Wer wählte was warum? FDP profitiert von Unionsverlusten

Stand: 08.06.2009 00:31 Uhr

Hohe Verluste für die Union, Gewinne für die FDP - die Europawahl bestätigt den Trend vergangener Landtagswahlen: Die FDP ist im Aufwind. Bei dieser Wahl profitierte sie auch davon, dass sich viele Unionswähler wegen der Wirtschaftspolitik den Liberalen zuwandten.

Eine Analyse basierend auf den Daten von Infratest dimap

Die Europawahl hat einen Trend bestätigt, der bereits bei den vergangenen Landtagswahlen zu beobachten war: Die FDP ist weiter im Aufwind. Sie erzielte ihre Gewinne in allen Bevölkerungsgruppen, besonders punktete sie in der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen. Selbstständige wählten besonders häufig liberal, genauso wie Menschen mit hoher Schulbildung. Die FDP profitierte davon, dass für das Gros der Wähler die Wirtschaft das wahlentscheidende Thema war. Die Analysen von Infratest dimap zeigen, dass für die meisten Wähler, die sich von der Union abgewandt haben, die Wirtschaft ebenfalls wahlentscheidend war. Das hat der FDP genutzt. Sie hat bei dieser Wahl von der Schwäche der Union profitiert.

Union verliert in allen Bevölkerungsgruppen

Die Union verzeichnet in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen Verluste. Besonders hoch fielen die Einbußen bei jüngeren Wählern bis 34 Jahre aus sowie bei Wählern mit höherer Schulbildung. Dennoch blieb die Union in fast allen Bevölkerungsgruppen stärkste Kraft. Besonders stark ist sie bei den über 60-Jährigen. Für fast die Hälfte aller Unionswähler war die Wirtschaftspolitik wahlentscheidend.

Für die SPD ist das Ergebnis ein Desaster. Gegenüber 2004 verlor sie sogar noch einmal - wenn auch geringfügig. In den meisten Bevölkerungsgruppen verharrte sie auf dem Niveau von vor fünf Jahren. Verbessern konnte sie sich bei den Jüngeren, den vergleichsweise geringsten Rückhalt erzielte sie bei den Selbstständigen. Für die Mehrheit der SPD-Wähler war nicht die Wirtschaftspolitik wahlentscheidend, sondern das Thema soziale Gerechtigkeit.

Für die überragende Mehrheit der Grünen-Wähler gab die Umweltpolitik den Ausschlag für die Wahlentscheidung, die Wirtschaftspolitik rangiert erst auf Platz drei hinter dem Thema soziale Gerechtigkeit. Gegenüber 2004 zeigen sich bei den Grünen innerhalb der Wählergruppen - ähnlich wie bei der SPD - kaum Veränderungen. Verluste mussten die Grünen bei Beamten und bei Wählern mit hoher Schulbildung verkraften. Nach wie vor sind die Grünen bei Frauen erfolgreicher als bei Männern.

Die Linke wird stärkste Kraft bei Arbeitslosen

Die Linkspartei verbesserte sich in vielen Bevölkerungsgruppen, besonders bei klassischen SPD-nahen Wählergruppen wie Arbeitslosen und Gewerkschaftsmitgliedern. Ihr mit Abstand bestes Ergebnis erzielte die Partei bei Arbeitslosen. Hier wurde sie zur bundesweit stärksten Kraft. Wahlentscheidend war denn auch für eine große Mehrheit der Linkspartei-Wähler das Thema soziale Gerechtigkeit, gefolgt von der Arbeitsmarktpolitik.

Entscheidung oft erst in der Wahlkabine

Die Wähler taten sich dieses Mal extrem schwer, sich endgültig auf eine Partei festzulegen - viel schwerer als bei der vergangenen Bundestagswahl im Herbst 2005. Vier von zehn Wählern trafen ihre Entscheidung erst relativ kurzfristig während der letzten Tage vor der Wahl oder erst am Wahlsonntag selbst. Bei der Bundestagswahl lag der Anteil der spät Entschiedenen nur bei 29 Prozent. Besonders kurzfristig entschieden sich die Anhänger der FDP. Hier legte sich fast die Hälfte erst wenige Tage vor der Wahl oder am Wahltag selbst fest. Das bestätigt eine Analyse von Infratest dimap, wonach die FDP über vergleichsweise wenig Stammwähler verfügt.

Wie bei der vergangenen Europawahl stand auch die Wahl 2009 unter bundespolitischen Vorzeichen. 61 Prozent der Wähler ließen sich bei ihrer Entscheidung nach eigenem Bekunden von bundespolitischen Aspekten leiten. Nur knapp ein Drittel gab an, dass europapolitische Fragen eine Rolle für die Wahlentscheidung gespielt hätten.