An ihren Arbeitsplätzen von Plexiglasscheiben voneinander getrennt zerlegen Mitarbeiter von Tönnies geschlachtete Schweine im Stammwerk des Betriebes

Verbot von Werkverträgen Das Gesetz, das "aufräumen" soll

Stand: 29.07.2020 10:36 Uhr

Nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies hat das Kabinett nun einen Gesetzentwurf zum Verbot von Werkverträgen in Schlachtbetrieben beschlossen. Die Ausbeutung sei eine "Schande", so Arbeitsminister Heil.

Von Claudia Plaß, ARD Berlin

Die Missstände in der Fleischindustrie sind durch die Corona-Krise erneut ans Licht gekommen. Jetzt sollen die Arbeitsbedingungen in den Betrieben verbessert werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte in den vergangenen Wochen angekündigt: Er werde aufräumen in der Branche. Es gehe um Verantwortung, so der SPD-Politiker im Bundestag. 

Großschlachtereien sollen künftig bei Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung keine Fremdarbeiter mehr einsetzen dürfen, dazu sollen Werkverträge und Leiharbeit vom kommenden Jahr an verboten werden. Ausgenommen sind Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten.

Maßnahmen auch für weitere Branchen

Auch mehr Kontrollen durch die Länder und eine digitale Arbeitszeiterfassung sind vorgesehen, damit die Unternehmen nicht den Mindestlohn unterlaufen. "Es ist nämlich eine Schande, dass Menschen aus Mittel- und Osteuropa ausgebeutet werden, und das werden wir beenden an dieser Stelle."

Das Kabinett hat nun einen entsprechenden Gesetzentwurf des Ministers beschlossen. Der Entwurf sieht Maßnahmen vor, die nicht nur die Fleischbranche betreffen - dabei geht es nach Angaben aus dem Ministerium um die Qualität und Kontrolle von Gemeinschaftsunterkünften.

FDP fordert Kontrolle statt Gesetz

Kritik kam von der FDP. Der Bundestagsabgeordnete Carl-Julius Cronenberg meint: Nötig seien nicht neue Gesetze, sondern strengere Kontrollen. "Bei den Kontrollen fehlt mir die Vernetzung der unterschiedlichen Kontrollbehörden - von der Kommune über das Land bis zum Bund, deswegen fordern wir von der FDP da eine Task-Force."

Es könne nicht sein, dass Veterinärämter jeden Tag auf die Hygiene beim Fleisch in den Fabriken achten, aber beim Arbeitsschutz nur alle paar Jahre kontrolliert werde, betonte der FDP Politiker gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. Er warnte davor, Werkverträge generell zu verbieten, auch ein Verbot von Leiharbeit hält er für den falschen Weg. Ein Tarifvertrag mit Verzicht auf Werkverträge in Kernbereichen sei die bessere Lösung.

Grüne wollen mehr

Arbeitsminister Heil betonte dagegen, es sei nicht das Ziel, Werkverträge überall in der Wirtschaft zu verbieten, sondern nur in der  Fleischindustrie. Der Verband der Fleischwirtschaft hatte im Juni mitgeteilt, er unterstütze das Vorhaben, das System der Werkverträge abzuschaffen. Zuletzt kam aus der Branche aber laut Medienberichten aber auch Kritik: Ihnen gehe das geplante Gesetz zu weit.

Grundsätzliche Zustimmung kommt dagegen von den Grünen. "Es ist sehr wichtig, dass es diesen Gesetzentwurf gibt", sagt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerrechte der Grünen-Bundestagsfraktion. Auch sie plädiert - wie die FDP - für mehr Kontrollen.

Das geplante Gesetz - für sie ein Anfang. "Das ist jetzt ein erster Schritt, der ist notwendig und gut, jetzt in Zeiten von Corona. Aber wir müssen dann weiter gucken und alle Branchen, wo es diese Probleme gibt, ins Visier nehmen." Die Grünen-Politikerin  fordert mehr Arbeitsschutz auch für  Beschäftigte in anderen Branchen, und Festanstellungen im Kernbereich - etwa bei der Ernte in der Landwirtschaft. Probleme sieht sie auch in der Logistik- und Baubranche - mit langen Subunternehmer-Ketten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. Juli 2020 um 05:20 Uhr.