
Schulz stellt "Zukunftsplan" vor Best of SPD und neue Hits
Stand: 16.07.2017 19:39 Uhr
Deutschland könne mehr, meint SPD-Kandidat Schulz - mehr als unter Kanzlerin Merkel. Bei der Vorstellung seines "Zukunftsplans" gab es viele Attacken auf seine Konkurrentin und viele Ideen. Konkretes zur Umsetzung fehlte aber an vielen Stellen.
Von Sabine Müller, ARD-Hauptstadtstudio
Martin Schulz versucht, was viele Musiker schon erfolgreich vorgelebt haben: mit einem "Best of" alte Fans bei der Stange zu halten - und möglichst viele neue dazuzugewinnen. Seine "Zehn Ziele für ein modernes Deutschland" sind ein "Best of"-SPD-Wahlprogramm plus ein paar neue Hits. Das ganze unter dem Motto: "Deutschland kann mehr."
Immer wieder sagt Schulz diesen Satz und meint damit: Deutschland könne mehr als unter Angela Merkel. Ein ums andere Mal greift der Herausforderer die Kanzlerin an, wirft ihr vor, sie betreibe eine Politik des Durchwurschtelns und verweigere allzu oft zu sagen, was sie nach der Wahl vorhabe. Er hingegen wolle "kein Kanzler sein, der sich vor solchen Debatten drückt. Ich möchte ein Kanzler sein, der Probleme anpackt."
"Mindestdrehzahl für Investitionen"
Ganz oben bei seinen zehn Punkten stehen massive staatliche Investitionen - in Straßen und Schienenwege, in die Energiewende, in Krankenhäuser, in schnelles Internet, in kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni oder zum Meisterbrief. Ergänzend zur Sparpflicht für den Staat solle es auch eine Investitionspflicht geben: "Neben der Schuldenbremse brauchen wir also eine Mindestdrehzahl für Investitionen."
Wie diese Mindestdrehzahl genau aussehen soll, bleibt allerdings offen.
Klar ist: Ein Kanzler Schulz würde sich Verbündete suchen wollen für eine Innovationsallianz für die deutsche Industrie und für eine nationale Bildungsallianz - "mit den Schulen, den Universitäten, der Wirtschaft, den Ländern, den Städten und Gemeinden, und vor allem, gemeinsam mit einem Bundeskanzler, der sich dafür Zeit nimmt, und nicht nur für rote Teppiche".
Bis zu 20.000 Euro auf ein "Chancenkonto"
Für die Bürger will der SPD-Kandidat ein selbstbestimmteres Leben: Unter anderem mit einem Chancenkonto für jeden Arbeitnehmer - darauf soll der Staat bis zu 20.000 Euro einzahlen, die für Weiterbildung oder den Sprung in die Selbstständigkeit genutzt werden können.
Was das kostet? Bleibt offen.
Ein digitales "Deutschlandportal" soll viele Behördengänge überflüssig machen, wenn der Staat unbürokratisch rund um die Uhr im Netz erreichbar ist.
Haben Merkel und Schäuble die EU geschwächt?
Beim Thema Europa wirft der SPD-Kandidat Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble vor, die EU mit Alleingängen in der Flüchtlings- und Finanzpolitik geschwächt zu haben. Mit einer "Politik des Durchwurstelns und der Eigensinnigkeit" sei viel Vertrauen verspielt worden. "Ein ehrliches Bekenntnis zu Europa, das ist es, was uns fehlt", sagte er.
Schulz will die EU unter anderem mit einem Solidaritätspakt wieder stärken: Wenn sich EU-Staaten nicht solidarisch verhalten, etwa bei der Flüchtlingsaufnahme, dann sollen sie weniger Geld aus Brüssel bekommen.
Jubel bei der SPD - Kritik bei den anderen Parteien
Zehn Punkte, um in die Offensive zu gehen und den haushohen Rückstand auf die Union aufzuholen – das Publikum im Willy-Brandt-Haus findet es gut, inklusive der harten Merkel-Angriffe. Sie versuche in diesem Wahlkampf ja wieder, sich durchzumogeln, meint ein Zuhörer: "Sie duckt sich wieder weg. Ich glaube, da muss man sie stellen, und das macht er richtig." Und eine Zuhörerin sagt: Das Wichtige seien wohl die Inhalte und, dass man zeige, was man vorhabe - ""und da ist die Partei, glaube ich, sehr gut aufgestellt."
Wahlkampfstrategien von Merkel und Schulz
tagesthemen 23:15 Uhr, 16.07.2017, Oliver Köhr, ARD Berlin
Die Reaktionen aus den anderen Parteien sind erwartbar weniger positiv. Merkel bekannte sich im ARD-"Sommerinterview" zwar ebenfalls zum Ziel verstärkter Investitionen, machte allerdings deutlich, dass sie das Haupthindernis nicht in fehlenden Mitteln, sondern in zu langen Planungsverfahren sehe. Zu dem Deutschlandportal sagte die CDU-Chefin, dafür seien bereits gesetzliche Grundlagen geschaffen worden.
Die Grünen finden den Plan viel zu wenig ambitioniert, unter anderem weil es keine Antworten zum Klimawandel gebe, und die Linkspartei beklagt, den Sozialdemokraten fehle einfach der Mut für einen wirklichen Politikwechsel.
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