Hintergrund

Ermittlungen gegen Journalisten §94 StGB: Wann begeht man Landesverrat?

Stand: 31.07.2015 16:28 Uhr

Schon mehrfach in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Justiz gegen Journalisten wegen Landesverrats vorgegangen. Der Generalbundesanwalt stützt sich dabei auf Paragraf 94 des Strafgesetzbuchs. Er bewegt sich dabei immer im Spannungsfeld zur Pressefreiheit.

Es geht um Paragraf 94 im Strafgesetzbuch. Wer Landesverrat begeht, dem droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In besonders schweren Fällen sogar fünf Jahre bis lebenslang. Im Falle von Netzpolitik.org ermittelt der Generalbundesanwalt wegen mittlerem Landesverrat, denn es gibt auch noch einen Verrat "light", das Offenbaren von Staatsgeheimnissen. Das war Range aber wohl zu wenig.

Verschlusssache vertraulich- geheim- streng geheim

Range ermittelt, ob die beiden Journalisten von Netzpolitik.org ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen ließen oder veröffentlicht haben, um damit die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen. Zweifel sind angebracht, denn die online veröffentlichten Dokumente trugen den Geheimhaltungsgrad VS-V, also Verschlusssache Vertraulich. Das ist weniger als Geheim oder Streng Geheim. Ein Gutachter prüft nun, ob die Informationen über die aufgerüstete Internet-Überwachung des Verfassungsschutzes ein Staatsgeheimnis sind. Erst dann entscheidet der Generalbundesanwalt, ob er Anklage erhebt.

Spiegel- und Konkret-Affäre

Historisch gesehen gab es extrem wenige Ermittlungen wegen Landesverrats. In Erinnerung sind noch die Spiegel-Affäre und die Konkret-Affäre. Beide liegen Jahrzehnte zurück. Zu riskant erschien wohl den Staatsanwaltschaften, insbesondere bei Ermittlungen gegen Journalisten dem Vorwurf der Einschüchterung der Presse zu begegnen. Gerne wird gegen Journalisten ermittelt, wenn Mitarbeiter aus Ämtern oder Behörden Infos an die Presse "durchstecken", weil ihnen etwas merkwürdig erscheint. Diese Whistleblower wurden bisher nie identifiziert. Die Journalisten, die die zugesteckten Infos veröffentlichen, sehen sich aber immer dem Risiko der Strafverfolgung ausgesetzt.

Cicero-Urteil

Eine ähnliche Konstellation führte auch zum Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2007: Weil die Behörden in die Redaktion der Zeitschrift Cicero eindrangen, Unterlagen kassierten, um einen Whistleblower aus dem Bundeskriminalamt zu entlarven, erinnerte Karlsruhe wieder einmal an die Bedeutung der Pressefreiheit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Es erklärte das Vorgehen der Behörden damals für verfassungswidrig.