Kabinett beschließt Vorratsdatenspeicherung Ein harter Brocken für die Gegner

Stand: 27.05.2015 14:45 Uhr

Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. In den Plänen werden viele Details aufgegriffen, die es den Gerichten vermutlich schwieriger machen, das angekündigte Gesetz zu kippen.

Vorratsdatenspeicherung ist möglich. Das haben sowohl Verfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in ihren Entscheidungen 2010 und 2014 festgehalten. Auf diese Urteile beruft sich der Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett beschlossen hat, ausdrücklich.

Der Entwurf verweist darauf, dass die neue Vorratsdatenspeicherung ganz nach den Vorgaben der Richter ausgestaltet sei, weil in Zukunft nur eine sehr eingeschränkte Speicherung möglich wäre. Und so listet der Gesetzentwurf auf, bei welchen Delikten die Daten verwendet werden können.

Wie Straftaten gewichten?

Diese Liste sieht auf den ersten Blick plausibel aus - wer würde nicht wollen, dass bei Mord und Totschlag oder bei schwerem Bandendiebstahl der Staat gründlich ermittelt? Im Detail kann man bei der Gewichtung allerdings streiten, ob zum Beispiel die Vorbereitung von Schleuserdelikten tatsächlich schon als schwere Kriminalität anzusehen ist. 

Die Einschränkung auf eine Liste von Straftaten ist nicht absolut: Es reicht mitunter, dass eine Straftat mittels Telekommunikation begangen wurde. Auch dann muss die Telefonfirma einzelne Daten herausgeben - jedenfalls dann, wenn das angemessen erscheint und die Sicherheitsbehörden keinen anderen Weg sehen, um die Sache aufzuklären. Nur die Standortdaten sind bei den Fällen leichterer Kriminalität tabu. Insofern ist die Datenverwendung beim näheren Hinsehen faktisch also doch nur moderat begrenzt.

Daten nur einige Wochen speichern

Die Gerichte haben auch verlangt, dass keine Bewegungsprofile erstellt werden dürfen. Denn damit würde bei allen Bürgern ein diffus bedrohliches Gefühl entstehen. Aus diesem Grund will der Gesetzentwurf die Daten nur einige Wochen speichern: Zehn Wochen für die Telefonnummern, IP-Adressen, Datum und Uhrzeit und vier Wochen für die Standortdaten bei Handys. Das könnte von den Gerichten akzeptiert werden. Zumal E-Mails und aufgerufene Internetseiten ausgespart bleiben. Denn die Richter haben zur Speicherungsfrist keine konkreten Vorgaben gemacht. Der EuGH hat lediglich ausgeführt: Sechs Monate wären für alle Daten zu lang. Die Speicherung müsse auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

Dagegen problematisch an dem Entwurf: Dass auch die Telefonverbindungen von Anwälten, Pfarrern oder Psychotherapeuten gespeichert werden. Die dürfen zwar nicht von den Behörden abgerufen werden, aber trotzdem sind sie in der Welt. Sowohl EuGH als auch Verfassungsgericht hatten ausdrücklich verlangt, die Daten von Menschen mit einer Schweigepflicht zu schützen.

Hochproblematische Datenmengen

Der Gesetzentwurf geht einen anderen Weg. Es sei nicht anders machbar, sagt das Justizministerium: Wenn man bei den Telefonfirmen Listen hinterlege von Anwaltskanzleien, Ärzten, Pfarrern oder Therapeuten, dann entstünden auf diese Weise wieder hochproblematische Datenmengen. Und die würden viel Arbeit machen, weil sie andauernd aktualisiert werden müssten.

Gut möglich, dass einige Berufsgruppen wegen dieser Frage wieder vor Gericht ziehen und dass wieder vom Verfassungsgericht geklärt werden muss, welchen Schutz die sogenannten Berufsgeheimnisträger bekommen können; ob es sicher genug ist, die Speicherung zu erlauben und nur die Verwendung zu verbieten.

Insgesamt also wurden die Vorgaben der Gerichte in die neuen Vorschläge ersichtlich eingearbeitet. Allerdings bleibt es bei der grundsätzlichen Frage, inwieweit faktisch nicht doch massenhaft Profile der Bürger ohne Anlass erstellt werden. Das hat gerade der Europäische Gerichtshof sehr kritisch gesehen. Da aber so viele Details in den neuen Gesetzesplänen aufgegriffen wurden, wäre es für die Gerichte vermutlich deutlich schwieriger, die angekündigte Vorratsdatenspeicherung zu kippen, wenn sie erst einmal beschlossen ist.