anteil von 5,4 Prozent. In der Woche zuvor waren 21.993 aller Tests positiv (6,7 Prozent). In den ersten April-Woche lag dieser Wert noch bei 9,0 Prozent.

Corona-Testungen in Deutschland
Woche Anzahl Positiv getestet
11 127.457 7583 (5,9%)
12 348.619 23.820 (6,8%)
13 361.515 31.414 (8,7%)
14 408.348 36.885 (9,0%)
15 379.233 30.728 (8,1%)
16 330.027 21.993 (6,7%)
17 467.137 25.222 (5,4%)

Größere Kapazitäten

Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der Test-Kapazitäten - auf jetzt mehr als 860.000 pro Woche. Das heißt, es könnten fast doppelt so viele Menschen in Deutschland getestet werden.

Das Bundesinnenministerium hatte Ende März in einem Strategiepapier vorgeschlagen, viel mehr zu testen. Die Methode nach dem Motto "Wir testen, um die Lage zu bestätigen" müsse abgelöst werden durch den Ansatz "Wir testen, um vor die Lage zu kommen". Die größtmögliche Erhöhung der Testkapazitäten in Deutschland sei "überfällig", hieß es nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" in dem vertraulichen Papier.

RKI hält an "strategischem Testen" fest

Das Robert Koch-Institut teilte am Dienstag auf Anfrage mit, nicht unmittelbar in die Testungen involviert zu sein. Es lege lediglich die Kriterien fest, bei denen Ärzte einen Corona-Test vornehmen sollen. Bisher war die Linie, dass nur Personen getestet werden sollen, die grippeähnliche Symptome haben und gleichzeitig Kontakt zu einem Infizierten hatten. Von dieser Linie ist das RKI inzwischen abgewichen. Jetzt sollen auch Patienten "bei kleinsten Symptomen" getestet werden, wie RKI-Chef Lothar Wieler auf einer Pressekonferenz mitteilte.

Gleichzeitig hält das RKI aber an einem "strategischen Testen" fest, da ein wahlloses Testen wenig bringe. Zu einem strategischen Testen gehöre es aber auch, gezielt in Alten- und Pflegeheimen und in Krankenhäusern zu testen, so Wieler.

Wer bezahlt die Tests?

Ein Problem bei den PCR-Tests ist die Finanzierung, die bei Gesetzlich Versicherten von den Krankenkassen übernommen wird, allerdings nur, wenn die Betroffenen auch Symptome zeigen. Bei Menschen ohne Symptome zahlen die Kassen bisher nicht. "Diese Problematik wird von vielen gesehen", sagte Wieler. Er hoffe, "dass da eine Lösung in der nächsten Zeit gefunden wird".

Baden-Württemberg kündigte bereits an, auch symptomfreie Menschen testen zu lassen - auf Kosten der Landesregierung. Die Tests pro Woche sollen dazu von bisher rund 80.000 mehr als verdoppelt werden. Die Landkreise Tübingen und Reutlingen haben nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" bereits begonnen, auf eigenen Kosten in Alten- und Pflegeheimen zu testen. So habe das Reutlinger Gesundheitsamt schon 58 Heimbewohner positiv getestet, die von ihrer Infektion noch nichts wussten. Ebenso wurden 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen, die symptomfrei waren, positiv getestet. Dieses Tests sind nützlich, weil Infizierte auch ohne Symptome die Infektionen weiter geben können.

Krankenkassen sollen zahlen

Das Bundesgesundheitsministerium legte nun ein Maßnahmenbündel vor, das die Grundlage für mehr Tests schaffen soll. Die Kosten sollen die Krankenkassen übernehmen - auch bei Reihenuntersuchungen für Pflegekräfte und Pflegebedürftige, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ankündigte.

Um einen besseren Überblick über die Entwicklung der Epidemie zu bekommen, müssen Labore und Ärzte den Gesundheitsämtern künftig nicht mehr nur Corona-Verdachtsfälle, bestätigte Infektionen und Todesfälle melden, sondern auch negative Testergebnisse und Genesene.

Kein Mangel mehr

Vor sechs Wochen hatten die Labore in Deutschland noch darüber geklagt, dass das Material, das man für die PCR-Testes brauche, knapp und manches auch nicht lieferbar sei. Das habe sich inzwischen geändert, sagt Kai Gutensohn, ärztlicher Leiter des Laborunternehmens amedes in Norddeutschland. Nach Angaben des RKI haben in der vergangenen Woche nur noch 45 von 133 Laboren über Lieferschwierigkeiten bei Extraktionskits und Abstrichtupfer geklagt.

Die Labore werten inzwischen nicht nur PCR-Tests aus, die eine aktive Infektion anzeigen, sondern auch Antikörpertests, die eine überstandene, aber womöglich unbemerkte Infektion nachweisen.

Vor einer Woche teilte die Vereinigung Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) mit, dass sie bereits mehr als 70.000 Antikörpertests in Deutschland durchgeführt habe. Auch in die Zahl dieser Tests könne deutlich gesteigert werden, so Amedes-Chef Gutensohn. Allein sein Labor in Hamburg führe analysiere 300 Antikörpertests pro Woche durch, die Kapazität liege jedoch bei 5500 - und könne problemlos auf 11.000 Tests pro Woche verdoppelt werden. Die Kosten für einen Antikörpertest liegen lediglich bei elf Euro, so Gutensohn.

*Anmerkung vom 6. Mai: Das RKI hat am 4. Mai die Angaben korrigiert. Die Zahl der Testungen lag demnach weit niedriger.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet ARD Extra am 29. April 2020 um 20:15 Uhr im Ersten.