Affäre um Abgas-Manipulationen VW-Chef Winterkorn tritt zurück

Stand: 23.09.2015 17:54 Uhr

Nun ist er doch zurückgetreten. Der Vorstandsvorsitzende, der gestern genau das noch ausgeschlossen hatte, erklärte nach einer Krisensitzung des Konzerns in Wolfsburg seinen Rücktritt. Der 68-Jährige zog damit die Konsequenzen aus der Diesel-Abgas-Affäre.

Martin Winterkorn tritt als Vorstandschef von Europas größtem Autobauer Volkswagen zurück. Das gab der Konzern nach einer Krisensitzung der obersten Aufseher in Wolfsburg bekannt. Winterkorn erklärte, "Volkswagen braucht einen Neuanfang - auch personell." Er übernehme die Verantwortung für "die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren". Er habe daher den Aufsichtsrat gebeten, eine Vereinbarung zur Beendigung seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns zu treffen. "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin", erklärte Winterkorn.

In der veröffentlichten Erklärung heißt es weiter, er sei "bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren".

Der 68-Jährige war durch den Abgas-Skandal in den USA in Bedrängnis gekommen. VW drohen Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar. Bei internen Untersuchungen war zudem herausgekommen, dass weltweit bis zu elf Millionen Diesel-Fahrzeuge von manipulierten Abgaswerten betroffen sein könnten. Allein für Rückrufe und weitere Schritte, um Vertrauen in die VW-Technik zurückzugewinnen, legt der Konzern rund 6,5 Milliarden Euro zur Seite und kappt seine Gewinnziele für 2015. Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals hat VW zeitweise bis zu 30 Milliarden Euro seines Börsenwerts eingebüßt.

Winterkorn war 2007 von der VW-Tochter Audi an die Konzernspitze in Wolfsburg gewechselt. Unter seiner Führung ist Europas größter Autobauer in den vergangenen Jahren rasant gewachsen.

Respekt - und Hoffnung auf Neuanfang

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) würdigte die Verdienste des Managers. Er habe dessen Entscheidung mit größter Betroffenheit zur Kenntnis genommen. Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) zollte der Entscheidung Winterkorns Respekt. Seine Leistung für das Unternehmen VW sei zudem unbestritten, so Gabriel. Für die Grünen ist der Rücktritt eine folgerichtiger Schritt: "Damit hat VW die Chance auf einen Neuanfang", sagte der Fraktionsvize Oliver Krischer.

Nachfolge wird nicht vor Freitag entschieden

Über die Nachfolge Winterkorns soll nicht vor Freitag entschieden werden. Das kündigte der Volkswagen-Aufsichtsrat an. Das Gremium tagt am Freitag, bis dahin sollten Vorschläge zur personellen Nachbesetzung vorliegen, teilte das Präsidium mit.

Die Mitglieder des engeren Führungszirkels um Betriebsratschef Bernd Osterloh, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Wolfgang Porsche als Sprecher der Familien Porsche und Piech erklärten zudem, es sei in den nächsten Tagen mit weiteren personellen Konsequenzen zu rechnen. Die internen Untersuchungen liefen auf Hochtouren.

Sonderausschuss soll Aufklärung vorantreiben

"Alle Beteiligten an diesen Vorgängen, die einen unermesslichen Schaden für Volkswagen angerichtet haben, werden mit aller Konsequenz belangt", hieß es in der Erklärung. Zudem soll ein Sonderausschuss eingerichtet werden, um die weitere Aufklärung voranzutreiben. Der Konzern stellte darüber hinaus Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Damit will VW das durch die Abgasmanipulationen verlorene Vertrauen zurückgewinnen.

Erklärung Winterkorns zu seinem Rücktritt

"Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren.

Als Vorstandsvorsitzender übernehme ich die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren und habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit mir eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zu treffen.

Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin. Volkswagen braucht einen Neuanfang - auch personell. Mit meinem Rücktritt mache ich den Weg dafür frei. Mein Antrieb war es immer, dem Unternehmen, vor allem unseren Kunden und Mitarbeitern zu dienen. Volkswagen war, ist und bleibt mein Leben.

Der eingeschlagene Weg der Aufklärung und Transparenz muss weitergehen. Nur so kann wieder Vertrauen entstehen. Ich bin überzeugt, dass der Volkswagen Konzern und seine Mannschaft diese schwere Krise bewältigen werden."